Von: mk
Bozen – Die Antikorruptionsbehörde hat in einer Entscheidung den Interbankenfonds zum Schutz der Einlagen (Fondo Interbancario di Tutela dei Depositi) dazu verurteilt, einer älteren römischen Dame, die zeitweilig in Südtirol ansässig ist, 500.000 Euro netto als Schadenersatz auszuzahlen. Die Dame hatte sich vor zwei Jahren an RA Prof. Massimo Cerniglia gewandt, der auch der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) in Rechtsfragen beisteht.
2013 wurde die Dame, die in ihre Ersparnisse in nicht-nachrangige Obligationen der Banca Popolare dell’Etruria e del Lazio (BPEL) investiert hatte, vom Leiter ihrer Bankfiliale kontaktiert, um den Großteil der Ersparnisse, ca. eine halbe Million Euro, in nachrangige Obligationen zu investieren.
Der Bankdirektor ließ die Dame ihre nicht-nachrangigen Obligationen verkaufen und für den Wert von 500.000 Euro nachrangige Obligationen ankaufen, ohne den – äußerst wichtigen – Unterschied zwischen den beiden Produkten überhaupt zu erwähnen oder zu erklären.
Im November 2015 ist die Banca Popolare dell’Etruria e del Lazio (BPEL) bekanntlich bankrottgegangen, gemeinsam mit drei anderen Banken in Mittel- und Norditalien. Die Dame hatte dadurch fast all ihre Ersparnisse verloren.
2017 wurde bei der nationalen Antikorruptionsbehörde ANAC ein Schiedsgericht eingerichtet; dieses sollte feststellen, ob die Sparerinnen und Sparer, die rekurriert hatten, Anrecht auf einen Schadenersatz haben, oder nicht.
Die Sparerin hatte sich an RA Cerniglia gewandt, der im August 2017 einen umfangreichen Rekurs an die ANAC richtete. Im Rekurs wurde das irreführende und unrechtmäßige Verhalten der Bank aufgezeigt- Insbesondere: hatte die Bank die Sparerin angehalten, am selben Tag der Geldanlage einen MIFID-Fragebogen auszufüllen, in welchem sie eine mittel-hohe Risikoneigung (anstelle der vorher erklärten mittleren) angab; außerdem wurde im neuen MIFID-Fragebogen angegeben, dass die Dame eine erfahrene Kennerin von komplexen Finanzprodukten sein, wie z.B. von Derivaten. Und die Bank hatte der Sparerin erlaubt, mehr als 60 Prozent ihres Portfolios in ein einziges, hochriskantes Finanzprodukt zu investieren.
Die ANAC ist der Argumentation von RA Cerniglia gefolgt, und hat unter anderem das „Verhalten der Bankangestellten, auch in Bezug auf den Moment des Obligationen-Ankaufs“ (kurz vor der Zwangsliquidierung der Bank) negativ beurteilt. Der Sparerin wurde der Ersatz des gesamten erlittenen Schadens anerkannt.
Für RA Cerniglia und VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus ist der Schiedsspruch der ANAC beispielhaft; dies sei der erste Fall, in welchem die Behörde den gesamten Verlust als Schaden anerkannt und der Bank – als Strafe für das schwerwiegende, täuschende und unrechtmäßige Fehlverhalten – dessen Ersatz auferlegt hat.
Cerniglia und Andreaus sehen im Schiedsgericht vor der ANAC auch ein Instrument, das effektiv und erfolgreich für die Kundinnen und Kunden der Banken im Veneto angewandt werden könnte, und ersuchen den italienischen Ministerpräsidenten, dieses entsprechend zu berücksichtigen.