Von: mk
Bozen/Goldrain – Bio-Anbau ist für ihn keine Option; aber nicht, weil er etwas Grundsätzliches dagegen hätte. Nein, Apfelbauer Manfred Ladurner aus Goldrain ist allergisch gegen Schwefel und darüber hinaus überzeugt vom integrierten Anbau: „Der integrierte Anbau bietet wirklich jede Möglichkeit zur sauberen, qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Apfelproduktion“, sagt Ladurner. Allerdings hänge viel von der Einstellung jedes Bauern ab. Ladurner weiß, dass er manches anders macht als andere Bauern und dass er daher auch nicht nur Freunde hat.
Bio oder integriert? Diese Frage wird aktuell wieder heiß diskutiert, und zwar nicht nur in der breiten Bevölkerung, sondern vor allem auch unter den Bauern selbst. Manfred Ladurner hat seine Antwort längst gefunden: Seit den Anfängen des integrierten Apfelanbaus ist er aus Überzeugung dabei. „Ich war vor bald 30 Jahren eher zufällig als Beauftragter unserer Genossenschaft bei einer Studienreise in die Schweiz dabei, weil ich für jemand anderen eingesprungen bin. Das Konzept hat mich sofort überzeugt und seit Gründung der AGRIOS produziere ich nach diesen Richtlinien, so der Vinschger Apfelbauer.
Obst ist eine intensive Kultur. „Ohne Pflanzenschutz ist ein Anbau nicht möglich, weder im integrierten noch im biologischen Anbau“, erklärt Ladurner. „Viele Menschen seien der Meinung, biologisches Obst sei unbehandelt. Dies ist nicht der Fall. Auch im biologischen Anbau kommen Pflanzenschutzmittel zum Einsatz“, so Ladurner.
„Nicht bei jeder Laus nervös werden“
Wesentlich sei allerdings die Einstellung jedes einzelnen Bauern, unterstreicht Ladurner: „Es geht um nachhaltiges und ökologisches Arbeiten, und das ist in beiden Anbauweisen sehr gut möglich.“ Viele Bauern ließen sich aber nur schwer überzeugen und es fehlt ihnen der Mut den nächsten Schritt zu machen. „Man muss auch einmal etwas riskieren. Manche werden schon nervös, wenn sie eine Laus sehen. Voraussetzung für den Erfolg ist die Balance zwischen Schädlingen und Nützlingen. Jeder Bauer kann dies selbst beeinflussen, indem er seine Anlagen kontrolliert und Pflanzenschutzmittel nur gezielt einsetzt um Ernteausfälle zu vermeiden. Ladurner geht sogar noch einen Schritt weiter: Qualität und nicht Quantität steht im Vordergrund. Ein Beispiel: beim Golden Delicious, beim dem bis heute noch immer Menge zählt, ist es einfach durch bessere Qualität (vor allem keine grünen Schattenfrüchte) einen höheren Auszahlungspreis von acht bis neun Cent pro Kilo zu erzielen.
Nachhaltiges Arbeiten braucht Fleiß und unternehmerischen Mut zum Risiko: „Ich persönlich habe schon vor vielen Jahren begonnen, mit neuen Methoden zu experimentieren, die heute im biologischen Anbau vorgeschrieben und auch im integrierten Anbau immer weiter verbreitet sind.“ Dazu gehört etwa, dass ich meinen Unterbewuchs schon mehrere Saisonen freiwillig mit Bürsten pflege und auf Herbizide verzichte. Oder dass ich meinen Sprüher schon vor Jahren mit Injektordüsen ausgestattet habe. „Meine Wiesen grenzen übrigens gleich an mehrere biologische Anlagen – und ich hatte noch nie ein Problem mit den Nachbarn“, so Ladurner.
Manchmal ist es unvermeidlich, Pflanzenschutzmittel auszubringen – Ladurner macht dies, insbesondere im Sommer, in den Nachtstunden: „In der Nacht weht kein Wind und es gibt auch keine Thermik, die ebenfalls für Luftverfrachtungen sorgen könnte. Und bevor am Morgen der Wind wiederkommt, habe ich schon fertig.“ Auf manche Mittel verzichtet er vollständig, etwa auf Chlorpyrifos, das übrigens in jedem Haushalt in Form von Ameisengift vorhanden ist.
Sortenvielfalt bringt Qualität und Ersparnisse
Nachhaltiges Arbeiten muss aber auch gut geplant sein, und zwar schon beim Anlegen einer Anlage: „Äpfel brauchen Luft, Licht und Sonne. Jede Sorte hat andere Ansprüche, die ich als Bauer berücksichtigen muss. “ Auch die Sortenwahl sei wichtig: „Ich habe schon früh begonnen, mit Sorten zu experimentieren und neue Sorten anzupflanzen. Als ich vor Jahren für fast ein Drittel meines Betriebes Gala-Bäume bestellt habe, wusste ich noch nicht einmal, wie diese Äpfel aussehen.“ Heute produziert Ladurner auf seinen insgesamt 4,5 Hektar Obstwiesen noch 20 Prozent Golden Delicious und dazu noch acht weitere Sorten: Gala, Braeburn, Stark Delicious, Kanzi®, Shinano, Jonagold, Pinova und in nächster Zeit kommen Ambrosia und Cosmic, eine Sorte aus Washington, dazu. Da sein Betrieb ausschließlich in Tallagen liegt, setzt er vor allem auf rote Sorten, um eine optimale Qualität zu erzielen. Golden Delicious ist eine Sorte für die Hanglagen (z.B. Kortscher Hügel) meint er.
Die vielen Sorten haben einen weiteren Vorteil: Sie reifen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und der Erntezeitraum wird länger. So kann man mit den eigenen Familienmitgliedern sehr viel selber ernten und benötigt weniger Fremdarbeiter. „Wirtschaftlich ist dies für den Hofertrag von Vorteil, motivierte, qualifizierte und selbstständige Arbeitskräfte: „Wir können von unserem Hof gut leben, und sind sehr zufrieden“, sagt er. „Nachhaltig bedeutet auch, sich so weit als möglich selbst zu versorgen. Wir haben einen großen Gemüsegarten, einen Kartoffelacker und Tiere“
Gemüseanbau war übrigens der Startpunkt Ladurners als Bauer nach seiner Ausbildung an der Laimburg. Manfred Ladurner war 9 Jahre alt, als sein Vater starb; damals gab es am Hof noch Kühe und eine Wiese mit Mischkultur, Sämlingsbäume und Heu. Ladurner begann mit dem Anbau von Karfiol. In den 1980er Jahren legte er erste Obstwiesen an, damals noch im nordholländischen Drei-Reihensystem.
Über den Tellerrand schauen
Auch heute denkt er viel an die Zukunft: „Ich möchte so arbeiten, dass auch meine Kinder hier noch Äpfel anbauen können, wenn sie wollen. Aber ich frage mich schon lange: Was kommt in Südtirol nach dem Apfel? Denn es gibt in anderen Ländern, etwa in der Ukraine oder Polen, riesige Flächen, die ebenfalls sehr gute Voraussetzungen zum Apfelanbau haben und billiger produzieren können. In Zukunft müssen sich unsere Äpfel von den anderen Anbaugebieten in Qualität und Nachhaltigkeit abheben. Ladurner schaut sich viel um – nicht nur als begeisterte Bergsteiger und Tourengeher reisen er und seine Frau oft in ferne Länder, um die dortige Landwirtschaft zu studieren. „Man muss über den Tellerrand hinausschauen, das tun viele Südtiroler und auch viele Bauern viel zu wenig“, sagt er. Unter diesem Aspekt freut ihn sogar, dass sein Sohn seit einiger Zeit in Australien und Neuseeland in landwirtschaftlichen Betrieben arbeitet, und Erfahrungen und Eindrücke sammelt.