Von: ao
Bozen – Welche Auswirkungen haben Globalisierung, Alterung der Belegschaften, Digitalisierung und Automatisierung auf die Gesellschaft und die Arbeitswelt? „Die digitale Transformation kann durchaus positiv sein, vorausgesetzt der Mensch bleibt Gestalter und im Mittelpunkt“, lautet für AFI-Direktor Stefan Perini die Kernaussage. Risiken wie Rationalisierung von Arbeitsplätzen, Entgrenzung der Arbeit und ´Gläserner Mensch´ seien zwar nicht von der Hand zu weisen, in noch stärkerem Ausmaß aber sind es die Chancen: kreative Jobs, selbstbestimmtes Arbeiten, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, flachere Hierarchien in den Organisationen, ein engmaschigeres soziales Auffangnetz, neue Formen der Verteilung des Volkseinkommens. Kurzum: Arbeiten könnte in Zukunft aus Berufung erfolgen und nicht bloß des Überlebens wegen.
Arbeit 4.0 ist das Leitthema des AFI | Arbeitsförderungsinstituts im Jahr 2018. An der heutigen Auftaktveranstaltung an der Freien Universität Bozen haben rund 130 Interessierte teilgenommen. „Ziel der Tagung war es zu hinterfragen, wie sich die Arbeit in Zukunft verändert und wie dieser Prozess begleitet werden kann, damit dies zu einer Verbesserung und nicht zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führt“, informiert AFI-Präsidentin Christine Pichler.
Mirco Tonin, Professor an der Freien Universität Bozen erklärte einleitend, dass es unerlässlich sei, den Wandel aktiv mitzugestalten. „Die Universität hat dabei eine tragende Rolle als zentraler Akteur in der höheren Ausbildung und als Forschungszentrum. Ausschlaggebend um die digitale Transformation sozialverträglich zu gestalten sei der Beitrag der Forschung in der Entwicklung von neuen Formen der Verteilung des Produktivitätszuwachses, zur Umgestaltung des Wohlfahrtsstaates sowie zum Interessensabgleich zwischen den Sozialpartnern“, erläuterte Tonin.
Hartmut Hirsch-Kreinsen, Professor der Arbeitssoziologie an der TU-Dortmund, gab in seinem Vortrag einen Überblick zur Arbeitswelt im Wandel und schilderte verschiedene Entwicklungsszenarien. Neuerungen, wie die Digitalisierung, welche die Gesellschaft und die Arbeitswelt verändern, führten zu neuen Betriebs- und Organisationsmodellen und neuen Arbeitsformen. „Die Herausforderungen für die Gestaltung von Arbeit sind enorm und bergen Risiken aber auch Chancen für ein neues ökonomisches und soziales Modell“, meinte Hirsch-Kreinsen. „Man kann nicht mehr getrennt von menschlichen und technologischen Faktoren sprechen, sondern muss beide Faktoren gemeinsam berücksichtigen, als Teil desselben Systems Mensch-Technologie-Organisation.
Mittelpunkt der Ausführungen von Francesco Seghezzi, Direktor der Stiftung ADAPT (Associazione per gli Studi Internazionali e Comparati sul Diritto del Lavoro e le Relazioni Industriali), waren die möglichen neuen Arbeitsformen in der digitalen Ära. Dabei nahm Seghezzi die Arbeitsorganisation und die industriellen Beziehungen unter die Lupe, sprach aber auch von der Notwendigkeit, dass sich der Arbeitsmarkt stärker mit den Phänomenen der digitalen Zukunft auseinandersetze. „Die neue Arbeitsorganisation beruht auf eine größere Flexibilität in Aufgaben, Zeiten, Orten und Verträgen“, so Seghezzi. Die Arbeitsbeziehungen selbst müssen so umgestaltet werden, dass sie einer partizipativen und die Kompetenzen der Arbeitnehmer berücksichtigenden Logik folgen. In Zukunft sind Maßnahmen der aktiven Politik gefragt, welche die Arbeitnehmer in der Übergangsphase schützen, alte Schemas zu Lernorten überwinden, Fähigkeiten anerkennen, sowie Bildung auf 360 Grad fördern“, folgerte Seghezzi.
In der anschließenden Diskussion verglichen die Experten Methoden, Maßnahmen und Politiken, die als Antwort auf die Veränderungen der Arbeitswelt in den jeweiligen Ländern umgesetzt wurden. Moderiert wurde die Tagung von Vizedirektorin Silvia Vogliotti und AFI-Direktor Stefan Perini.
Die heutige Tagung bildete den Auftakt einer Reihe von Veranstaltungen, in welchen das AFI im zwei-Monats-Rhythmus einzelne Aspekte von Arbeit 4.0 vertiefen wird: Gesellschaft im Wandel, digitale Transformation, Berufe und Weiterbildung, Arbeitsorganisation, Sozialpartnerschaft, Gute Arbeit 4.0.