Von: luk
Bozen – Die neue Arbeitsmarkt-News geht der Frage nach, wer am 15. August 2023 arbeitslos ist und vergleicht mit Daten des Vorjahres. Landesrätin Amhof will arbeitsmarktpolitische Dienstleistungen stärken.
11.483 vorgemerkte Arbeitslose: So viele Menschen waren am 15. August 2023 arbeitslos gemeldet, ein Jahr zuvor waren es 11.165. Vier von zehn dieser Arbeitslosen sind länger als zwölf Monate arbeitslos und gelten damit als langzeitarbeitslos. Die Arbeitsmarktbeobachtung des Arbeitsmarktservice hat sich für eine Stichtagsbetrachtung der Arbeitslosen entschieden und den 15. August gewählt, um konjunkturell und saisonal bedingte Formen der Arbeitslosigkeit weitestgehend auszuschließen. Die Ergebnisse dieser Stichtagsbetrachtung und die Gründe für die Arbeitslosigkeit in einem Land mit hohem Arbeitskräftebedarf zu einem Zeitpunkt, an dem die Beschäftigung ihren Jahreshöchststand erreicht, sind Gegenstand der aktuellen Arbeitsmarkt-News.
Fast zwei Drittel der am 15. August 2023 registrierten Arbeitslosen sind Frauen, darunter über 2000 Frauen mit Kleinkindern, die aufgrund von Vereinbarkeitsproblemen “freiwillig” aus dem Beruf ausgeschieden sind und bis zu zwei Jahre Arbeitslosengeld beziehen können. Der Anteil der männlichen registrierten Arbeitslosen liegt bei etwas mehr als einem Drittel. Sieben von zehn registrierten Arbeitslosen haben die italienische Staatsbürgerschaft, jeder zehnte kommt aus einem europäischen Nicht-EU-Land, etwas mehr als jeder zehnte aus einem außereuropäischen Land. 83 von 100 Arbeitslosen haben ihren Wohnsitz in Südtirol. Angesichts des gewählten Stichtages sind die Herkunftssektoren der Arbeitslosen bemerkenswert: Etwas mehr als ein Viertel (26,2 Prozent) war zuvor im Gastgewerbe beschäftigt, ein Fünftel (21,9 Prozent) in den sonstigen Dienstleistungen, 16,6 Prozent waren noch nie in Südtirol beschäftigt, 12,3 Prozent waren zuvor im Handel tätig. Der öffentliche Sektor spielt mit 10,2 Prozent eine gewisse Rolle.
“Allein im Jahr 2023 hat der Arbeitsmarktservice 25.000 Leistungsvereinbarungen mit arbeitssuchenden Menschen abgeschlossen. Ein konkreter Beitrag, um die Beschäftigungsfähigkeit dieser Menschen zu erhöhen”, gibt die für Arbeit zuständige Landesrätin Magdalena Amhof bekannt und gibt die strategische Zielrichtung vor: “An einer qualitativ hochwertigen Arbeitsvermittlung führt angesichts des Wettbewerbes um Arbeitskräfte kein Weg vorbei. Ich bin im ständigen Austausch mit dem Arbeitsmarktservice, um zu verstehen, wie es gelingen kann, möglichst rasch neue Dienstleistungen für Arbeitslose und Betriebe auf den Weg zu bringen. Denn Absichtserklärungen sind eine Sache, die konkrete Umsetzung von Dienstleistungen und Maßnahmen eine andere”, sagt Landesrätin Amhof.
Besonderheiten: Bozen ist anders
Die im Arbeitsvermittlungszentrum (AVZ) Bozen gemeldeten Arbeitslosen unterscheiden sich strukturell von denen, die in den anderen Arbeitsvermittlungszentren des Landes eingetragen sind. Die am 15. August 2023 in Bozen vorgemerkten Arbeitslosen sind männlicher und älter als der Landesdurchschnitt. Darüber hinaus ist der Anteil der Arbeitslosen ohne Wohnsitz in Südtirol (18,3 Prozent) sowie der Staatsangehörigen aus europäischen Nicht-EU-Staaten (10,5 Prozent) und aus außereuropäischen Staaten (14,6 Prozent) im AVZ Bozen am höchsten. Anders als auf Landesebene sind im Zuständigkeitsbereich des AVZ Bozen die Sonstigen Dienstleistungen mit 25,2 Prozent der Sektor, aus dem die meisten Arbeitslosen kommen, noch vor dem Gastgewerbe (20,4 Prozent).
Von den 11.483 am Stichtag registrierten Arbeitslosen sind 4.884 (42,5 Prozent) Langzeitarbeitslose, da ihre Registrierung mit der Anerkennung des Arbeitslosenstatus vor mehr als einem Jahr erfolgte. Landesweit fallen 944 Mütter mit Kleinkindern in diese Kategorie, was einem Anteil von 19,3 Prozent entspricht. Das AVZ Bozen betreut mit 2.927 Personen knapp 60 Prozent der Arbeitslosen, die länger als 12 Monate arbeitslos gemeldet sind.
Gründe: Nachfrage und Angebot treffen nicht ausreichend aufeinander
Die Stichtagsbetrachtung erlaube es, einige Gründe für die Arbeitslosigkeit etwas genauer zu benennen, erläutert Stefan Luther, Direktor des Arbeitsmarktservice: “Wir müssen in Südtirol von einem Grundsatz ausgehen: Im Gegensatz zu einigen italienischen Regionen haben wir kaum Arbeitslosigkeit, die auf eine allgemeine wirtschaftliche Nachfrageschwäche zurückzuführen wäre”, erklärt Luther und ergänzt: “Unsere Arbeitslosigkeit – so sie nicht saisonal oder durch Arbeitsplatzwechsel bedingt ist – hat darin ihre Ursache, dass Angebot und Nachfrage nicht ausreichend aufeinander treffen. Konkret: Arbeitslose und Betriebe wissen zu wenig voneinander, sie stellen sich nicht ausreichend aufeinander ein.”
Eine Hauptaufgabe bestehe darin, dass die Arbeitsvermittlung den Betrieben fachlich geeignete Arbeitskräfte vermitteln müsse, die nach absolvierten Bildungsmaßnahmen, Begleitungen und Praktika fit für den Arbeitsmarkt seien. Aber auch die Betriebe müssten bereit sein, manche mögliche Hürden wie beispielsweise die Arbeitszeiten den persönlichen Bedürfnissen anzupassen. Eine Herausforderung sind laut Direktor Luther die sogenannten räumlichen Passungsprobleme: Nicht für alle Arbeitslosen seien längere Anfahrtswege zumutbar. Und auch gesundheitliche Einschränkungen spielten eine Rolle – gerade bei nicht mehr ganz jungen Menschen. “In diesen Bereichen”, berichtet der Direktor des Arbeitsmarktservice, “müssen wir alle umdenken.” So wie das Angebot – die arbeitslosen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – ihre Beschäftigungsfähigkeit erhöhen müssen, so muss auch die Nachfrageseite – die Arbeitgeber, die Stellen besetzen wollen – Veränderungen vornehmen und die Arbeitsbedingungen anpassen. “Denn wir nähern uns dem Zustand der Arbeitnehmerlosigkeit”, bringt der Arbeitsmarktservice-Chef die Entwicklung auf den Punkt und greift gleich ein heißes Eisen auf.
“Natürlich gibt es auch Probleme bei einem Teil von Arbeitslosen, diese zu aktivieren. Dies gilt insbesondere, wenn diese Menschen lang keinen Kontakt mehr zum Arbeitsmarkt hatten oder arbeitsmarktferne Bedürfnisse in den Vordergrund stellen. Daran arbeiten wir täglich und bald auch mit neuen Instrumenten”, erklärt Luther. Sanktionen würden eingesetzt und zwar immer dann, wenn die Situation dies erzwinge. “Diese stehen aber nicht im Vordergrund”, sagt Direktor Luther, “Untersuchungen unserer Partnereinrichtungen in den nördlichen Nachbarregionen zeigen, dass Sanktionitis – falsch eingesetzt – dazu führen kann, dass diese Menschen ganz aus dem Arbeitsmarkt aussteigen.“
Weitere Informationen gibt es hier: Arbeitsmarkt-News 4/2024: Arbeitslos trotz hohem Arbeitskräftebedarf: Arbeitslos am 15. August und unter dem Link: http://www.provinz.bz.it/arbeit/daten.