Von: ka
Bozen – Die Bauern haben bei gar einigen Südtirolern keinen leichten Stand. Von ihnen wird gesagt, dass sie sich mit Äpfeln und Wein dumm und dämlich verdienen, alle nur möglichen Beiträge abgreifen, kaum Steuern zahlen, unzählige Privilegien genießen und sich aufgrund ihres politischen Einflusses im Land so benehmen, als gehöre es ihnen allein.
Das mag für Einzelfälle und einige Großbauern zutreffen, aber die meisten Südtiroler wissen, dass vielen Bauern große Sorgen plagen. Hohe Energiekosten, die ausufernde Bürokratie und die vor allem in der Berglandwirtschaft zu geringen Erlöse lassen nicht wenige Landwirte an ihrer bäuerlichen Zukunft verzweifeln. Nicht wenige von ihnen versuchen, sich mit einem Nebenerwerb und der touristischen Vermietung von Wohnungen und Zimmern über Wasser zu halten, aber bei allem Idealismus ist diese Doppel- und Dreifachbelastung kaum zumutbar. Wer kein Licht am Ende des Tunnels mehr sieht, auf seinem Hof keine Familie gründen kann und einen Zwölf-Stunden-Tag ohne Urlaub und freie Wochenenden nicht mehr zu stemmen vermag, gibt auf. Auch im reichen Südtirol werden Höfe aufgelassen.
Hinzu kommt der Glaube Brüssels, dass die Landwirte, ihre Traktoren und ihre Kühe schuld am Klimawandel seien. Viele Bauern fürchten zu Recht, dass der Kampf gegen die Erderwärmung auf ihrem Rücken ausgetragen werden soll. Die schiere Angst um die eigene Existenz treibt die Bauern, die sonst so gar nicht zu öffentlichen Demonstrationen neigen, mit ihren Traktoren auf die Straße. Ihnen geht es in ihrer übergroßen Mehrheit nicht um die Wahrung von Privilegien, sondern um die Zukunft ihrer Betriebe. Dabei zeigen sie auch auf, dass am Ende nicht „nur“ die Bauern, sondern auch die Konsumenten – also wir alle – die großen Verlierer sein werden.
In Südtirol gibt es zwar noch genug Bauern, die wenig Grund zur Klage haben, aber viele heimische Bauern werden sich allein schon aus Solidarität mit ihren italienischen und europäischen Kollegen an den Protesten beteiligen. Denn es gilt, dass es zwar reiche und arme Bauern, es ohne Bauern aber keine Zukunft gibt.