Von: mk
Bozen – Autonomie und Südtirol – da denkt man in erster Linie an Politik. Aber Südtirol hat sich längst auch in einem anderen Bereich auf den Weg gemacht, autonom zu werden: der Energie. Wie eine Energieautonomie in der Landwirtschaft aussehen könnte, war Thema bei einer Diskussion auf der Bauernbund-Aktionsbühne bei der Agrialp.
Über Jahrhunderte haben sich Südtirols Bauern selbst versorgt, daher sind sie auch heute noch an allem interessiert, was in diese Richtung geht. Ulrich Höllrigl, Vizedirektor des Südtiroler Bauernbundes, blickte etwa auf die Photovoltaik-Offensive zurück, die der SBB vor einigen Jahren lanciert hat. „Heute gibt es rund 2.000 bäuerliche Betriebe, die sehr erfolgreich eine Photovoltaik-Anlage betreiben.“ Die Beratung im Bereich Energie setzt der Bauernbund weiter fort, die Schwerpunkte sind jedoch zum Teil andere geworden.
Auf der Aktionsbühne waren mehrere Partner zu Gast, mit denen der SBB zusammenarbeitet. Roberto Vaccaro vom Institut für erneuerbare Energie der Eurac berichtete von der Tätigkeit der Eurac im Energie-Bereich: „Wir beschäftigen uns zurzeit damit, wie wir mehrere bestehende Konzepte – die Produktion erneuerbarer Energien, die Energiespeicherung und die Energieeffizienz – miteinander verbinden können.“ Ein weiteres Thema ist die Energieeffizienz. „Vor allem bei älteren Gebäuden, wie wir sie in der Landwirtschaft häufig haben, gibt es in Sachen Energieeffizienz noch viel Potential nach oben“, betonte Vaccaro.
Die Energieeffizienz zu steigern, hat sich auch das Land Südtirol auf die Fahnen geschrieben. So wurden beispielsweise die Fördermittel vor allem für die Gebäudesanierung stark ausgebaut. „Wir möchten den Anteil erneuerbarer Energien in Südtirol von aktuell sehr guten 65 Prozent bis zum Jahr 2050 auf 90 Prozent steigern. Das kann uns aber nur gelingen, wenn wir es schaffen, den Verbrauch zu senken. Deshalb spielt die Energieeffizienz bei den Strategien des Landes eine wesentliche Rolle“, erklärte Armin Gasser vom Landesamt für Energie und Klimaschutz.
Gemeinsam mit Alperia hat der Südtiroler Bauernbund das Projekt „EnerCommunities“ ins Leben gerufen. Hier geht es darum, dass Betriebe, die Energie produzieren, speichern und je nach Bedarf untereinander austauschen können. Sergio Marchiori, CEO der Gesellschaft Alperia Smart Region, stellte das Projekt vor: „In einem Pilotprojekt haben wir gemeinsam mit dem Südtiroler Bauernbund dreißig Betriebe ausgewählt, die einen Speicher von uns zur Verfügung gestellt bekommen. Im großen Rahmen ist ein solcher Energieaustausch in Italien rechtlich noch nicht möglich. Innerhalb der kommenden Jahre sollte es aber soweit sein, und dann wollen wir dafür bereit sein.“
Der nächste Schritt nach der Produktion und dem Speichern erneuerbarer Energien ist die Energieautonomie, also die Selbstversorgung mit Strom. Eine große Herausforderung auf dem Weg dorthin ist die Speicherung der Energie. Neben den herkömmlichen Batterien gibt es neue vielversprechende Systeme, wie die Metallhydridspeicher. Matthias Innerbichler von der Firma GKN Sintermetals stellte einen solchen Speicher vor, der bereits in einem energieautarken Haus in Kasern im Ahrntal zur Anwendung kommt: „Diese Form der Energiespeicherung bietet die Möglichkeit, neben Strom auch noch Wärme abzugeben. Zurzeit sind diese Geräte noch ziemlich teuer, wir wollen sie aber in den kommenden Jahren weiterentwickeln, damit sie auch weiter Verbreitung finden können.“
Der Südtiroler Bauernbund will das Thema Energie auch weiterhin intensiv verfolgen, weil er davon überzeugt ist, dass es für die Landwirtschaft interessant ist. Ulrich Höllrigl fasste zusammen: „Unsere Bauern wollen immer nachhaltiger produzieren und alle Möglichkeiten nutzen, die sich ihnen am Hof bieten. Sie werden ihre Produktion immer mehr auf Strom umstellen, nicht nur bei den Maschinen, die sie verwenden. Wenn sie den Strom dafür selbst produzieren können, dann ist das natürlich sehr interessant.“ Neben der Stromproduktion sieht Höllrigl aber auch in der Biomasse weiterhin viele Möglichkeiten: „Wir möchten, dass die Südtiroler Fernheizwerke noch öfter heimische Biomasse aus unseren Wäldern verwenden. Vielleicht brauchen die Heizwerke dafür aber auch neue finanzielle Anreize, etwa durch spezielle Förderungen.“