Von: ka
Bozen – Noch vor wenigen Jahren wurden die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) belächelt oder gar als Spinner gescholten, aber seit weltweit Globalisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt immer mehr Abgehängte schaffen, gerät die wahlweise auch Bürgergeld oder Staatsbürgerschaftsgeld genannte Idee ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Während in Finnland mit dem BGE bereits experimentiert wird und in Italien mit dem Versprechen eines „Staatsbürgerschaftsgelds“ bereits eine Wahl gewonnen wurde, steckt in Südtirol die Diskussion noch in den Kinderschuhen. Aber gerade zum ersten Mai ließ die Gewerkschaft AGO mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen aufhorchen.
Sowohl von öffentlicher Seite als auch im Kommentarbereich musste die Gewerkschaft viel Prügel einstecken. Neben dem Vorwurf, dass es sich beim BGE um ein unfinanzierbares, wenig durchdachtes Luftschloss handelt, sahen sich die Befürworter auch dem Verdacht der Faulheit ausgesetzt.
Aber wäre ein Nachdenken nicht besser angebracht? Nördlich und südlich von uns werden Robotisierung und Digitalisierung die Arbeitswelt umkrempeln. Verschiedene Berufe werden wegfallen, manche Arbeiten von Maschinen übernommen und auf der anderen Seite neue „digitale Arbeitsplätze“ geschaffen werden. Ganz gleich, ob unterm Strich mehr oder weniger Arbeitsplätze herauskommen, werden viele besonders ältere Arbeiter und Angestellte mit dem Wandel nicht mitkommen. In diesem Fall könnte BGE die Härten der Umwälzungen abfedern und gleichzeitig in abgehängten Regionen die Armut lindern und die Wirtschaft wieder in Gang bringen. In Südtirol mag heute Vollbeschäftigung herrschen, aber viele Arbeitnehmer kommen mit den Lebenshaltungskosten nicht mehr mit. BGE könnte deren Einkommen aufstocken, ohne für die Unternehmen die Arbeitskosten zu erhöhen.
Wie immer liegt also der Teufel im Detail und es ist immer eine Frage, wie das BGE angewandt werden soll. Aber die Idee von vornherein als Spinnerei zu verwerfen, hilft weder den Arbeitnehmern noch dem zukünftigen Frieden.
Gerade nach dem Tag der Arbeit muss in einem Land, in dem Lebenshaltungskosten und Arbeitereinkommen immer weiter auseinanderdriften, diese Diskussion geführt werden.