Die Konsumenten gaben für Bio-Produkte mehr Geld aus

Bio-Absatz im Handel gestiegen – 1.000 weniger Bio-Bauern

Donnerstag, 13. Februar 2025 | 17:02 Uhr

Von: apa

Die Konsumenten haben im heimischen Lebensmitteleinzelhandel 2024 zu mehr Bio-Produkten gegriffen. Nach einem Rückgang 2023 stieg die Menge der frisch eingekauften Bio-Lebensmittel im Vorjahr laut RollAMA-Haushaltspanel um 5,5 Prozent auf ein neues Rekordhoch von 260.600 Tonnen. Der Einkaufswert erhöhte sich um 3,7 Prozent auf 1,1 Mrd. Euro. Die Anzahl der Bio-Betriebe sank laut Branchenverband Bio Austria seit 2022 hingegen um 1.000 auf 24.000.

Der Rückgang der biologisch arbeitenden Landwirte hat laut Bio-Austria-Obfrau, Barbara Riegler, viele Ursachen. Zu den Gründen zählen unter anderem weniger attraktive Rahmenbedingungen bei der neuen EU-Agrarförderperiode seit 2023, Betriebswechsel, Pensionierungen und strengere Regeln bei der Weideflächenhaltung, sagte Riegler am Donnerstag bei einer Pressekonferenz von AMA-Marketing und Bio Austria bei der Biofach-Messe in Nürnberg. Für 2025 sind die Biobauern zuversichtlicher. “Bei der Betriebsentwicklung lässt sich ein stabilisierender Trend erkennen”, so die Biobauern-Vertreterin.

Österreich als Bio-Vorreiter weltweit

Bio ist hierzulande eine Erfolgsgeschichte für Landwirte, Lebensmittelproduzenten und Supermärkte. Österreich ist mit einem Biobauern-Anteil von 23 Prozent im Jahr 2024 und einem Öko-Flächenanteil in der Landwirtschaft von 27,3 Prozent mit Abstand Spitzenreiter in der EU und weltweit auf Rang zwei hinter Liechtenstein. Ende 2022 setzten sich Landwirtschaftsministerium, Landwirtschaftskammer und Bio Austria mit einem “Aktionsprogramm” das Ziel, bis 2027 die Bio-Fläche in Österreich auf 30 Prozent und bis 2030 auf 35 Prozent zu steigern. Damit das gelingt, will der Bio-Branchenverband mehr Unterstützung von der künftigen Bundesregierung und der neuen EU-Kommission.

Es brauche bessere “politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen” für die Bio-Bauern, forderte die Bio-Austria-Obfrau. “Umwelt und Klimaleistungen” der biologischen Landwirtschaft, die “nicht am Markt abgebildet werden”, müssten mit Förderungen besser abgedeckt werden. “Der Konsument kann das nicht zahlen.”

Nach Absatz-“Delle” 2024 wieder Anstieg

Im Bio-Landbau verzichten die Bauern unter anderem auf leichtlösliche mineralische Düngemittel und auf chemisch-synthetische Spritzmittel. Außerdem muss es eine vielseitige Fruchtfolge im Ackerbau und eine artgerechte Tierhaltung mit Auslauf und Weidemöglichkeiten geben. Die Daten der sogenannten RollAMA-Befragung zeigten nach einer Absatz-“Delle” 2023 für 2024 einen Bio-Aufwärtstrend in vielen Produktkategorien. Der mengenmäßige Anteil von frischen Bio-Lebensmitteln im Lebensmittelhandel stieg im Vorjahr um 0,5 Prozentpunkte auf 13 Prozent. “Wir sind überzeugt, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzen wird”, sagte die Bio-Marketingmanagerin der AMA-Marketing, Barbara Köcher-Schulz, bei der Biofach-Messe. Für die RollAMA zeichnen 2.800 österreichische Haushalte Aufzeichnungen über ihre Einkäufe im Lebensmitteleinzelhandel, inklusive den Diskontern Hofer und Lidl.

Besonders hoch ist der wertmäßige Bio-Anteil in den heimischen Supermärkten bei Milch (29,1 Prozent), pflanzlichen Alternativen (28,2 Prozent), Mehl (26,1 Prozent), Joghurt (23,8 Prozent), Frischgemüse (22,3 Prozent) und Kartoffeln (20,4 Prozent). Der Bio-Anteil bei Fleisch stieg im Vorjahr – auch angetrieben von vielen Preisaktionen – um 0,7 Prozentpunkte auf 7,6 Prozent. “Bio-Fleisch wird immer wichtiger für Konsumenten”, so die AMA-Marketing-Vertreterin.

Supermärkte als Bio-Schwergewichte

Die großen heimischen Supermarktketten dominieren mit ihren Eigenmarken “Ja! Natürlich” (Adeg, Billa), “Natur*pur” (Spar) und “Zurück zum Ursprung” (Hofer) den heimischen Biomarkt. Der Umsatz der Spar-Eigenmarke “Natur*pur” wuchs 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 8,3 Prozent, erklärte die Supermarktkette auf APA-Anfrage ohne absolute Umsatzzahlen zu nennen. Spar hat über 6.000 Bio-Produkte im Sortiment, davon entfallen 2.000 auf Eigenmarken. Die Nachfrage sei “im ganzen Sortiment sehr gut, traditionell vor allem bei den originären Produkten, wie Obst und Gemüse, Mehle, Milchprodukte”. Bei Rewe (Adeg, Billa, Penny) ist das Bio-Segment im Vorjahr “wert- und mengenmäßig sowie inflationsbereinigt” gewachsen, hieß es gegenüber der APA. Gebäck, Speiseöl, Südfrüchte, Geflügel, Fleischalternativen und Bier hätten “besonders stark” zugelegt und den Bio-Umsatz “gepusht”. Ende 2024 hatte Rewe in Österreich über 4.000 Bio-Produkte im Sortiment, davon entfielen rund 1.400 auf die Bio-Eigenmarken “Ja! Natürlich” und “Billa Bio”.

Der Diskonter Hofer ist mit der Bio-Nachfrage und der Entwicklung seiner Eigenmarken “Zurück zum Ursprung” und “BIO” “sehr zufrieden”. Der Absatz halte sich “stabil” und es gebe “in den letzten Jahren einen Aufwärtstrend”, hieß es auf Anfrage. Hofer bietet 700 Artikel in Bio-Qualität an. “Besonders erfolgreich” sei 2024 die Einführung von biologisch und regional produzierten Pilzen wie Champignons oder Seitlingen gewesen, so der Diskonter.

Unabhängig von den Supermärkten hat sich nur der Gewürz- und Teespezialist Sonnentor und der Schokoladenproduzent Zotter eine eigene größere Bio-Marke aufbauen können. Sonnentor setzt auf Franchise-Geschäfte, den Bio-Fachhandel und Apotheken. Im Geschäftsjahr 2024/25 sollte der Umsatz von Sonnentor um 5 Prozent auf rund 80 Mio. Euro steigen, sagte Sonnentor-Eigentümer Johannes Gutmann auf der Biofach-Messe gegenüber Journalisten. Sonnentor hat rund 350 Beschäftigte und will weitere Franchise-Standorte in Österreich und Deutschland eröffnen. Zotter verkauft seine Schokolade vor allem über kleine, spezialisierte Einzelhändler, Bio- bzw. Naturkostläden. Die heimischen Molkereien haben keine großen eigenen Bio-Marken aufgebaut, sondern produzieren vor allem für die biologischen Eigenmarken des Lebensmittelhandels.

Großer europäischer Tofu-Player entsteht in Österreich

Auf der weltweit größten Bio-Messe in Nürnberg tummelten sich knapp 70 Aussteller aus Österreich, um neue Kunden zu ködern. Vor Ort sind unter anderem Agrana, Bio vom Berg, Höllinger, Juffinger, Kärntnermilch, SalzburgMilch, Sonnentor und Woerle. Angesichts des harten Preiskampfes im konzentrierten Lebensmittelhandel in Österreich und des kleinen Austro-Marktes, ist der Export für viele Lebensmittelproduzenten von essenzieller Bedeutung. Der Saft-Hersteller Höllinger hofft auf einen Absatzschub im Ausland durch seine neuen zuckerfreien Getränke und “urbanen Drinks” (alkoholfreier Mojito, Aperitivo), unter anderem im Nahen Osten. Die Bio-Metzgerei Juffinger (Umsatz 11 Mio. Euro) ist in Tirol stark verankert, der deutsche Markt ist aber auch ein wichtiger Absatzmarkt.

Zwei Bio-Hersteller mit Österreich-Bezug waren erstmals auf der Biofach vertreten: Der Tofu-Produzent New Originals rund um Raiffeisen Oberösterreich und den Präsidenten der Organisation Donau Soja, Matthias Krön, will einen europäischen Tofu-Player schaffen und präsentierte sich auf der Messe mit neuen Tofu-Kreationen. Das Unternehmen produziert vor allem Eigenmarken-Tofu für viele Supermarktketten. Bisher hat New Originals mit Sitz in Wien jeweils ein Tofu-Werk in Deutschland, Slowakei und Rumänien gekauft. Mit 600 Mitarbeitern produziere man mittlerweile 15.000 bis 20.000 Tonnen Tofu im Jahr, sagt Krön kürzlich den “Salzburger Nachrichten”. Das Tochterunternehmen der Salzburger Nahrungsergänzungsmittel-Firma Biogena, Biogena Alimentastic, präsentierte auf der Biofach-Messe unter anderem seine Marke “Feel Food”. Das vegane, biologische Instant-Essen in Bechern wird in Österreich derzeit stark beworben und unter anderem bei Billa+ verkauft. Zur Zubereitung von “Feel Food” (Chili sin carne, Thai Curry, Pasta Bolo, Linsen Dal) wird nur heißes Wasser benötigt.

Geringe Bio-Quote in Gastro, Hotellerie und öffentlicher Beschaffung

Großen Bio-Nachholbedarf und Wachstumspotenzial sehen Branchenvertreter seit Jahren in der heimischen Gastronomie, bei Großküchen und Kantinen sowie in der öffentlichen Beschaffung. In einem Beschluss hatte sich die türkis-grüne Regierung im Jahr 2021 zu Bio-Quoten bei Lebensmitteln verpflichtet, die von der öffentlichen Hand etwa für Schulen, Krankenhäuser oder Justizanstalten eingekauft werden. Für 2023 war ein Bioanteil von 25 Prozent vorgesehen, für 2025 sind es 30 Prozent und 2030 dann 55 Prozent. Bisher wurden die Quoten bei weitem nicht eingehalten, detaillierte Zahlen konnte die Regierung bisher nicht vorlegen.

Die Lebensmittel-Beschaffung durch die öffentliche Hand sei der “größte Hebel” für die Bio-Branche, sagte die Bio-Austria-Obfrau. “Der österreichische Gesetzgeber muss die Rahmenbedingungen schaffen, dass biologisch eingekauft wird”, sagte Riegler in Richtung der künftigen Regierung. Die Bewegung “Enkeltaugliches Österreich” (ETÖ) drängt auf die baldige Umsetzung des im Aktionsplans versprochenen Bio-Quoten-“Monitorings”. Zu ETÖ gehören zahlreiche Bio-Bäuerinnen und Bauern, Unternehmer, Forscher, Vereine und Organisationen. Ziel sei es, “dass die Bio-Quoten einsehbar und überprüfbar sind, um tatsächliche Fortschritte zu erzielen”, hieß es zur APA. Die entsprechenden Daten könne man “ohne große Komplikationen” generieren, wenn die zuständigen Stellen “den notwendigen Willen” zeigen würden.

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