Von: sis
Sterzing – Am Anfang steht die Milchkuh. Aus ihrer Gülle und ihrem Mist wird in zentralen Anlagen Biogas produziert. In seltenen Fällen wir dieses Biogas nicht einfach in Wärme oder Strom umgewandelt, sondern verflüssigt. Das Ergebnis ist Bio-Flüssiggas, auch Bio-LNG genannt, dessen Energiedichte 1000-mal höher ist als jene des einfachen Biogases. Mit Bio-LNG können die stärksten Motoren und Fahrzeuge ausdauernd und doch klimaneutral betrieben werden. Zudem entstehen bei der Verbrennung fast kein Stickoxid und kaum Partikelemissionen.
Bio-LNG in einer mit Gülle und Mist betriebenen Biogasanlage zu produzieren ist ein ehrgeiziges Unterfangen. Vor drei Jahren hat biwi in Sterzing (damals noch Biogas Wipptal) damit begonnen, die Anlage auszubauen und eine Gasverflüssigungsanlage zu errichten. biwi-Geschäftsführer Manfred Gius gibt zu bedenken: „Die globalen Lieferkettenunterbrechungen haben nicht dabei geholfen, das Vorhaben schnell umzusetzen. Dazu kommt, dass die Bio-LNG-Produktion ein hochkomplexer Vorgang ist.“ Nur um dann zu verkünden: „Und doch ist der Produktionsstart jetzt gelungen und biwi wird in Zukunft dem Südtiroler Transportwesen täglich elf Tonnen hochenergetisches Flüssiggas bescheren.“
An der Erweiterung und der neuen Bio-LNG-Produktionsstätte sind drei Südtiroler Unternehmen aus dem Bereich Transportwesen beteiligt (IVECO Gasser, FERCAM, Transbozen). Bio-LNG gelte für den Lkw-Verkehr als der Treibstoff der Zukunft. Er liefere alle Vorzüge eines brennbaren Treibstoffes, bei höchstem Energiegehalt und fast ohne schädliche Emissionen.
Die ersten vollbeladenen Tanks mit Bio-LNG muss biwi noch nach Deutschland abgeben. Eine Tankstelle vor der Anlage bei Sterzing ist gebaut und betriebsbereit. Schon bald soll der grüne Powerkraftstoff bei biwi von den Konsortiumsmitgliedern getankt werden können. In vielen anderen europäischen Ländern entstehen gerade große Produktionsstätten und Verteilungsnetze. Da nicht nur im Wipptal Kühe zuverlässig Tag für Tag Mist und Gülle produzieren, könnte das biwi-Modell ein Vorbild für das ganze Land und darüber hinaus sein, damit die Verkehrswende auch bei Lkws zügig Fahrt aufnehmen kann.
Mit dem Start der Bio-LNG-Produktion sei biwi die Vorreiterrolle in dieser Hinsicht gewiss. Die Anlage sei aber auch noch auf andere Weise eine besondere. Hier werden alle Bestandteile von Mist und Gülle restlos verwertet. Das Ergebnis sei erstaunlich: biwi produziert neben dem wertvollen Bio-LNG auch Dünger in flüssiger und fester Form (Dünger-Pellets sind im Handel erhältlich) und CO2 für die Lebensmittelindustrie. Dazu wird auch sauberes Wasser gewonnen und in den nahen Pfitscherbach eingespeist – so viel, dass der Jahresbedarf eines Dorfes mit 1000 Einwohnern damit gedeckt werden könnte. So können Mist und Gülle, statt die Nitratbelastung im Boden und im Grundwasser zu erhöhen, ihre ganze Kraft entfalten und sehr viel Gutes bewirken.