Festival „Fashion For Future 2025”

Bozen wird zur Bühne für faire Mode und textile Gerechtigkeit

Mittwoch, 09. April 2025 | 17:21 Uhr

Von: mk

Bozen – Mode ist politisch. Was wir tragen, beeinflusst Menschenleben und Umwelt weltweit. Das Festival Fashion For Future 2025, das vom 11. bis 16. April 2025 in Bozen stattfindet, zeigt, dass es auch anders geht: fairer, nachhaltiger und bewusster. Vier Partner*innen bereiten die Veranstaltungsreihe seit Monaten vor: die Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen, die Slow Fashion Bloggerin Susanne Barta, die OEW–Organisation für Eine solidarische Welt und das Netzwerk der Südtiroler Weltläden: „Fast Fashion zerstört Leben, Umwelt und Zukunft. Es ist höchste Zeit für Alternativen.“

Der Preis eines T-Shirts verschweigt die wahren Kosten: die Gesundheit und Sicherheit von Näherinnen in Bangladesch, Baumwollbauern in Indien oder Textilarbeiterinnen und -arbeitern in Vietnam. Spätestens seit dem verheerenden Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza 2013 ist klar: Die Modeindustrie braucht eine Revolution. Doch statt besser wird vieles schlechter: Handelskonflikte verschieben Produktionsketten und destabilisieren ohnehin fragile Märkte. In Bangladesch oder Kambodscha verlieren Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Jobs, weil Konzerne auf der Suche nach noch billigeren Standorten weiterziehen.

Gleichzeitig kollabiert der Secondhand-Markt, auch in Südtirol. Die gespendeten Kleider, häufig minderwertige Fast Fashion, sind kaum mehr verkäuflich. Die Kreislaufwirtschaft stockt, Textilabfälle häufen sich.

Verena Dariz kümmert sich bei der OEW um bewussten Konsum: „Wenn Konsum nicht bewusst geschieht, wird er zum Problem für alle“, sagt sie. „Deshalb wollen wir zeigen, dass Mode solidarisch, fair und klimaschonend möglich ist und dass jeder Einzelne Teil dieser Veränderung sein kann.“ Ein Kleidungsstück läuft bis zur Entstehung durch etwa 172 Hände. Bis heute werden große Teile der Produktion nicht maschinell, sondern von Menschen durchgeführt, häufig unter schlechten Arbeitsbedingungen und ohne soziale Absicherung.

Festivalprogramm: Textile Gerechtigkeit mit Kreativität und Tiefgang

Fashion For Future Bolzano macht Hoffnung und Mut. Es ist ein Festival der Alternativen, der Handlungsmöglichkeiten und der Freude an Veränderung. Das Herzstück ist die Ausstellung „HANDMADE“, die am Freitag, 11. April um 18 Uhr im Bibliotheksfoyer der Universität eröffnet wird. Sie zeigt Werke junger Designer*innen weltweit und beleuchtet die Geschichten und Bedingungen hinter ihrer Kleidung. Aart van Bezooijen, Professor für Material Driven Design freut sich: „Die Universität Bozen wird während des Festivals zum offenen Labor für nachhaltige Gestaltung. Wir laden alle Interessierten dazu ein, Materialien neu zu denken und textile Zukunft lokal zu gestalten.“

Weitere Programmhöhepunkte sind die interaktive Installation „Textile Tours“, die globale Lieferketten sichtbar macht, sowie der „Slow Fashion Walk & Talk“ durch Bozen, bei dem nachhaltige Labels und Ateliers ihre Türen öffnen.„Diese Spaziergänge führen zu Orten des Wandels“, sagt Susanne Barta, die als Moderatorin durch das Festival begleitet. „Und sie bringen Menschen in Gespräche, die inspirieren.“

Eine Swap-Party mit Brunch auf den Talferwiesen lädt am Sonntag zum Tauschen statt Kaufen ein. Workshops setzen sich mit kolonialen Kontinuitäten in der Textilindustrie auseinander, und lokale Upcycling-Projekte zeigen, wie Textilabfälle in Designobjekte verwandelt werden. In Talks mit Godfrey Katende (Fashion Revolution Uganda) und Lavinia Muth (Beraterin und Aktivistin zu nachhaltiger Mode) geht es um ethisches Wirtschaften im Globalen Süden. Ein Poetry Glam (Slam) sowie Gespräche mit Dagmar Gruber, Arianna Moroder (Lottozero) und Eva van Gelder (Pezzi di Perla) setzen kreative Impulse für faire Mode. Zum Abschluss des Festivals wird “Germany’s Next Topmodel 2022”- Finalistin, Model, Coach und Future Fashion Aktivistin Martina Gleissenebner-Teskey ihr neues Projekt „walk4future“ vorstellen.

„Transparenz in der Produktionskette ist kein Luxus, sondern die Voraussetzung für Gerechtigkeit“, betont Brigitte Gritsch, Koordinatorin des Netzwerks der Südtiroler Weltläden: „Diese Gerechtigkeit beginnt hier bei uns, bei der Entscheidung, wo und wie wir einkaufen.“

Altkleider sind keine Lösung mehr. In Südtirol werden immer weniger Altkleider gesammelt. Der Grund: Der Markt ist überflutet. Neue Wegwerfmode aus China und der Türkei verdrängt die gebrauchten Stücke. Polyester-Fast-Fashion überlebt kaum drei Wäschen. Vieles endet als unbrauchbarer Müll. Was einst als Kreislauf gedacht war – tragen, weitergeben, neu tragen – ist zur Sackgasse geworden.

Das System hängt am seidenen Faden und muss neu gewebt werden. Die Lösung liegt nicht in Spenden oder Symbolpolitik, sondern in strukturellen Veränderungen: Verbindliche Lieferkettengesetze mit Haftung, Subventionen für recycelbare Materialien und lokale Produktion, Textilbildung in Schulen, um Nähen, Pflegen und Reparieren wieder zu lernen, steuerliche Förderung von Secondhand-Läden und Upcycling-Werkstätten sowie EU-Abgaben auf Fast Fashion, um umwelt- und menschenfeindliche Produktion zu sanktionieren.

Denn Mode muss nicht ausbeuten. Mode kann verbinden, empowern und verändern. Davon sind die Macherinnen und Macher des Festivals überzeugt. Fashion For Future Bolzano ist Teil der weltweiten Bewegung Fashion Revolution, die sich für eine faire und transparente Modeindustrie einsetzt und sich an Rana Plaza erinnert, bei der vor zwölf Jahren in Dhaka in Bangladesh mehr als tausend Menschen ums Leben kamen.

fashionforfuture.bz.it

Bezirk: Bozen

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