Von: luk
Brixen – Am Wochenende fand ein von der “Initiative für ein lebenswertes Brixen” veranstalteter Lokalaugenschein von Umweltvereinen am Auwald in der Brixner Industriezone statt. Dieser soll bekanntlich der Erweiterung der Firma Progress weichen. Daran teilgenommen haben Luigi Mariotti vom WWF und Fabio Volpotti von Legambiente als Vertreter von internationalen bzw. nationalen Umweltschutzorganisationen. Von den Südtiroler Umweltgruppen waren Petra Steiner vom Artenschutzzentrum St. Georgen und die Vorsitzende der Umweltgruppe Olang, Elisabeth Brunner, vertreten. “Leider ist kein Vertreter von lokalen Umweltgruppen zum Treffen erschienen”, so Franz Pattis, von der “Initiative für ein lebenswertes Brixen”.
Nach einer Besichtigung des Auwaldes mit seinen teils bis zu 40 Meter hohen monumentalen Bäumen mit einem Stammdurchmesser von über 1,5 Meter, war man sich mehr denn je einig, für den Erhalt dieses Auwaldes weiter zu kämpfen.
“Etwas verärgert war man allerdings darüber, dass letzthin in den Medien der Auwald von der Gemeindeverwaltung bewusst abgewertet wurde, um ihn so leichter dem Erdboden gleich machen zu können.” Martin Hilpold vom Artenschutzzentrum St. Georgen stellt aber klar: „Diese Waldfläche ist in der Karte der aktuellen Vegetation Südtirols sowie beim Projekt StadtLandFluss des mittleren Eisackales als Auwald genannt und auch eingetragen“. Hilpold verweist auch auf die Publikation „Waldtypisierung Südtirol“, herausgegeben von der Provinz Bozen im Jahre 2010, in der dieser Wald als Auwald in der Karte eingezeichnet ist. Darin empfohlene Richtlinien zum Waldbau wurden umgesetzt, ausgewiesene Fichten und Föhren wurden gefällt und der Auwald dadurch auch renaturiert.
In dem auch von der Gemeinde Brixen mitgetragenen Projekt „StadtLandFluss“ sei klar vom Erhalt der noch verbliebenen Reste der flussbegleiteten Lebensräume und Auwälder die Rede. Weiters werde darin der Auwald in der Industriezone als einer der wenigen Brutplätze des Graureihers in Südtirol genannt. Zudem werde dieser Auwald als ein wichtiger Lebensraum für den in Südtirol selten vorkommenden Kleinspecht bezeichnet und auch als wichtiger Rückzugsort für Rote-Liste-Arten, schreibt die “Initiative für ein lebenswertes Brixen”.
“Die Erhebungen über die vorkommenden Vogelarten im Auwald, welche von der Umweltgruppe Eisacktal der Öffentlichkeit bekannt gegeben wurden (https://www.umwelt.bz.it/ aktuelles/neuigkeiten/ug-eisacktal-offener-brief-auwald-in-brixen.html) haben klar die Bedeutung des Waldes als Lebensraum von gefährdeten Vogelarten aufgezeigt”, heißt es weiter.
Die Bedeutung des Auwaldes als Lebensraum für Tiere unterstreiche ebenfalls der Neufund des Großen Erlenprachtkäfer (Dicerca alni). In der Publikation „Neue Fundangaben zu einigen Fluginsekten in Südtirol“ von Klaus Hellrigl, wird diese Art für den Auwald in der Industriezone erstmals für Südtirol beschrieben. Im Sommer 2013 und 2014 hat G. Mörl aus dem Erlenholz die Käfer gezogen und nachgewiesen.
Man war sich bei diesem Lokalaugenschein auch darüber einig, dass die vonseiten der Gemeindevertreter vielgepriesenen Umweltausgleichsmaßnahmen, bzw. die Erweiterung der Millander Au, nichts Neues sei. Denn die Vergrößerung des Biotops Millander Au sei bereits im Projekt „StadtLandFluss“ (2009-2011) vorgesehen.
Und zudem könne diese Erweiterung niemals als „Ersatz“ für den Auwald bezeichnet werden. “Ein bestehender naturnaher Auwald, mit monumentalen Baumriesen, einer ausgeprägten Strauch- und Krautschicht und seiner hochspezialisierten Fauna, wie den Erlenprachtkäfer und den zahlreichen Brutvogelarten, entsteht nur über einen sehr langen Zeitraum und ist nicht ersetzbar. Es gilt: Zuallererst schützen, was noch zu schützen da ist. Der Auwald ist ein natürlich gewachsener Wald und einen naturnahen Wald kann man nicht künstlich anlegen. Bei der Neuanlage von Feuchtgebieten besteht zudem immer die Gefahr, dass invasive Pflanzenarten (http://www.provinz.bz.it/land-forstwirtschaft/wald-holz-almen/neophyten.asp) die Flächen besiedeln und damit eben kein naturnaher Lebensraum und sicher kein Ersatz für einen hochwertigen Auwald entsteht”, so die “Initiative für ein lebenswertes Brixen”.
Die teilnehmenden Umweltvereine am Lokalaugenschein ersuchen die Brixner Gemeindeverwaltung das Projekt „Auwaldrodung“ fallen zu lassen, “da gerade auch in Zeiten des extrem schnell verlaufenden Klimawandels Wälder eine sehr große Rolle spielen. Bei der Rodung von Wald wird auch der Kohlenstoff, der im Boden gebunden ist, freigegeben und Waldrodungen heizen den Klimawandel an. Da das Projekt noch nicht einmal vollständig ist und auch noch keine Genehmigungen von Seiten der Gemeinde bzw. des Landes vorliegen, dürfte dies doch möglich sein!”