Von: APA/Reuters
Die EU-Klimapolitik hat einer Studie der deutschen Bundesbank zufolge nicht in großem Stil zu einer Verlagerung von deutscher Produktion ins außereuropäische Ausland geführt. “Bislang finden sich keine signifikanten Hinweise darauf, dass deutsche Unternehmen angesichts der verschärften Emissionsgesetzgebung verstärkt auf Produktionsstandorte mit einer weniger strengen Klimapolitik auswichen”, lautet das Fazit in der am Montag veröffentlichten Untersuchung.
Allerdings seien Unternehmen mit hohen Treibhausgasemissionen schon zuvor überdurchschnittlich im außereuropäischen Ausland präsent gewesen. Künftige Verlagerungen seien zwar nicht ausgeschlossen, jedoch seien diese ebenfalls mit Kosten verbunden und nicht immer möglich.
Der Emissionshandel ist seit 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. Zwar investiert die deutsche Industrie seither mehr im nicht zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehörenden Ausland: Zwischen 2005 und 2022 wuchs ihr Beteiligungskapital dort im Schnitt um jährlich 10 Prozent und damit doppelt so stark wie innerhalb des EWR. “Diese Zahlen könnten auf eine schleichende Verlagerung deutscher Industriekapazitäten hindeuten”, so die Bundesbank. Allerdings könne diese Entwicklung nicht ohne weiteres der europäischen Klimapolitik zugeordnet werden. “Tatsächlich berücksichtigen die Entscheidungen über Direktinvestitionen eine Vielzahl von Aspekten”, so die Studie, für die detaillierte Datensätze von Unternehmen ausgewertet und mit der Mikrodatenbank Direktinvestitionen (MiDi) der Bundesbank verknüpft wurden.
Zugleich warnt die Bundesbank, dass dauerhaft deutlich höhere Preise für Treibhausgasemissionen in Europa Anreize bieten könnten, besonders emissionsintensive Produktionsprozesse verstärkt in Länder mit weniger ambitionierten Klimazielen zu verlegen. Eine international koordinierte Klimapolitik würde solchen Ausweichreaktionen entgegenwirken. “Allerdings stoßen die Bemühungen, möglichst viele Länder zu verbindlichen Zusagen zu bewegen, auf erhebliche Schwierigkeiten”, so die Bundesbank.
Im europäischen Grenzausgleichsmechanismus sieht die Bundesbank ein geeignetes Instrument, um “Carbon Leakage” zu vermeiden – also die Verlagerung Treibhausgas-emittierender Industrien in Länder außerhalb der EU. Dabei wird eine CO2-Grenzabgabe fällig, die etwa Importeure von Stahl für jede Tonne CO2 zahlen müssen. Dieser Weg sei im Hinblick auf die globalen Klimaziele aber weniger effizient. “Dies liegt daran, dass letztlich nur die Waren mit einer CO2-Abgabe belastet werden, die im EWR auf den Markt kommen”, so die Bundesbank. Zudem wären europäische Produzenten auf dem Weltmarkt weiterhin benachteiligt, da sie hier mit Anbietern konkurrieren müssten, welche keine Kompensation für die Emission von Treibhausgasen leisten müssten. Auch bringe der Grenzausgleich einen nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand mit sich.
Stattdessen sollte sich Politik auf deutscher und europäischer Ebene darum bemühen, Innovationen in grüne Technologien durch geeignete Rahmenbedingungen zu erleichtern. “Idealerweise könnten dadurch teure Subventionen vermieden und stattdessen privates Kapital mobilisiert werden”, so die deutsche Notenbank. “Notwendige Voraussetzungen hierfür sind Planungssicherheit, zügige Genehmigungsverfahren und ein tiefer, harmonisierter Kapitalmarkt.”