Von: APA/Reuters
Die chinesischen Unternehmen haben im April mehr Waren ins Ausland verkauft und von dort importiert. Die Exporte wuchsen um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie aus den am Donnerstag veröffentlichten Daten der Zollbehörde in Peking hervorgeht. Ökonomen hatten mit einem Anstieg in dieser Größenordnung gerechnet, nachdem es im März noch einen Einbruch von 7,5 Prozent gegeben hatte.
Die Importe stiegen im April sogar um 8,4 Prozent – weit stärker als von Experten mit plus 4,8 Prozent vorausgesagt. “Die Exporte sind in diesem Jahr bisher der Lichtblick für Chinas Wirtschaft”, sagte der Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Pinpoint Asset Management, Zhang Zhiwei. Der Exportweltmeister profitiert dabei von einer besseren globalen Konjunktur: Der Industriestaatenklub OECD hob gerade erst seine Prognose für das Wachstum des weltweiten Bruttoinlandsproduktes in diesem Jahr von 2,9 auf 3,1 Prozent an.
Die Importe zogen nicht zuletzt deshalb an, weil viele Unternehmen in Erwartung steigender Preise bei Rohstoffen zugriffen. “Die chinesischen Produzenten decken sich mit Rohstoffen ein, bevor die Preise steigen”, sagte die Chefökonomin der Hang Seng Bank China, Wang Dan. So wurden im April 45,25 Millionen Tonnen Kohle importiert, elf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Stromerzeuger kauften vor der Hochsaison auf Vorrat ein, da im Sommer der Verbrauch angesichts der dann eingesetzten Klimaanlagen nach oben schnellt.
Viele chinesische Exporteure haben ihre Preise gesenkt, um die schwache Binnennachfrage durch Auslandsverkäufe auszugleichen. Gleichzeitig produzieren die Fabriken zu viel – unabhängig davon, ob es Käufer gibt oder nicht. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte dies erst kürzlich kritisiert. “Überkapazitäten haben die Ausfuhrpreise gedrückt und die jüngste Exportstärke befeuert”, sagte Volkswirt Huang Zichun von Capital Economics. Aber die Gewinnmargen der Hersteller stünden bereits unter Druck. Sie könnten die Preise kaum noch weiter senken. “Die Exportpreise haben jetzt ihren Tiefpunkt erreicht”, sagte der Experte.
Die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist im ersten Quartal schneller als erwartet gewachsen. Allerdings hält die Immobilienkrise immer noch an. Die Volksrepublik hat sich für 2024 ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent zum Ziel gesetzt, das nach Ansicht vieler Analysten ohne zusätzliche Anreize nur schwer zu erreichen sein wird.
Die chinesischen Exporte nach Russland sind im April möglicherweise wegen US-Sanktionen erneut eingebrochen. Sie fielen in der Landeswährung Yuan berechnet um 10,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, geht aus den Daten der Zollbehörde hervor. Im März hatte es sogar einen Rückgang von 13 Prozent gegeben. Die Exporte in das Kriegsland waren im vergangenen Jahr zweistellig gewachsen.
Die USA haben seit Beginn der Ukraine-Invasion vor mehr als zwei Jahren eine Reihe von Sanktionen gegen Russland verhängt. Nun droht die Ausweitung dieser Maßnahmen auf Banken in China. Das schreckt die dortige Finanzbranche bereits ab, die auch den nicht-militärischen Handel zwischen China und Russland finanziert. Sieben mit der Situation vertraute Handels- und Bankinsider sagten der Nachrichtenagentur Reuters, dass dies insbesondere für kleine chinesische Exporteure ein wachsendes Problem darstelle.
Trotz des jüngsten Exporteinbruchs ist der bilaterale Handel zwischen China und Russland in den ersten vier Monaten dieses Jahres insgesamt gewachsen, und zwar um 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 543,7 Milliarden Yuan (70 Mrd. Euro). Der russische Präsident Wladimir Putin will noch im Mai nach China reisen. Es wäre wahrscheinlich sein erster Auslandsbesuch in seiner neuen sechsjährigen Amtszeit.
Durch die Ausfuhrbeschränkungen der EU und anderer westlicher Länder fehlen in Russland dem Münchner Ifo-Institut zufolge etwa ein Drittel der sanktionierten Produkte im Vergleich zur Vorkriegszeit. “China ist für Russland das wichtigste alternative Herkunftsland für sanktionierte Produkte” heißt es in einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung. Demnach kommen 61 Prozent aller sanktionierten Produkte mittlerweile aus der Volksrepublik. 2021 sei dieser Anteil nur bei 35 Prozent gelegen.