Von: luk
Bozen – Trotz der erheblichen Schwierigkeiten, mit denen viele einheimische Betriebe nach dem coronabedingten Lockdown konfrontiert sind, erwägt die Bozner Stadtverwaltung, ein „Road Pricing“ für die Zufahrt zur Landeshauptstadt einzuführen. Das Thema stand im Mittelpunkt mehrerer Treffen, an denen Gemeindevertreter, einige Interessenvertreter und Wirtschaftsverbände, darunter auch der hds – Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol, teilnahmen, wobei der Verband seine ablehnende Haltung gegen die Einführung eines Tickets für die Einfahrt in die Stadt und die Durchfahrt bekräftigte.
„Unsere Betriebe haben gerade erst den Neustart gewagt, jetzt gilt es, Pendler und Touristen in der Stadt willkommen zu heißen, denn ihre Rückkehr wird maßgeblich sein für viele Branchen. Alle auf entgegengesetzte Ziele ausgerichtete Maßnahmen sind absolut kontraproduktiv“, argumentiert der hds-Ortsobmann der Stadt Bozen, Simone Buratti. Dieser Meinung schließen sich auch die Verbände CNA-SHV und Confesercenti sowie Hannes Mussak, Bezirksobmann Bozen Stadt im lvh.apa, an: „Die Einführung von weiteren Kosten zum jetzigen Zeitpunkt wäre fatal für die Wirtschaftstreibenden. Derzeit zielen alle unsere Anstrengungen auf den Wiederaufbau und die Stabilisierung unserer Betriebe ab. Aktuell brauchen wir geeignete Maßnahmen zur Entlastung der Wirtschaft, auf keinen Fall weitere Kostenbelastungen.“ CNA-SHV-Präsident Claudio Corrarati meint: „Der Neustart der Wirtschaftstätigkeiten muss mit Unterstützungsmaßnahmen begleitet werden und nicht mit zusätzlichen Belastungen. Jetzt heißt es vereinfachen und nicht verhindern.”
Die von der Gemeinde Bozen eingesetzte und von Ing. Stefano Ciurnelli koordinierte Arbeitsgruppe würde hingegen die Einführung eines Systems zur Überwachung der Zufahrt privater Pkw – aber es war auch die Rede von gewerblichen Fahrzeugen – zu einem oder mehreren Stadtvierteln mit dem Ziel vorsehen, eine Durchfahrtsgebühr auf der Basis von Zonen und/oder der Zufahrtszeiten zu erheben.
„Laut den Berechnungen der öffentlichen Verwaltung wäre dieses System weniger belastend als die Parkplatzgebühren; aber in der Praxis würden diese Kosten noch zu den Parkgebühren hinzukommen. Auch für das Image der Stadt wäre die Einführung neuer Abgaben zu diesem Zeitpunkt absolut nachteilig, vielmehr sollten bestehende Gebühren abgeschafft werden“, bekräftigt Buratti, der die Gemeinde Bozen auffordert: „Anstelle neuer Belastungen sollten in diesen Tagen vielmehr positive Willkommenssignale gesetzt werden“.
Bei diesem Treffen wurde auch die Frage der so genannten Locker und Delivery Point, also der automatischen Zustell- und Sortierstationen für die Paketzustellung, besprochen. Dazu schlägt der hds vor, diese Einrichtungen nicht nur im Stadtzentrum, sondern auch in den peripheren Stadtvierteln zu testen.
„Die Menge der für Privatpersonen bestimmten Pakete nimmt ständig zu und entspricht ca. der Hälfte der täglichen Lieferungen, wobei es sich außerdem meistens um kleine Pakete handelt. Unserer Ansicht nach wären daher Privatpersonen die wichtigsten Adressaten für dieses innovative System. Für die Kaufleute wäre dieser Service derzeit keine praktikable Lösung. Es gilt auf jeden Fall zu vermeiden, dass für eine ohnehin bereits gebeutelte Branche weitere Kosten für den Warentransport oder die Warenabholung anfallen,“ erklärt abschließend der hds-Vertreter.