Von: mk
Bozen – Covid-19 hat in der Tourismusbranche im österreichischen Alpenraum zu beträchtlichen Umsatzeinbußen geführt. Die Folgen sind erhebliche Verluste bei Einkommen, Beschäftigung und Wertschöpfung. Durch die wirtschaftlichen Verflechtungen trifft es neben der Reisebranche viele mit dem Tourismus verflochtene Sektoren und schädigt Betriebe weit über den alpinen Raum hinaus. Das zeigt eine Studie der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW), die im Auftrag von Vitalpin, der internationalen Interessensgemeinschaft für alpines Wirtschaften, erstellt wurde.
Die Studie analysierte die Auswirkungen der Umsatzrückgänge der Beherbergungswirtschaft 2020 auf das Bruttoregionalprodukt, den Arbeitsmarkt und die unselbstständigen Einkommen in den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen. Studienautor Dr. Stefan D. Haigner zieht folgende Bilanz: „Insgesamt zeigt die Studie einmal mehr die Bedeutung des Alpentourismus als Wirtschaftsfaktor für alle Branchen und über den alpinen Raum hinaus.“
Geht es mit dem Tourismus talwärts, trifft es viele Branchen
Die Studie zeigt, dass bei einem erwarteten Umsatzrückgang des Nächtigungstourismus von 32,1 Prozent das Bruttoregionalprodukt im alpinen Raum um rund 7.174 Millionen Euro sinkt. Dazu kommen rund 732 Millionen Euro Verlust im außeralpinen Raum. Des Weiteren ist mit einem Verlust von rund 68.400 Arbeitsplätzen quer durch alle Branchen zu rechnen (62.551 inneralpin und 5.855 außeralpin).
Effekte über die Branche und den alpinen Raum hinaus
„Destinationen und Betriebe bekamen die direkten Auswirkungen der Corona-Krise sehr schnell zu spüren. Bei Beauftragung der Studie war es uns ein Anliegen, eine realistische Einschätzung dafür zu bekommen, was das Ausbleiben der Gäste in den Bergen auch für die angrenzenden Branchen bedeutet. Dass durch die wirtschaftlichen Verflechtungen viele Sektoren betroffen sind, war uns klar. Das Ausmaß der negativen Folgewirkungen hat allerdings auch uns überrascht“, erklärt Theresa Haid, Geschäftsführerin von Vitalpin und zeigt sich nachdenklich, denn: „Würden die prognostizierten Umsatzrückgänge im Nächtigungstourismus eintreten, so hieße das, dass z. B. auch Handel und Bauwirtschaft massiv betroffen sind – konkret verlieren mehr als 10.000 Verkäuferinnen und Verkäufer im österreichischen alpinen Raum ihren Job und mehr als 4.000 Personen in der Baubranche. Auch Künstlerinnen und Künstler sowie Freiberufliche, die bereits durch abgesagte Veranstaltungen etc. massive Rückgänge verschmerzen müssen, werden erneut getroffen und müssen mit einem Einkommensverlust von über 73 Mio. Euro rechnen – um nur einige Beispiele zu nennen. Diese Zahlen beweisen deutlich, dass ein gesundes Wirtschaften im österreichischen Alpenraum und darüber hinaus ohne den Tourismus nicht möglich wäre. Am Ende des Tages sind wir auch wegen des Fehlens von alternativen Schlüsselindustrien stark von einem funktionierenden Tourismus abhängig.“ Vitalpin Obmann Hannes Parth resümiert daher: „Umso wichtiger ist es, sich jetzt Gedanken über die kommende Wintersaison zu machen. Die Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft sind gefordert, politische Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Angst vor dem Reisen nehmen und den Gästen den gewohnten Qualitätsurlaub mit hohen Sicherheitsstandards ermöglichen.“
Nächtigungsrückgang auch in Südtirol
In Südtirol zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen, schildert die Situation wie folgt: „Im ersten Halbjahr 2020 haben sich die Nächtigungen in Südtirol nahezu halbiert. Dieser Rückgang betrifft neben dem Hotelier- und Gastgewerbe viele weitere Wirtschaftsbereiche, die stark von der touristischen Nachfrage abhängen, vor allem in den peripheren Gebieten. Stark betroffene Bereiche sind insbesondere der Einzelhandel, die Produktion und der Großhandel von Nahrungsmitteln, die Weinwirtschaft und die Personenbeförderung. Diese Studie unterstreicht die große Bedeutung des Tourismus für den Wohlstand und für die Beschäftigung im Alpenraum. Daher ist es wichtig, die touristischen Unternehmer und Unternehmerinnen zum Wohle aller in dieser schwierigen Krise zu unterstützen.“