Von: Ivd
Innsbruck – Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2025 zum Internationalen Jahr zum Schutz der Gletscher erklärt. Die Universität Innsbruck mit ihrer langen Tradition in der Gletscherforschung beteiligt sich mit mehreren Aktivitäten an dieser Initiative – abgestimmt auf unterschiedliche Zielgruppen. In einer ersten Aktion werden unter dem Motto „Goodbye Glaciers!?“ an verschiedenen Orten im Alpenraum Wegweiser aufgestellt. Auf ihnen ist jenes Jahr angegeben, in dem der jeweilige Gletscher nicht mehr als solcher erkennbar sein wird. Am Gelände der Uni Innsbruck wurde gestern der erste Wegweiser enthüllt.
Ein Großteil der Alpengletscher wird laut der Uni Innsbruck in den nächsten Jahrzehnten verschwunden sein: Klimamodelle prognostizieren für die aktuellen Emissionsszenarien bis 2100 eine globale Erwärmung von 2,7 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit (1850–1900). Im Alpenraum werden durch diese Erwärmung mehr als 95 Prozent der heute existierenden Gletscher bis zum Ende des Jahrhunderts verschwinden. Die meisten schon deutlich früher. „Jedes Zehntelgrad weniger Erwärmung verlangsamt jedoch die Gletscherschmelze. Dadurch bleiben wichtige Wasserspeicher in Gebirgsregionen wie dem Himalaya länger erhalten. Zudem wird der Anstieg des Meeresspiegels reduziert“, sagt Lilian Schuster, Glaziologin an der Universität Innsbruck. Eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius statt 2,7 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts würde dazu führen, dass über 100 Gletscher in den Alpen erhalten bleiben. „Diese Erkenntnisse basieren auf komplexen Modellketten, die durch Langzeitbeobachtungen und Prozessstudien kontinuierlich verbessert werden“, erklärt ihr Kollege und Experte in der Gletschermodellierung, Patrick Schmitt.
Im Rahmen des Internationalen Jahres zum Erhalt der Gletscher 2025 stellt das Projekt „Goodbye Glaciers!?“ europaweit Wegweiser auf, die auf Gletscher zeigen und ihr voraussichtliches Verschwinden unter aktuellen Klimaschutzmaßnahmen markieren. Ein QR-Code führt zu einer Webseite mit Fotos und 3D-Projektionen der Gletscherentwicklung für Erwärmungsszenarien von 1,5 Grad Celsius und 2,7 Grad Celsius. Die Initiative „Goodbye Glaciers!?“ richtet sich nicht nur an Forschungsinstitutionen. Interessierte haben die Möglichkeit, Wegweiser mit ausgewählten Gletschern zu bestellen und an passenden Standorten aufzustellen. „Es geht nicht nur darum, das Verschwinden der Gletscher aufzuzeigen. Wir müssen auch vermitteln, wie unser Handeln ihre Zukunft beeinflusst“, verdeutlicht Michael Zemp, Leiter des Welt-Gletscher-Beobachtungsdienstes.
In diesem Zusammenhang findet heute und morgen auch das 28th Alpine Glaciology Meeting statt, wofür die Universität Innsbruck in diesem Jahr Gastgeberin ist. Die Konferenz bietet insbesondere Nachwuchswissenschaftler die Möglichkeit, ihre neuesten Erkenntnisse aus der Gletscherforschung zu präsentieren. Die Themen reichen von globalen Klimamodellen über Fernerkundungsmethoden bis zu detaillierten glaziologischen Prozessstudien. „Der wissenschaftliche Austausch ist entscheidend, um die Dynamik der Gletscher besser zu verstehen. Junge Forschende leisten mit innovativen Methoden einen wichtigen Beitrag“, betont Rainer Prinz, Gletscherforscher am Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck, und Mitorganisator der Konferenz, gemeinsam mit Lindsey Nicholson und Emily Collier.
Größte Konferenz zu Gebirgsregionen im September
Im September 2025 stehen dann im Rahmen der „International Mountain Conference“ in Innsbruck zahlreiche weitere Veranstaltungen zu den regionalen und globalen Folgen der Gletscherschmelze unter Mitwirkung von renommierten Persönlichkeiten aus aller Welt am Programm. Involviert sind auch zahlreiche Künstler, die ihre Werke zur globalen Gletscherschmelze ausstellen werden.
Angebote für die interessierte Öffentlichkeit
Alle aktuellen Veranstaltungen und Angebote von „Goodbye Glaciers?!“ werden laufend online veröffentlicht. Das Gemeindemuseum Absam hat etwa bereits ein vielfältiges Exkursionsprogramm zur Entdeckung eiszeitlicher Spuren im Alpenraum entwickelt. Ebenso wird unter der Führung vom Amt für Hydrologie und Stauanlagen des Landes Südtirol eine Wanderausstellung vorbereitet, die im Herbst in Nordtirol zu sehen sein wird. Interessierte Organisationen können zudem Wegweiser mit ausgewählten Gletschern bestellen und an einem Ort ihrer Wahl aufstellen.
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