Von: mk
Raas – Knusprig, kross und köstlich waren die vielen Brotlaibe, die am Brotbacktag, den 12. Juni im alten, hofeigenen Backofen auf dem Bühlerhof in Raas der Gemeinde Natz-Schabs gebacken wurden. Wer wollte, konnte seinen eigenen Brotteig zum Einschießen mitbringen oder sich am Hof eindecken. Hinter der Aktion steckt auch ein solidarischer Gedanke.
Nach 40 Jahren Pause wurde der 700 Jahre alte, unter Denkmalschutz stehende, Backofen am Bühlerhof auf Initiative von Bäuerin Nicole Thaler wieder eingeheizt. Mit dem Einschüren des Ofens wurde bereits zwei Tage vorher begonnen, um die notwendige Innentemperatur von 350 Grad Celsius zu erreicht. „Früher haben wir zum Aufheizen alte Reben zum Bündeln gebunden“, erinnern sich die Altbauern Emma und Sepp Thaler. Heute dienen Reisigbündel nur mehr dem Entfachen des Feuers. Zum richtigen Einheizen werden Weich- sowie Hartholz verwendet.
Verändert hat sich heute auch die Brotvielfalt. War es früher fast ausschließlich das für die Törggele-Hochburg Eisacktal typische Schüttelbrot, waren es am 12. Juni Breatlen, Vinschgerln, Soja-, Weiß- sowie Schwarzbrot, genau wie Hefezöpfe und -schnecken. Um 9.00 Uhr wurde mit der Weiterverarbeitung der Vorteige vom Tag vorher begonnen. „Das Geheimnis steckt in der geringen Hefemenge und der langsamen Gärzeit“, verrät Bäcker Anton, der gemeinsam mit Bäuerin Nicole in der Backstube steht.
Im Laufe des Tages wurde aus den Vorteigen mit Zugabe von Dinkel-, Roggen-, Weizenvollkorn- und Weizenmehl die unterschiedlichen Leckereien. Gar einige Leute sind auch der Einladung von Nicole Thaler über Facebook gefolgt und haben ihren eigenen Brotteig mitgebracht. Denn darin sind sich alle einig: „Im Holzkohlenofen gebacken, schmeckt das Brot einfach besser!“ Wortwörtlich weg wie die warmen Semmeln gingen die ofenfrischen, knusprigen Laibe. „Wer sich den nächsten Brotbacktag vormerken möchte, soll sich Samstag, den 11. Juli ab 12.00 Uhr im Kalender freihalten“, so Nicole Thaler.
Teil der solidarischen Landwirtschaft
Heute wird der Brotbacktag noch als eigene Aktion organisiert, zukünftig soll er aber in das Projekt der Solidarischen Landwirtschaft einfließen. „Neben den heute bereits 80 verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, den Eiern und dem Fleisch sollen die Mitglieder zukünftig auch ihr eigenes Brot erhalten ‒ im besten Fall vom eigenen Sommerroggen bis zum fertigen Brot nachvollziehbar. Alles aus einer Hand“, erläutert Nicole Thaler.
„Mein Ziel ist es, nicht mehr für einen anonymen Markt zu produzieren, sondern für Menschen, die unsere Produkte direkt ab Hof abnehmen ‒ ganz ohne Zwischenhändler und damit auch ohne ‚Foodwaste‘“, so die Diplombetriebswirtin, die auf Marketing mit Fachrichtung Unternehmensberatung spezialisiert ist. „Wenn man weiß, wer die Abnehmer sind und welche Bedürfnisse diese haben, kann man für einen Bruchteil der Spesen produzieren.“
Will man sich vom Dogma der Lebensmittelmärkte befreien, braucht es neue Lösungen. Diese hat Nicole Thaler für sich und den Bühlerhof im Model der „Solidarische Landwirtschaft“ gefunden. Auf ihre Initiative hin wurde im heurigen Frühjahr die „SoLaWi Bühlerhof“ ins Leben gerufen. „Was wir jetzt brauchen sind Mitglieder, die in gewisser Weise zu ‚Mit-Bauern‘ und ‚Mit-Bäuerinnen‘ werden“, erklärt Nicole Thaler das solidarische System. Für den Erhalt des wöchentlichen Warenkorbes könne man sich entweder mit einem monatlichen Beitrag oder auch mit eigenem Arbeitseinsatz einbringen. Wie man sich auch entscheide, es gehe immer darum, „selbstbestimmt das anzubauen, was die eignen Bedürfnisse deckt, miteinander die eigene Ernte einzufahren, Zeit in der Natur zu verbringen, vieles rund um den Anbau, die Pflege, die Verarbeitung und Konservierung unserer Lebensmittel zu lernen“.
Gemeinsam feiert man Ernteerfolge, ebenso trage man aber auch jedes Lerngeschenk miteinander. „Im besten Fall werden alle auf dem Hof produzierten Lebensmittel von den Mitgliedern selbst verbraucht, sodass der Hof frei von Vermarktungszwängen wird“, erklärt Nicole Thaler. Die gebürtige Münchnerin, die auch viele Interessierte für ihre landwirtschaftlichen Produkte aus der Bayerischen Hauptstadt hätte, möchte ganz bewusst die örtliche Bevölkerung ansprechen, so dass kleine Kreisläufe die Lokalversorgung mit Lebensmitteln sichern. „Corona hat uns allen gezeigt, wie abhängig wir von der Außenwelt sind. Das soll sich nun ändern. Lokal, nachhaltig, miteinander, selbstbestimmt und vielfältig ‒ so sollten unsere Lebensmittel wieder produziert werden.“ Für Interessierte ist ein großer Info-Tag am Sonntag, den 12. Juli ab 14.00 Uhr geplant. Informationen findet man auf der Facebook-Seite des Bühlerhofs.