AFI-Barometer zeigt aktuell noch Zuversicht bei Arbeitnehmern

„Das Problem ist weniger was ist, sondern was noch kommt“

Mittwoch, 05. Februar 2025 | 10:59 Uhr

Von: luk

Bozen – Unbeschadet der Umwälzungen auf der internationalen politischen Bühne bleibt die Weltwirtschaft auf Wachstumskurs. Für den EU-Raum schätzt die OECD das Wirtschaftswachstum für 2024 rückblickend auf +0,8 Prozent, für 2025 werden +1,3 Prozent prognostiziert. Insgesamt war 2024 für Südtirols Wirtschaft ein gutes Jahr – das AFI bemisst das Wachstum auf +1,0 Prozent. Zum Jahresauftakt ist die Stimmung bei Südtirols Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auffallend positiv, und zwar sowohl was die Gesamtwirtschaft als auch was die eigene Situation anbelangt. AFI-Direktor Stefan Perini mahnt dennoch zur Vorsicht: „Das Problem ist weniger was ist, sondern was noch kommt.“

Das AFI sieht das aktuelle Bild wie folgt:

2025 markiert eine Zeitenwende. Vor dem Hintergrund eines neuen Zeitgeistes, der vermutlich als „Neoimperialismus“ in die Geschichtsbücher eingehen wird und von Akteuren wie Donald Trump, Wladimir Putin und Xi Jinping geprägt ist, verweilt Europa in der Schockstarre. Maßnahmen wie die Begnadigung der Capitol-Stürmer und die angekündigte Einführung von Handelszöllen für China, Kanada und Mexiko lassen die Militärkonflikte in der Ukraine und im Nahen Osten in den Hintergrund treten. Relativ unbeeindruckt von diesen Ereignissen haben die Länder der Eurozone auch 2024 ein moderates Wirtschaftswachstum erzielt (+0,8 Prozent laut OECD), wobei Deutschland in der Rezession festsitzt und als der „kranke Mann“ Europas dasteht. Die EZB hat die Zinswende Mitte 2024 vollzogen und die Leitzinsen in fünf Schritten auf nun 2,90 Prozent herabgesetzt. Die Inflation ist nun wieder nahe am EZB-Zielwert von zwei Prozent. Italiens Wirtschaft schlägt sich im angespannten geopolitischen Umfeld bislang recht tapfer. Die Stimmung bei Unternehmen und Konsumenten ist verhalten positiv und das Wirtschaftswachstum belief sich 2024 auf +0,5 Prozent. Mit moderatem Wachstum soll es auch 2025 weitergehen: +1,3 Prozent für die Eurozone, +0,9 Prozent für Italien.

DIE ECKDATEN: 2024 war für Südtirols Wirtschaft ein gutes Jahr

Zumal die meisten Daten schon das gesamte Jahr abdecken, sei es bereits möglich, eine vorläufige Endbilanz der Südtiroler Wirtschaft für das Jahr 2024 zu ziehen. “Südtirols Arbeitsmarkt zeigt sich solide und nach wie vor aufnahmefähig. Neue Rekordmarken erreichte Südtirol bei der unselbständigen Beschäftigung (230.316 Personen im Jahresschnitt, +1,7 Prozent zu 2023), in der Erwerbsbeteiligung (Erwerbstätigenquote: 75,5 Prozent, Arbeitslosenrate 0,8 Prozent), im Außenhandel (+6,0 Prozent sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen) und bei den touristischen Nächtigungen (+2,2 Prozent zum Vorjahr – Dezemberwert noch ausständig). Die Inflation ging in Bozen 2024 stark zurück und erreichte im Jahresschnitt 1,7 Prozent. Im Fahrwasser sinkender Zinsen erholte sich das von Südtiroler Banken eingeräumte Kreditvolumen in der zweiten Jahreshälfte wieder schrittweise – die Jahres-Zwischenbilanz bleibt allerdings noch negativ (-4,7 Prozent).” Weiterer Wermutstropfen: Die Zahl der genehmigten Stunden in der Lohnausgleichskasse ist 2024 um +40 Prozent zu 2023 angestiegen – allerdings sei nicht gesagt, dass das gesamte zugesprochene LAK-Kontingent auch tatsächlich von den Unternehmen abgerufen wird, so das AFI.

DIE STIMMUNG: Arbeitnehmer erstaunlich zuversichtlich

Südtirols Arbeitnehmende starten mit bemerkenswerter Zuversicht in das Jahr 2025, hält das AFI fest. Nahezu alle eingeholten Indikatoren zeigen im Vergleich zu den vergangenen zwölf Monaten eine Verbesserung auf. “Allerdings ist anzumerken, dass diese in einigen Fällen (insbesondere gilt dies für die Fähigkeit, mit dem Lohn über die Runden zu kommen) auf ein sehr tiefes Niveau abgesackt waren.” Die Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung Südtirols haben sich aufgehellt, des Weiteren rechnet man kurzfristig nicht mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Das Risiko, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, bleibt auch in der Winterbefragung so gut wie nicht existent. Die Perspektiven, einen gleichwertigen Job zu finden, werden von den Arbeitnehmern sogar wieder besser bewertet als in den sechs vorhergehenden Umfrage-Wellen.

DIE AUSSICHTEN: Mit +0,8 Prozent, auch 2025 moderates Wachstum für Südtirols Wirtschaft

Viele Rahmenbedingungen bleiben für die Südtiroler Wirtschaft 2025 günstig – so der solide Arbeitsmarkt mit Vollbeschäftigung sowie eine Inflationsrate, die inzwischen auf „Unbedenklichkeit-Niveau“ abgesunken ist. Laut dem AFI dürften die Wachstumsimpulse, die 2025 für die Südtiroler Wirtschaft vom Ausland kommen, allerdings aufgrund zunehmender Handelshemmnisse abnehmen, womit der Außenhandelsbeitrag abnehmen dürfte.”Des Weiteren schränken die verhältnismäßig hohen Finanzierungskosten nach wie vor die Investitionstätigkeit von Unternehmen und Privatpersonen ein. Andererseits werden die in verschiedenen Sektoren erneuerten Kollektivverträge – auch wenn die Lohnerhöhungen nicht immer im gewünschten Maß ausgefallen sein mögen – Südtirols Familien Kaufkraft zuführen. So wird beispielsweise die zweite Akonto-Zahlung des Inflationsausgleichs im öffentlichen Dienst im Februar 170 Mio. Euro an zusätzlicher Kaufkraft in den Wirtschaftskreislauf spülen. Der mit acht Mrd. Euro gut dotierte Landeshaushalt mit selbstdefiniertem „sozialen Charakter“ wird als wichtiger Stabilitätsfaktor in schwieriger werdenden Zeiten gebraucht.”

Für 2025 bleibt das AFI vorsichtig und prognostiziert für Südtirol ein Wirtschaftswachstum von +0,8 Prozent. Die AFI-Schätzung liegt leicht unter den Werten der Partnerinstitute (ASTAT: +1,0 Prozent; WIFO: +1,2).

Dazu AFI-Direktor Stefan Perini: „Turbulente Zeiten stehen bevor. Doch Südtirols Wirtschaft kann aus einer Position der Stärke agieren – und dies ist sicher kein Nachteil.“

 

Stellungnahme von AFI-Präsident Andreas Dorigoni

„Die Kombination aus Pensionierungswellen und Geburtenrückgang zeigt klar: Die wahre Zukunftsressource sind die Menschen. Um Südtirol als attraktiven Arbeitsstandort zu positionieren, müssen die Arbeitsbedingungen einschneidend verbessert werden. Leider fehlt auf Arbeitgeberseite sehr oft noch das nötige Bewusstsein für diese Herausforderung.“

Stellungnahme von Arbeits-Landesrätin Magdalena Amhof

„Trotz der Herausforderungen im Jahr 2024 hat sich Südtirols Wirtschaft bemerkenswert behauptet – das stimmt zuversichtlich. Wir sind überzeugt, dass die neuen Maßnahmen in der Arbeitsvermittlung und in den kollektivvertraglichen Verhandlungen, insbesondere im öffentlichen Dienst, spürbare Entlastungen bringen werden.“

Bezirk: Bozen

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