Von: mk
Bozen – Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, die am Dienstag im Foyer des Filmclubs in Bozen stattgefunden hat, haben der Dachverband für Soziales und Gesundheit sowie der Unternehmerverband Südtirol eine gemeinsame Aufforderung für die Gemeinwesensentwicklung in Südtirol lanciert. Wirtschafts- und Sozialpolitik bedingen sich gegenseitig, hieß es: Ausgehend davon haben der Dachverband für Soziales und Gesundheit und der Unternehmerverband Südtirol einen Dialog begonnen, um gemeinsam den anstehenden Herausforderungen für die Südtiroler Gesellschaft zu begegnen. Denn die Zeiten hätten sich geändert.
„Nach einer jahrzehntelangen Wachstumsphase werden zunehmend Grenzen spürbar, die sowohl sozial- als auch wirtschaftspolitische Entwicklungen zwingend beeinflussen. Nach Inkrafttreten des übergreifenden Landesentwicklungs- und Raumordnungsplan Südtirol 1995 gab es eine lange Phase der Fokussierung auf die Teilbereiche durch Fachpläne und spezifische Gesetzgebung“, erklärten Georg Leimstädtner und Wolfgang Obwexer vom Dachverband für Gesundheit und Soziales sowie Josef Negri und Heiner Oberrauch für die Unternehmerseite bei der Pressekonferenz.
Heute würden der demografische Wandel, die Veränderung der ethnischen Zusammensetzung und die damit verbundene Vielfalt an Kulturen, der Mangel an Arbeitskräften und die schwindenden bebaubaren Flächen alle gesellschaftlichen Kräfte zwingen, wieder verstärkt vernetzt und auch neu über allgemeine Entwicklungsansätze nachzudenken – aber auch nach kurzfristigen neuen Lösungen zu suchen. Eine Reihe von Herausforderungen, die es für die beiden unterschiedlichen Partner Dachverband für Soziales und Gesundheit und Südtiroler Unternehmerverband zu bewältigen gilt, hätten zu einer Diskussion und folgender gemeinsamen Positionen geführt.
Menschen in Südtirol bräuchten gesicherte Wohnmöglichkeiten. Dazu müsse der Fokus der Wohnpolitik von der bisherigen Ausrichtung Eigentum hin zur Verfügbarkeit von Wohnraum zu angemessenen Bedingungen gerichtet werden. Wie es wörtlich hieß, braucht es dafür:
1. neue innovative Ansätze zum Bau und zur Vermietung von Wohnungen zu gedeckelten Preisen;
2. die Förderung des gemeinnützigen Bauens durch Ausweisung von Baugrund bzw. Begünstigung von Sanierung und Ausweitung des Bestands;
3. die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen und die Bildung eines eigenen Instituts für den Bau und die Anmietung von Wohnungen am privaten Wohnungsmarkt zur Bereitstellung im Sinn des leistbaren Wohnens;
4. die Ausdehnung der Tätigkeiten des Wohnbauinstitutes auf die Funktion als Garant für Vermieter, auch über die Anmietung von Wohnungen vom privaten Wohnungsmarkt;
5. Gesamtkoordinierung auf Landesebene eines angemessenen Wohnbaukonzeptes unter Berücksichtigung anderer Anforderungen im Bereich der Mobilität, der sekundären Infrastrukturen, des Beschäftigungsangebotes;
6. aktive Einbindung der Gemeinden in die Auswahl und Finanzierung der notwendigen Baugründe mit der Gewährung von Anreizen.
Arbeitskräfte-Entwicklungsplan und -Maßnahmen
Da Südtirol, wie alle europäischen Staaten, an einem akuten Arbeitskräftemangel leidet und davon auszugehen ist, dass im Jahr 2030 insgesamt an die 30.000 Arbeitskräfte fehlen werden, müssten umgehend tiefgreifende Entwicklungen geschehen, erklärten die Vertreter der beiden Organisationen.
„Dazu gehören die Digitalisierung und die Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aber es ist vor allem auch nötig, in allen Bereichen die Leistungen noch stärker zu fokussieren, damit diese auch mit weniger Arbeitskräften getätigt werden können“, so die Vereinigungen. Eine Flurbereinigung im Regelwerk in der öffentlichen Verwaltung und ein gezielter Abbau der bürokratischen Auflagen seien nicht weiter aufschiebbar. Zudem bestehe die Notwendigkeit:
1. lokale Arbeitskräfte zu binden und den Brain-drain zu limitieren, indem sowohl im privaten wie auch im öffentlichen Sektor überzeugende Voraussetzungen für die berufliche Laufbahn, für leistbares Wohnen und für die Lohnentwicklung geschaffen werden;
2. eine geregelte Anwerbung für Arbeitskräfte, auch aus nicht EU-Ländern, durch mit europäischen und staatlichen Vorgaben abgestimmte Bildung- und Integrationsprogramme zu fördern;
3. die Interkulturalität als Mehrwert zu betrachten. Die kulturelle Öffnung ist die Grundvoraussetzung für eine gute Integration.