Von: bba
Bozen – Die immer wieder vertagte Neufassung des Landessozialplans soll nun angegangen werden. Das AFI nimmt gerne die Einladung von Soziallandesrätin Waltraud Deeg an, auf breiter Front mitzuarbeiten. Was aus der Sicht des AFI im neuen Landessozialplan unbedingt enthalten sein sollte.
Das AFI | Arbeitsförderungsinstitut freut sich über die Ankündigung von Soziallandesrätin Waltraud Deeg, ab Herbst die Neuauflage des Landessozialplans angehen zu wollen. Der heute noch gültige Plan aus dem Jahr 2009 müsse dringend den veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten und Ansprüchen angepasst werden, so die Landesrätin sinngemäß. In der Tat ist das strategische Planungsinstrument der
Südtiroler Sozialpolitik in die Jahre gekommen.
AFI-Agenda „Welfare 2030“
Das AFI befasst sich seit Langem eingehend mit dem Südtiroler Sozialsystem. Im Oktober 2018 hat das Institut mit der „Agenda Welfare 2030” ein Strategiepapier für Südtirol herausgebracht. Diese mit den heimischen Gewerkschaften und Sozialverbänden partizipativ erarbeitete Agenda enthält eine Reihe von Vorschlägen für den Südtiroler Wohlfahrtsstaat der Zukunft. Hier die Kernelemente, die auf jeden Fall in den neuen Landessozialplan hineingehören.
Zehn Elemente für den neuen Landessozialplan
1. Mehr soziale Innovation: Das Prinzip Innovation sollte nicht nur für Technik und Wirtschaft, sondern auch für das Soziale gelten: Neue Ideen und neue Dienste verbessern den Wohlfahrtsstaat und lassen ihn gesund wachsen.
2. Mehr Dialog der sozialen Akteure: Es muss eine Plattform beziehungsweise ein Netzwerk geschaffen werden, das alle Akteure des Sozialbereiches ver- und einbindet, ihre Zuständigkeiten aufwertet, die Zusammenarbeit anregt und das System-Monitoring verbessert.
3. Mehr Schutz für die Schwächeren: Die Vereinfachung und Zusammenlegung von Sozialleistungen baut den Schutz für die Schwächeren aus und verringert bürokratischen Aufwand.
4. Mehr in soziale Berufe investieren: Arbeitsbedingungen und Image der sozialen Berufe müssen verbessert werden, um der immer wichtiger werdenden Funktion der Pflegekraft („caregiver“) die geschuldete Würde und Anerkennung zu geben.
5. Recht auf Platz im Kinderhort: Es sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, ein Recht auf Kinderbetreuungsdienste im Vorschulalter einzuführen, mit einer Ausweitung und einheitlichen Gestaltung im ganzen Land.
6. Das Pflegegeld auf klare Grundlagen stellen: Der Bezug von Pflegegeld sollte an einen regulären Arbeitsvertrag mit einer Pflegekraft gekoppelt und bemessen sein. Das würde die Einzahlung der Sozialbeiträge für die Pflegekräfte sichern und die Schwarzarbeit reduzieren.
7. Die öffentliche Sanität verteidigen: Der öffentliche Gesundheitsdienst ist ein kostbarer Edelstein, denn er gründet auf freie Zugänglichkeit, Gleichberechtigung, Transparenz und hohe Behandlungsstandards. Bislang konnten diese Kriterien nicht alle gleich gut verwirklicht werden,
was aber keineswegs eine Entmantelung des Systems rechtfertigt, sondern im Gegenteil dessen Verteidigung notwendig macht.
8. „Nach uns“: Es braucht konkrete und angemessene Lösungen, um beeinträchtigten Menschen ein eigenständiges Leben zu gewährleisten. Dazu dient ein Wohnangebot auf Maß mit Heimen und auch Wohngemeinschaften, welche die autonome Lebensführung fördern und Menschen mit Behinderung in die Lage versetzen, auch nach dem Tod ihrer Eltern ein würdevolles Leben zu führen.
9. Wohnangebot schaffen statt Nachfrage anheizen: Um den Grundwohnbedarf zu sichern, muss neben dem privaten Markt der Sozialwohnbau sein Angebot entscheidend erweitern. Um die Wohnungspreise zu reduzieren, wären mittel- oder langfristig die öffentlichen Beiträge abzuschaffen, die viele für einen Auslöser des Preisanstieges halten.
10. Einheits-Scheck für die Grundsicherung: Im Sinne der Vereinfachung, des einfacheren Zuganges und der flexibleren Handhabung sollten die Leistungen der finanziellen Sozialhilfe nicht mit getrennten Teilbeträgen und Zahlungen, sondern mit einem einzigen Grundsicherungsscheck nach Trentiner Vorbild ausgeschüttet werden.
Eine 360°-Herausforderung
Ein Landessozialplan, der in diese Richtung geht, ist sicher eine 360°-Herausforderung, aber eine, die sich lohne, ist das das AFI überzeugt.
Stellungnahme von AFI-Präsident Dieter Mayr: “Der Landessozialplan ist der Kompass für den Südtiroler Wohlfahrtsstaat der Zukunft. Die Großteils vorbildlichen sozialen Dienste und Leistungen in Südtirol verdienen sich ein Check-Up, einen Schuss Innovation und Planungssicherheit für die nächsten zehn Jahre.“