Von: luk
Bozen – Nachhaltigkeit ist einer der Megatrends in der Landwirtschaft – und das nicht erst seit Greta Thunberg und Fridays for Future. „Das Thema ist in unseren familiengeführten Betrieben und Genossenschaften tief verwurzelt“, betonten Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner und Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler heute bei einer Diskussionsrunde auf der Landwirtschaftsmesse Agrialp in Bozen.
Zusammen mit Bioland-Obmann Toni Riegler und dem Professor für Agrarökonomie an der Universität Bozen, Christian Fischer, entwickelte sich eine durchaus kontroverse Diskussion um die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft. Einig waren sich die Teilnehmer, dass die Landwirtschaft sich weiter entwickeln werde. Dafür brauche sie mehr denn je die Unterstützung von Wissenschaft und Forschung.
Universitätsprofessor Fischer wartete mit aktuellen Zahlen auf: „Während die Landnutzung weltweit für 30 Prozent der Treibhausgase verantwortlich ist, ist die Situation in Südtirol viel besser.“ Fischer hob den Rückgang am Verbrauch an Wasser und Düngemitteln positiv hervor. Mehr könnte Südtirol für die Biodiversität tun.
Rinner ging auf eine Besonderheit des Landwirtschaftssektors ein. „Die Landwirtschaft ist nicht nur ein Sektor, der Ressourcen verbraucht, sondern der aktiv Leistungen für die Umwelt und den Klimaschutz erbringt.“ Diese besondere Rolle müsste in den Diskussionen viel mehr berücksichtigt werden, bekräftigte der Bauernbund-Direktor. „Die Landwirtschaft ist darum nicht als Teil des Problems, sondern als Teil der Lösung zu sehen.“
Rinner unterstrich die derzeitigen Bemühungen in der Milchwirtschaft und im Obst- und Weinbau für einen sparsamen Ressourceneinsatz. „Die Bereitschaft sich weiter zu entwickeln ist da und wir müssen diese Bemühungen anerkennen“, so Rinner. „Wenn wir es noch mehr als bisher schaffen, Qualitätsprodukte zu erzeugen ohne viele Ressourcen zu verbrauchen, dann ist das auch ökonomisch für die Betriebe sinnvoll.“
Rinner bedauerte, dass die vielfältigen Forderungen an die Landwirtschaft für Unsicherheit bei den Landwirten sorgten. „Doch nur, wenn die Höfe auch wirtschaftlich überleben können, können sie sich für Nachhaltigkeit einsetzen. Nachhaltigkeit zum Nulltarif gibt es nicht!“
Dass Nachhaltigkeit auch eine soziale und ökonomische Dimension hat, unterstrich Landesrat Schuler. „Nachhaltigkeit ist im ureigenen Interesse unserer Bauernfamilien. Sie sind seit Generationen bestrebt, ihre Böden in gutem Zustand an die Erben weiterzugeben.“ Natürlich habe es auch Fehler gegeben, weil man es nicht besser wusste. Darum brauche es die Wissenschaft, um daraus zu lernen und es besser zu machen.
Schuler unterstrich die Lebensmittelerzeugung als Grundaufgabe der Landwirtschaft. Jedes Land und jede Region müssen einen Beitrag zur globalen Ernährung leisten. Europa mache aber das Gegenteil, der Grad der Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln ist rückläufig. Forderungen nach extensiverer Landwirtschaft sieht Schuler darum kritisch. „Wir können nicht immer weniger produzieren ohne gleichzeitig unseren Konsum zu ändern.“
Für Bioland-Obmann Toni Riegler ist die biologische Landwirtschaft der richtige Weg zur Nachhaltigkeit. Riegler nannte das Ziel von Bioland, den Anteil biologischer Landwirtschaft in Südtirol in zehn Jahren auf 30 Prozent steigern zu wollen. „Die Biolandwirtschaft wird sich weiterentwickeln und in zehn Jahren anders aussehen als heute“, unterstrich Riegler. Als Beispiele nannte der Bioland-Obmann den Einsatz von Kupfer und biologischen Pflanzenschutzmitteln, den man weiter reduzieren wolle.
Eine Lanze für den ökologischen Anbau brach auch Universitätsprofessor Fischer. Er wünscht sich, dass mehr Betriebe als bisher auf die biologische Landwirtschaft umstellen. Fischer stellte zugleich klar, dass regionale und Bioprodukte nicht für alle Familien leistbar sind. „Die Landwirtschaft steht vor der schwierigen Herausforderung, nachhaltige und trotzdem preisgünstige Produkte zu erzeugen.“
Gefordert in Sachen Nachhaltigkeit sieht Fischer auch die Konsumenten: „Jeder einzelne sollte sein Konsumverhalten überdenken und z. B. weniger Energie verbrauchen und weniger Fleisch essen“, so Fischer.
Rinner bedauerte das zwiespältige Verhalten vieler Konsumenten. „Viele handeln beim Einkaufen leider nicht so wie sie vorgeben.“ Dazu gebe es Studien. Eine Chance sieht Rinner in der Direktvermarktung. „Wer nahe einkauft, kauft nachhaltiger“, bekräftigte Rinner. Der Bauernbund will die Direktvermarktung mit einem neuen Konzept verstärkt unterstützen, kündigte Rinner an.