Von: mk
Pfitsch – Die Wipptaler Milchbauern kommen in der Biogas-Anlage biwi in Pfitsch zusammen, um mit einem Herbstfest einen Neustart zu feiern. Bei Biogas Wipptal gibt es einige grundlegende Veränderungen. Die Anlage wird wesentlich erweitert, ein neuer Präsident und ein junger Geschäftsführer suchen den Schulterschluss mit den Bauern. Nach außen wird der Neustart durch einen neuen Namen und ein neues Logo sichtbar.
Der heiße und trockene Sommer hat die Dringlichkeit von Schritten in Richtung Kreislaufwirtschaft in der Landwirtschaft noch einmal offensichtlich gemacht. Die Milchbauern im Wipptal haben nun eine hochmoderne Biogasanlage als wichtiges Instrument, um die Landwirtschaft als Akteur im Kampf gegen den Klimawandel zu etablieren.
Die Biogas-Anlage in Pfitsch ist mit ihrer gelben Kuppel schon seit einigen Jahren ein Blickfang an der Hauptverkehrsader im Wipptal. International hat die Anlage einiges an Aufmerksamkeit erregt, da es hier gelungen ist das angelieferte Mist-Gülle-Gemisch vollständig zu verwerten. Bei anderen Anlagen gab und gibt es auch heute immer noch nicht verwertete Bestandteile, die entsorgt werden müssen.
Vollständige Verwertung von Mist und Gülle im Sinne der Dekarbonisierung der Landwirtschaft
Der neuen Technologie wurde im Wipptal zunächst auch mit Skepsis begegnet. Mittlerweile gibt es in Südtirol über 30 Biogasanlagen und in dieser Zeit unsicherer Energieversorgung hat sich das Potenzial der Technik schnell herumgesprochen.
Die Wipptaler Milchbauern sind mit der neuen Anlage sehr gut aufgestellt. Die Erweiterung ist auch nach außen hin klar ersichtlich. Jetzt sind es vier gelbe Kuppeln, die diesen neuen Baustein der landwirtschaftlichen Kreislaufwirtschaft unübersehbar machen. Dafür war eine substanzielle Investition nötig.
Gleich eine kleine Gruppe von Investoren, allesamt aus dem Transportsektor (Fercam, Iveco Gasser, Transbozen), ermöglichen das beeindruckende Wachstum der landwirtschaftlichen Anlage. Ihr Engagement entspringt dem festen Glauben, dass der Treibstoff für ihre Unternehmungen in Zukunft nachhaltig sein muss. Ein Produkt, das sich aus der Vergärung von Mist und Gülle herstellen lässt, ist Bio-Flüssiggas, mit dem heute schon Lkw angetrieben werden. Die hauseigene Bio-LNG(flüssiges Biomethan)-Tankstelle vor der Anlage in Pfitsch steht sinnbildlich für diese neue Antriebsart. Die wesentliche Erweiterung ermöglicht jetzt der Gesamtheit der Wipptaler Milchbauern, ihr ganzes Mist- und Gülleaufkommen abzuliefern.
Nachhaltige Produkte
Flüssiges Biogas ist bei Weitem nicht das einzige Produkt, das hier aus Mist und Gülle gewonnen wird. Die Verknappung von Kohlensäure ist gerade ein brennendes Thema in der Getränkeindustrie. In der Wipptaler Biogasanlage wird natürliche Kohlensäure dem Gärprozess entnommen und kann der Industrie angeboten werden. Ebenso Trockeneis, das zur Kühlung, Reinigung und auch in der Weinherstellung benutzt wird. Ein wichtiges Endprodukt, das die Anlage produziert, ist hochwertiger Dünger in verschiedenen Formen. Es wird Flüssigdünger hergestellt, aber auch Feststoffdünger in Form von Pellets. Mit diesen Produkten ist die Verwertung von Mist und Gülle allumfassend und übrig bleibt Wasser von so guter Qualität, dass es bedenkenlos in den Pfitscher Bach abgegeben werden kann.
Für die Wipptaler Bauern bietet die Zusammenarbeit gleich eine Reihe von Vorteilen. Für Milchbauern in einem gebirgigen Land wie Südtirol war es nie leicht die gesetzlichen Vorgaben bei der Ausbringung von Mist und Gülle einzuhalten. Die Mengen sinken stetig und werden das auch weiterhin tun. Die Frage wohin mit Mist und Gülle kann im Wipptal jetzt einfach beantwortet werden. Wer eine Kooperation eingeht, gibt Mist und Gülle ab und bekommt Gärrest als Dünger, genau in der gewünschten Menge. Das stellt für die Milchbauern eine erhebliche Entlastung dar. Darüber hinaus ist der nährstoffreiche Dünger nahezu geruchslos, was Anrainern und dem Tourismus zugutekommt.
Neuer Name: biwi – Landwirtschaft fürs Klima
Der neue Geist wird mit einem neuen Namen nach außen transportiert. Biogas Wipptal heißt von nun an biwi. Die modernere Kurzform erinnert noch an den ursprünglichen Namen und macht immer noch die Verbindung zum Wipptal klar. Dazu wird mit einem neuen Slogan verdeutlicht, dass hier die Landwirtschaft fürs Klima aktiv ist. Das verspricht auch das neue Logo. Es zeigt eine Kuh, die stolz und doch freundlich dem Betrachter zugewandt und umgeben ist von zwei zu einem Kreis geformten Pfeilen. Diese sollen die Kreislaufwirtschaft symbolisieren, die das Unternehmen ermöglicht. Zugleich steht der Kreis für die Gemeinschaftlichkeit der Bauern.
Die Geschicke von biwi liegen von nun an in neuen Händen. Der engagierte Bürgermeister von Franzensfeste, Thomas Klapfer, ist neuer Präsident und will als solcher eine integrative Rolle in der Wipptaler Milchwirtschaft spielen. Der junge und umtriebige Geschäftsführer Manfred Gius überzeugt mit seinem technischen Know-how und ist voller Ideen für die Zukunft. Beide betonen, dass sie auf Gemeinschaftlichkeit setzten und biwi ein essenzieller Teil der Landwirtschaft ist. Der Umstand, dass 60 Bauern aus dem Wipptal auch Gesellschafter von biwi sind, mag dafür als Beleg gelten.
Gemeinschaftliches Handeln der Landwirtschaft im Vordergrund
Das gemeinschaftliche Handeln, auf dem das Prinzip von biwi beruht, zieht sich als roter Faden durch dieses Herbstfest. Kein Wunder, dass das Geschenk, das biwi den Anwesenden macht ein starkes Symbol dafür sein soll: Jeder bekommt eine Mistgabel, die das neue biwi-Logo trägt. Einer der Anwesenden bekommt dazu noch einen Lkw-Ladung Stroh zugelost. Der Gemeinschaftsgedanke geht noch weiter. Geschäftsführer Gius verrät, ohne konkret zu werden, dass biwi offen ist für neue Kooperationen und für die mitmachenden Bauern noch einige neue Vorteile bieten wird. Bald will man Genaueres dazu verkünden.
Mit dem jüngsten Einstieg bei Bio Energy Glonntal (Anteil von zehn Prozent) wird das Engagement zudem überregional erweitert und die Kreislaufwirtschaft nach Oberbayern gebracht: Auch dort soll nach dem Vorbild von biwi eine Biogasanlage errichtet werden, welche die Dekarbonisierung der Landwirtschaft wesentlich vorantreibt.