Von: luk
Bozen – Die Diskussion um eine weitere mögliche Bebauung jenseites der Reschenstraße in Bozen erhitzt die Gemüter. Während Bürgermeister Renzo Caramaschi das Vorhaben als „einzige Lösung für die Wohnraumkrise“ bezeichnet, tritt die Südtiroler Volkspartei (SVP) auf die Bremse. Der SVP-Parlamentarier und Obmann Dieter Steger warnt vor voreiligen Entscheidungen: „Die Frage ist nicht, wo wir bauen, sondern warum und wie.“ Er verweist auf grundlegende Überlegungen, die noch ausstehen, wie den Bevölkerungsrückgang, die Zukunftsvision der Stadt und die Frage, ob eine Erweiterung auf Kosten des Grünlands überhaupt sinnvoll ist.
Zeit für sorgfältige Planung
Stephan Konder (SVP), Vizebürgermeister von Bozen unterstützt diese zurückhaltende Haltung. „Es ist zu früh, um über eine Erweiterung in Richtung der Apfelplantagen bei Frangart zu sprechen. Die Debatte über den Entwicklungsplan hat gerade erst begonnen, und es wird Jahre dauern, bis konkrete Entscheidungen getroffen werden“, betonte Konder. Die Vorschläge von Bürgermeister Caramaschi bezeichnete er als „voreilige Schritte“.
Auch Luis Walcher, ehemaliger Vizebürgermeister und derzeit Landesrat, schlägt laut “Alto Adige” in dieselbe Kerbe. Für ihn sind der territoriale Entwicklungsplan und der neue städtische Flächennutzungsplan die einzigen geeigneten Plattformen, um über solche Themen zu entscheiden. „Das wird Zeit brauchen“, so Walcher.
Kritik an weiterer Bodenversiegelung
Nicht nur die SVP, sondern auch Experten zeigen sich skeptisch. Der Architekt Claudio Lucchin argumentiert: „Wir sind eines der am stärksten zubetonierten Gebiete in Europa, und Bozen ist bereits stark verbaut. Noch mehr Wohnblöcke hinzuzufügen, erscheint nicht sinnvoll.“ Stattdessen solle man ungenutzte Flächen im Stadtinneren prüfen und ausschließlich öffentlichen Wohnbau fördern, um den Bedarf zu decken.
Ähnlich äußert sich der Stadtplaner Francesco Sbetti, der die Bebauung hinter der Reschenstraße als „letzte Option“ sieht. „Unser Ziel sollte es sein, den Bodenverbrauch so gering wie möglich zu halten und innovative Lösungen zu finden, etwa temporäre Unterkünfte für Arbeitnehmer“, schlug Sbetti vor.
Politischer Gegenwind
Auch aus den Reihen der Opposition gibt es kritische Stimmen. Alessandro Forest (Fratelli d’Italia): „Es ist erfreulich, dass die Stadt sich endlich mit der Wohnraumproblematik beschäftigt, aber die Vorschläge kommen reichlich spät.“ Forest sieht kaum Alternativen zu den vorgeschlagenen Flächen hinter der Reschenstraße und im sogenannten „Grünkeil“ – warnt jedoch vor Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der SVP.
Fazit: Die Diskussion um den Wohnraumbedarf in Bozen bleibt komplex und polarisiert. Während der Bürgermeister schnelle Lösungen fordert, setzt die SVP auf einen langfristigen und bedachten Planungsprozess. Es zeichnet sich ab, dass die kommenden Verhandlungen über den neuen Flächennutzungsplan entscheidend sein werden – mit einem schwierigen Balanceakt zwischen Wohnbedarf und Naturschutz.
Aktuell sind 43 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen