Von: mk
Bozen – Auf der Landesversammlung des Südtiroler Bauernbundes wurden wieder drei Bergbauernfamilien für die mustergültige Führung ihrer Höfe, die Pflege der einmaligen Kulturlandschaft und für den Einsatz für die Allgemeinheit mit dem Bergbauernpreis ausgezeichnet. Der Preis wird von den Raiffeisenkassen Südtirols gestiftet.
Mit dem Bergbauernpreis werden Familien ausgezeichnet, die unter schwierigen Bedingungen hoch oben am Berg Besonderes leisten. Sie stellen lokale Qualitätsprodukte her und erhalten durch ihre tagtägliche Arbeit die Landschaft Südtirols. Hinzu kommt, dass viele Bergbäuerinnen und Bergbauern – trotz der vielen Arbeit – in Vereinen und Verbänden aktiv sind, sowie Bräuche und Traditionen pflegen.
Mit dem Bergbauernpreis 2018 möchten der Südtiroler Bauernbund und die Raiffeisenkassen Südtirols drei Bergbauernfamilien für ihre ganz besonderen Leistungen danken. Der Bergbauernpreis ist aber auch eine Anerkennung für die Tausenden Bergbauernfamilien, die Ähnliches leisten. Die drei Bergbauernpreis-Träger 2018 sind die Familien Ludwig, Federspieler und Paris.
Familie Peter und Monica Ludwig mit Anna, Maria, Verena und Andrea vom Hof Oberleiten in St. Peter im Ahrntal
Acht Hektar eigene, sehr steile Wiesen und elf Hektar gepachtete Wiesen werden von Peter und Monica Ludwig bis zu drei Mal im Jahr gemäht. Hinzu kommen noch drei Hektar Almwiesen und 22 Hektar Wald. Das Futter der Wiesen reicht für die knapp 30 Stück Vieh im Stall. Das Haupteinkommen am Hof kommt vom Verkauf der Bio-Heumilch an Bergmilch Südtirol.
Der besondere Stolz der Familie Ludwig ist die geschichtsträchtige Tauernalm (145 Hektar) mit dem Almausschank und dem Almstall, die nach einem Lawinenabgang im Jahr 2000 wieder aufgebaut wurden. Noch heuer will Peter Ludwig mit einer Almkäserei starten und die Milch der gealpten Tiere vor Ort verarbeiten. Viele Jahre hat der Bauer für einen zeitgemäßen Almweg zur Tauernalm gekämpft.
Laufend hat die Familie in die Verbesserung des Hofes investiert. So wurden u.a. ein Laufstall errichtet und das Wirtschaftsgebäude neu gebaut. Auch der Maschinenpark ist Schritt für Schritt modernisiert worden und ermöglicht, dass der Hof fast zur Gänze von der eigenen Familie bewirtschaftet werden kann. Neben der mustergültigen Führung des Hofes mit seinen 112 Erschwernispunkten war der Familie Ludwig stets das Ehrenamt ein Herzensanliegen. Bäuerin Monica Ludwig ist Ortsbäuerin, Tochter Anna Ludwig bei der Südtiroler Bauernjugend auf Orts- und Bezirksebene aktiv. Peter Ludwig war u. a. im SVP-Ortsausschuss, drei Perioden Obmann des Bauernrates Ahrntal und in der Fraktionsverwaltung. Derzeit ist er im Gemeinderat, im Führungsausschusses des Naturparks Riesenferner Ahr und Obmann-Stellvertreter des Bauernrates Ahrntal.
Gottfried Federspieler und Doris Stoffner mit Sarah und Sophie vom Gostnerhof in Lüsen
Der Gostnerhof der Familie Federspieler ist ein klassischer Eisacktaler Milchviehwirtschaftsbetrieb. Zum Hof gehören 8 Hektar steile Wiesen, 15 Hektar Wald und etwa 35 Nutztiere, darunter ein Stier.
zehn Hektar Wiesen eines benachbarten Hofes und eine Alm hat Gottfried Federspieler gepachtet, die ebenfalls bewirtschaftet werden. Die Milchwirtschaft stellt am Gostnerhof die Haupttätigkeit dar. Derzeit ist die Umstellung auf Heumilch in Planung.
Eine Besonderheit am Hof ist, dass die Milch mit einer kleinen Materialseilbahn ins Tal zur Milchsammelstelle befördert wird, bevor sie aufgeladen und an den Milchhof Brixen BRIMI geliefert wird. Den extremen Bergbauernhof führen Gottfried und Doris mit ihren Töchtern Sarah und Sophie in Vollerwerb. Unterstützt werden sie zudem von den Geschwistern und den Eltern Josef und Flora Federspieler, die, obwohl sie beide schon über 80 Jahre alt sind, noch immer am Hof mithelfen.
Als einer der ersten hat Gottfried Federspieler einen Laufstall errichtet. Auch ein Zubau zur Garage wurde errichtet und derzeit ein Kälberzustall. Viel Zeit haben Josef und Gottfried Federspieler dem Ehrenamt gewidmet. Altbauer Josef Federspieler ist seit Jahrzehnten bei den Schützen. Gottfried Federspieler ist bei der Ortsgruppe des Südtiroler Bauernbundes (früher als Ortsobmann), beim Viehversicherungsverein, im Gemeinderat, bei der Feuerwehr, in der Höfekommission und beim Maschinenring aktiv.
Harald und Roswitha Paris mit Daniel, Christian und Lukas vom Hof Mairing in Nördersberg bei Schlanders
Nicht vom Vater, sondern von Onkel Alois Weiss hat Harald Paris den Hof Mairing am Nördersberg übernommen, nachdem die junge Familie den Hof einige Jahre in Pacht hatte. Harald und Roswitha Paris und die Kinder Daniel, Christian und Lukas bewirtschaften den Hof mit seinen knapp 7 Hektar Wiesen und Äckern seit 2010 biologisch. Dank dreier Standbeine kann der Hof Mairing im Vollerwerb geführt werden.
Am Hof bauen Harald und Roswitha Paris verschiedenstes Biogemüse an, das direkt ab Hof an Private, an Fachgeschäfte und an die Schulmensa in Schlanders verkauft wird. Der Gemüseanbau stellt das Haupteinkommen der Familie dar und lässt sich optimal mit dem zweiten Standbein, der Milchviehwirtschaft, kombinieren. Die Gemüseanbaufläche wechselt Harald Paris regelmäßig mit Grünland ab. Der Mist der Rinder wird als Dünger im Gemüseanbau verwendet. Die Bio-Heumilch wird an Bergmilch Südtirol geliefert.
Das dritte Standbein ist der Urlaub auf dem Bauernhof. Neben der Familie helfen auch Alois und Adelheid Weiss am Hof mit. In den letzten Jahren wurde der Hof schrittweise den Erfordernissen angepasst und erneuert. Besonders die Holzarbeiten hat Harald Paris, der ein gelernter Tischler ist, selbst ausgeführt.
Harald Paris ist auch ehrenamtlich aktiv. So ist er u.a. im Verwaltungsrat des Beratungsringes für die Berglandwirtschaft BRING, im Ausschuss des Bodenverbesserungskonsortiums und des Maschinenrings Vinschgau sowie als Schätzmann beim Viehversicherungsverein Nördersberg tätig.
Herausforderung „Nachhaltigkeit“ gestalten
Um Nachhaltigkeit nicht nur im Sinne von Ressourcen- und Umweltschutz ging es bei der Landeversammlung des Südtiroler Bauernbundes im Waltherhaus Bozen. Mindestens gleich wichtig muss der wirtschaftliche Erfolg der bäuerlichen Betriebe und Familien sein. Auch das ist Nachhaltigkeit, war man sich einig.
Zum Schluss der Veranstaltung ein emotionaler Moment: Der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler dankt Hans Berger nicht nur für seine Verdienste für den Südtiroler Bauernstand, wie es auf der Ehrenurkunde des Südtiroler Bauernbundes steht. Fischler beschrieb Berger als geradlinigen, aufrechten, klardenkenden und optimistischen Menschen, der etwas erreichen wolle. Er fasst in seiner Laudatio den Dank des Bauernbundes aber noch weiter: „Deine große Leistung als Landesrat und später als Senator liegt darin, zusammenzuführen, was im Wort ‚Landwirtschaft‘ bereits vereint ist: das Land als Landschaft, die es zu bewahren gilt, und die Wirtschaft, die die Vereinbarkeit zwischen dem Erhalt der Natur und den Notwendigkeiten der Produktion darstellt. Du warst ein Segen für Südtirol.“
Hans Berger wiederum nutzte die Gelegenheit, sich zu bedanken: bei Franz Fischler, dem er unumwunden seine große Hochachtung bekundete, dem Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder, der ihm die Landwirtschaft überantwortet hatte und ihn entsprechend eingeführt hatte in diese verantwortungsvolle Aufgabe, dem Bauernbund als Gesprächspartner, wenn es um neue Herausforderungen ging, sowie seinem Team in der Brennerstraße über all die Jahre in seiner Funktion als Landesrat. Er bedankte sich aber auch bei den Bauern: für das Verständnis für Entscheidungen, die getroffen werden mussten, auch wenn es manchmal schwer war das zu akzeptieren. „Denn die Politik muss schauen, was machbar ist. Da sind Kompromisse notwendig“, sagte er zum Abschluss.
Nachhaltigkeit auch durch Wirtschaftlichkeit
Um zukünftige Entwicklungen in der Landwirtschaft ging es in Worten von Landesobmann Leo Tiefenthaler: „Wohin wird sich die Landwirtschaft entwickeln?“, fragte er und gab einige Denkanstöße als Antwort: „Die Megatrends der Ökologisierung und Nachhaltigkeit sind wichtige Anhaltspunkte: Aber wenn wir die Entwicklung der letzten Jahrzehnte anschauen, hat sich in dieser Hinsicht schon viel getan.“ Der Weinbau setze auf Qualität, die Berglandwirtschaft garantiere in Laufställen und durch die Alpung Tierwohl, die Anzahl der Biobetriebe steige kontinuierlich und auch der Ressourcen-Schutz werde ständig verbessert. „Nachhaltigkeit muss aber nicht nur in der Produktion gewährleistet werden, auch das Überleben der bäuerlichen Familien am Hof muss garantiert werden, indem sie wirtschaftlich produzieren können. Auch das ist Nachhaltigkeit!“, unterstrich Tiefenthaler. Dazu brauche es unter anderem technische Innovationen, schnelles Internet bis an den letzten Hof und Möglichkeiten des Zuerwerbs durch Nischenkulturen oder durch das Angebot von Dienstleistungen, wie sie in der Sozialen Landwirtschaft teils bereits umgesetzt werden.
Marke Südtirol mit Thema Nachhaltigkeit aufladen
Im Festvortrag ging EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann auf die großen Herausforderungen und Ziele der Europäischen Landwirtschaft ein und brach sie auf Südtiroler Niveau herunter: Neben der Einkommenssicherung für bäuerliche Familienbetriebe, der Risikoabsicherung in der landwirtschaftlichen Produktion, der Innovation und der stärkeren Unterstützung für benachteiligte Gebiete wie es Südtirol ist, sprach er sich auch dafür aus, dass die Politik ihr Möglichstes tun müsse, damit Bauern für ihre Produkte vernünftige Preise erhalten. Entbürokratisierung und eine starke Vernetzung durch freie Märkte nannte er als weitere Themen mit Entwicklungsbedarf. Aber auch Dorfmann strich ein Thema als besonders wichtig heraus und appellierte an die Anwesenden: „Wir müssen Nachhaltigkeit als Chance sehen und nicht als lästige Forderung von außen!“ Er persönlich könne sich auch ein Bio-Dorf oder ein Bio-Tal vorstellen, das als Pilotprojekt von der EU Unterstützung erfahren könnte, und forderte gleichzeitig zur sachlichen Diskussion zu diesem Thema auf: „Wir müssen die Marke Südtirol mit dem Thema Nachhaltigkeit aufladen.“
Bauern die nötige Zeit geben
Auch Direktor Siegfried Rinner sprach sich für eine Weichenstellung in der Landwirtschaft aus. Allerdings dürfe man sich keine Wunder erwarten: „Auch die Welt ist nicht an einem Tag erschaffen worden“, sagte er, deshalb muss den Bauern genügend Zeit eingeräumt werden, um sich Schritt für Schritt weiter zu entwickeln.“ Zudem müsse von der Politik ein klares Bekenntnis zur Landwirtschaft kommen, und zwar auf Landesebene gleich wie in Rom oder Brüssel.
Kein Lokalaugenschein ohne Grundbesitzer
Landeshauptmann Arno Kompatscher nahm diese Herausforderung an und ging auf die aktuellen Themen der Landwirtschaft ein: Das neue Gesetz zur Raumordnung sei nach langen, recht kontroversen Diskussionen nun auf einem guten Punkt: „Eines muss klar sein“, sicherte er den Bauern zu, „künftig wird es keinen Lokalaugenschein ohne Grundbesitzer geben!“ Zum Thema Großraubwild habe es in letzter Zeit einige positive Entwicklungen gegeben: „Wir sind sehr dahinter“, sagte Kompatscher, „Wir sind dabei, starke Partner für unsere Anliegen zu finden.“
Großraubwild: Konfliktsituation lösen
Auch Landesrat Arnold Schuler gab sich kampfbereit: Die Konfliktsituation zwischen großen Räubern und dem Menschen im Alpenraum müsse gelöst werden, forderte er. Insgesamt stehe die Südtiroler Landwirtschaft aber gut da: „Wir können stolz sein auf das, was wir erreicht haben. Das ist eine gute Basis für unsere Kinder und Enkel, damit sie weiter Landwirtschaft betreiben können.“
Steinkeller-Stiftungspreis an Familie Pupp
Der Förderbeitrag der Steinkeller-Stiftung ging in diesem Jahr an Familie Pupp vom Ansitz Gravetsch in Villanders. Präsident Siegfried Brugger unterstrich in seiner Rede den Wert der bäuerlichen Kulturdenkmäler für das Südtiroler Landschaftsbild. Die Stiftung helfe dabei, diese zu erhalten. Darüber hinaus, oder vor allem, brauche es dafür die Familien, die voll dahinter stehen: „Das ist eine große Leistung, weil es viel Bürokratie und einen großen finanziellen Aufwand bedeutet. Und man spürt förmlich, wie viel Herzblut dahinter steckt“, würdigte Siegfried Brugger die Leistung der Preisträger, der Familie Pupp vom Ansitz Gravetsch in Villanders.
Der Ansitz Gravetsch in Villanders hat eine herrschaftliche Geschichte. Familie Pupp bewirtschaftet den Bauernhof seit dem Jahr 1902 und baute ihn nach einem Brand wieder auf. In den vergangenen 15 Jahren wurde die denkmalgeschützte Anlage Schritt für Schritt saniert. Neben den erneuerten Dachstühlen und -deckungen wurden wertvolle Elemente, wie die Stube aus dem 16. Jahrhundert, die traditionelle Selch und die Kapelle mit Sakristei, in mühevoller Arbeit erhalten.