Wolf und Bär

Ein Bauer aus Martell erhebt auf ungewöhnliche Weise Einspruch

Samstag, 09. November 2024 | 10:54 Uhr

Von: mk

Martell – Sein Protest gegen die wachsende Wolfspopulation in Südtirol wirkt auf den ersten Blick ganz unspektakulär – ohne Mahnfeuer oder Bilder eines zähnefletschenden Raubtiers. Stattdessen setzt Landwirt Erich Eberhöfer aus Martell ein leises Zeichen, das zum Nachdenken anregt: Er verzichtet auf die Schafzucht und lässt seine Wiesen absichtlich brachliegen.

Mit diesem Schritt hofft er, auf die Bedrohung aufmerksam zu machen, die Bär und Wolf auf die Berglandwirtschaft ausüben, und sowohl die Bevölkerung als auch die Politik aufzurütteln. Den Menschen soll klar werden, welche Folgen die Anwesenheit von Großraubtieren in einem Gebiet wie Südtirol hat.

“Im vergangenen Jahr gab es in unserem Tal mehrere Wolfsangriffe und auch dieses Jahr wurden mehrere Tiere getötet”, erklärt der Landwirt. Um seine Schafe vor so einem Schicksal zu bewahren, beschloss der passionierte Landwirt, sich von ihnen zu trennen und die Zucht aufzugeben. Die Entscheidung fiel ihm nicht leicht, dennoch hielt er sie für notwendig.

“Solange Wölfe und Bären hier herum streifen, ist eine sichere Tierhaltung nicht möglich. Die Herden können auf unseren Almen nicht geschützt werden, und die Tiere den ganzen Sommer über im Stall zu lassen, kommt für mich nicht infrage”, betont Erich Eberhöfer.

Um die Öffentlichkeit stärker zu sensibilisieren, hat er nicht nur die Schafzucht eingestellt, sondern er mäht auch seine vier Hektar großen Wiesen nicht mehr. Dadurch hat sich das Landschaftsbild deutlich verändert: Wo einst saftig grüne Wiesen blühten, breitet sich nun braunes Gestrüpp aus. “Ich lasse alles brachliegen, damit die Leute sehen können, was passiert, wenn wir Landwirte aufhören zu arbeiten”, erklärt der Bergbauer.

Facbook/Südtiroler Landwirt

Diese bewusste Vernachlässigung hat weitreichende Folgen, die sich nicht nur auf das Landschaftsbild negativ auswirken. Die ungepflegten Wiesen erhöhen die Gefahr von Lawinen und Erdrutschen. Außerdem leidet die Artenvielfalt, wenn Wiesen zu stark zuwachsen.

Der Protest von Erich Eberhöfer wird von der Ortsgruppe des Südtiroler Bauernbundes unterstützt, die mit Drohnen eindrucksvolle Fotos gemacht haben, um den Unterschied zwischen bewirtschafteten und ungenutzten Flächen zu verdeutlichen. Die Bauervertreter sind überzeugt: Für die Bergbauern ist die Arbeit bereits schwierig genug. Die Ausbreitung von Wölfen und Bären gefährdet die Tierhaltung und damit die gesamte Berglandwirtschaft. „Es geht um den Erhalt der gesamten Berglandwirtschaft“, erklärt Ortsobmann Armin Oberhofer.

Facebook/Südtiroler Landwirt

Eberhöfer fordert von der Politik eine Regulierung von Bär und Wolf: “Auch Nutztiere haben ein Recht auf Schutz. Wir hoffen, dass unsere Kampagne die Menschen wachrüttelt und endlich Maßnahmen ergriffen werden.” Wie lange er seine Wiesen brachliegen lassen wird, ist noch unklar. Der Bauer sieht sie als Mahnmal dafür, was mit der Kulturlandschaft passiert, wenn die Bergbauern ihre Arbeit einstellen.

Bezirk: Vinschgau

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