Von: mk
Bozen – Arbeitsverträge auf Zeit sind weiterhin die Achillesferse des Südtiroler Arbeitsmarkts. Seit Herbst 2017 sind diese von 66.863 auf 71.676 gestiegen, also um genau 4.813 Einheiten (+7,2 Prozent) – zeitgleich sind nur 2.024 unbefristete Verträge dazugekommen (+1,4 Prozent). Die befristeten Arbeitsverträge wachsen also fünfmal so schnell. Besonders auffällig ist der zweistellige Zuwachs in den Bereichen Private Dienstleistungen, Bauwirtschaft und Handel. „Der Jobs-Act hat für Südtirol nicht die angekündigte Wirkung erzeugt, nämlich eine Stabilisierung der Arbeitsverhältnisse“, kommentiert AFI-Direktor Stefan Perini.
Mit 219.525 Arbeitnehmern in ganz Südtirol verzeichnete das dritte Quartal 2018 einen Zuwachs von +3,2 Prozent an lohnabhängiger Beschäftigung gegenüber demselben Quartal des Vorjahres. Doch in diesem Herbst äußern sich die Arbeitnehmer vorsichtiger zur Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt in den nächsten zwölf Monaten.
Landwirtschaft: Mehr Zuversicht, mehr Festanstellungen
Im Sektor Landwirtschaft sehen Arbeitnehmer weniger Risiko, ihre Arbeit zu verlieren. Hatte sich im Vorjahr noch rund jeder fünfte landwirtschaftliche Arbeitnehmer nach einer neuen Stelle umgesehen, so waren es im letzten Quartal nur mehr zwölf Prozent. Im Unterschied zu den übrigen Branchen haben in der Landwirtschaft die unbefristeten Verträge stärker zugenommen (+8,2 Prozent) als die befristeten (+3,1 Prozent).
Verarbeitendes Gewerbe: Job wechseln ist „in“
Den Arbeitnehmern im Verarbeitenden Gewerbe scheint es besonders leicht zu fallen, sich nach einem neuen Job umzusehen: Mehr Arbeitnehmer als sonst in dieser Branche üblich haben das in den letzten zwölf Monaten getan, und zwar jeder fünfte. Weil die Branche besonders exportabhängig ist, stellt sich die Frage, ob dieser Trend anhält. Die allgemeine Einschätzung der Südtiroler Arbeitnehmer zum weiteren Konjunkturverlauf hat sich im Herbst-Barometer des AFI jedenfalls zum zweiten Mal in Folge eingetrübt – wenn auch von hohem Niveau aus.
Baugewerbe: Zuversicht eingebremst
Drei Jahre lang schauten im AFI-Barometer die Arbeitnehmer der Bauwirtschaft besonders zuversichtlich auf die Wirtschaftsentwicklung, aber in der aktuellen Herbst-Umfrage treten sie kurz und deutlich auf die Bremse. Die Aussichten auf geringe Arbeitslosigkeit in der Branche sind aber nach wie vor optimistisch. Dank Bauboom suchen weniger Beschäftigte aktiv nach einer neuen Arbeit als letztes Jahr. Die Schwierigkeiten, einen neuen Job zu finden, werden als wesentlich geringer empfunden.
Handel: Die Sorge mit dem Lohn, der nicht reicht
Im Handel ist das Stimmungsbild zur Entwicklung der Südtiroler Wirtschaft seit zwei Jahren unverändert. Anders schaut es bei den Sorgen um den Lohn aus, der nicht reicht. Dieser Indikator hat in den letzten zwölf Monaten fünf Indexpunkte verloren und ist mit aktuell minus vier im roten Bereich. Aktiv um einen neuen Job bemüht hat sich im letzten Jahr fast jeder fünfte Arbeitnehmer dieser Branche, obwohl die Jobsuche weiterhin als vergleichsweise schwierig gilt.
Hotel und Gastgewerbe: Flut bei Konjunktur, Ebbe im Geldbeutel
Volle Hotels und Gaststätten befeuern die Stimmung der Angestellten in der Tourismuswirtschaft: Im Gegensatz zum landesweiten Trend sehen sie die Wirtschaftsentwicklung ein weiteres Mal positiv. Der entsprechende Indikator im AFI-Barometer zeigt den höchsten Wert von allen Sektoren an. Die Arbeitnehmer im Hotel- und Gastgewerbe finden es aber nach wie vor schwierig, mit dem Lohn über die Runden zu kommen.
Öffentlicher Sektor: Geld ansparen in naher Zukunft möglich
Die hohe Arbeitsplatzsicherheit in diesem Sektor bestätigt sich im unterdurchschnittlichen Anteil jener, die aktiv nach einem neuen Job suchen (zehn Prozent). Die ausbleibende Lohndynamik färbt allerdings auf das Stimmungsbild der beamteten Arbeitnehmer ab. Dennoch glauben sie, dass sich rein perspektivisch die Möglichkeiten, in den nächsten zwölf Monaten Geld anzusparen zu können, etwas verbessert haben. Auffallend positiv ist ihre Einschätzung der erwarteten Arbeitslosigkeit in Südtirol.
Private Dienstleistungen: Hier boomt die befristete Beschäftigung
Der Dienstleistungssektor bringt im Zwölf-Monate-Vergleich um +3,1 Prozent Angestellte mehr auf die Waage. Allerdings geht dieser Zuwachs fast ausschließlich auf das Konto der befristeten Verträge (+14,1 Prozent versus +0,2 Prozent unbefristete). Trotz des Beschäftigungsbooms ist der Optimismus von früher vorbei. Alle Indikatoren der Branche bleiben in den letzten zwölf Monaten unverändert oder zeigen leicht nach unten. Hatte das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung Südtirols noch Ende letzten Jahres ein historisches Maximum erreicht, so ist es seitdem rückläufig.
Abrufbar ist der AFI-Branchenspiegel – Herbst 2018 auch als PDF auf der Homepage des Instituts: www.afi-ipl.org