Von: mk
Bozen – Der Landesausschuss des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV) rückt verstärkt die Fragen der touristischen Entwicklung und der Auswirkungen des Tourismus auf Südtirol und andere Wirtschaftsbereiche in den Mittelpunkt. Bei seiner letzten Klausurtagung befasste sich der Landesausschuss des HGV ausführlich mit der Frage, ob die touristische Entwicklung in Südtirol gezielter gelenkt werden soll und ob die Tourismusgesinnung der Bevölkerung in Südtirol schwindet.
Der Landesausschuss des HGV ist sich einig, dass Südtirols Tourismus nur dann weiterhin erfolgreich betrieben werden kann, wenn der Tourismus möglichst im Einklang mit der Bevölkerung gestaltet wird und Südtirols Bevölkerung möglichst positiv zum Tourismus und dessen Betrieben steht.
Grundlage hierfür ist eine im Auftrag des HGV durchgeführte repräsentative Befragung von GfK Österreich zur Einstellung der Südtiroler Bevölkerung zum Tourismus und dessen Chancen und Herausforderungen in den nächsten Jahren. „Wir als HGV nehmen jede kritische Äußerung über den Tourismus ernst und wissen sehr wohl, dass sich der Gast bei uns nur dann wohlfühlt, wenn sich auch unsere Mitbürger in ihrem Gebiet wohlfühlen. Der Tourismus ist in vielen Gebieten Südtirols zum wichtigsten Arbeitgeber geworden und hat dadurch zur Entwicklung speziell auch der peripheren Orte und Fraktionen beigetragen, indem junge Menschen dort Arbeitsplätze gefunden haben und sich auch neue Existenzen aufbauen konnten“, unterstreicht HGV-Präsident Manfred Pinzger. Die Ergebnisse der Studie, so hofft der HGV, führen nun zu einer objektiveren Diskussion und dienen als Grundlage für eine fruchtbare Debatte aller touristischen Akteure über die Frage, wie sich die touristische Entwicklung Südtirols in Zukunft gestalten soll.
Tourismus ist wichtig für die Entwicklung im Land
Zu den Ergebnissen der Umfrage im Einzelnen: Die repräsentative Studie hat zunächst die Wichtigkeit des Tourismus für die künftige Entwicklung Südtirols erhoben. Demnach erkennen 80 Prozent der Befragten, dass der Tourismus sehr wichtig für die Entwicklung Südtirols ist, weitere 15 Prozent stufen diesen Sektor als eher wichtig sein. Vier Prozent meinten weniger wichtig. 95 Prozent der Befragten schreiben dem Tourismus somit eine zentrale Rolle in der Entwicklung Südtirols bei.
Neben dem Tourismus wurden auch weitere Faktoren abgefragt, welche die Südtirolerinnen und Südtiroler als wichtig für die Zukunft erachten. Das erlaubt, den Tourismus im Kontext der weiteren für die Bevölkerung wichtigen Zielsetzungen für die Entwicklung des Landes einzuordnen: An erster Stelle liegt dabei die Schulausbildung im Land, welche 86 Prozent der Befragten als sehr wichtig einstufen. An zweiter Stelle folgt der Tourismus (80 Prozent), gefolgt vom Handel und Handwerk, welche 75 Prozent als sehr wichtig und 23 Prozent als eher wichtig bewerten. Für 76 Prozent der Befragten sind die öffentlichen Verkehrsmittel sehr wichtig, 72 Prozent gaben gute Internet- und Breitbandverbindungen an, 54 Prozent meinten, dass die Dorf- und Stadtentwicklung und somit die urbanistischen Rahmenbedingungen sehr wichtig sind. Ein Ausbau der Verkehrswege erachten 33 Prozent als sehr wichtig.
Die Umfrage ging auch der Frage nach, welche Auswirkungen des Tourismus die Bevölkerung wahrnimmt. An oberster Stelle in der Wahrnehmung steht dabei das gastronomische Angebot. 66 Prozent der Befragten stimmen der Aussage voll zu, dass die hohe Qualität in der Gastronomie auf den Tourismus zurückzuführen ist. An zweiter Stelle der Auswirkungen wird die hohe Verkehrsbelastung durch den Tourismus gereiht. 64 Prozent meinen, dass dies voll zu trifft, 24 Prozent meinen, dass dies eher zu trifft, zehn Prozent meinen, dass diese Aussage weniger zutrifft. 59 Prozent sehen es als voll zutreffend an, dass der Tourismus Auswirkung auf die steigenden Lebenshaltungskosten hat. Auswirkungen auf die Wertschöpfung im Handel, Landwirtschaft, Handwerk und Industrie bejahen 53 Prozent voll und ganz.
Interessant ist das Ergebnis, wonach mit dem Tourismus ein größeres Angebot an Freizeitmöglichkeiten geschaffen wird. Für 44 Prozent trifft dies voll zu, 34 Prozent eher zu und nur für 15 Prozent trifft dies nicht zu.
Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch touristische Bauten wird von 40 Prozent der Befragten voll geteilt, für 37 Prozent trifft die Beeinträchtigung eher zu und 23 Prozent meinen, dass diese Auswirkung wenig bis gar nicht zutrifft.
Ein wichtiger Teil der Umfrage war die Frage nach den Herausforderungen für den Tourismus in Südtirol. 77 Prozent der Befragten stimmen der Stärkung einer generell sanften Entwicklung zu: Im Tourismus soll weiterhin die Qualität vor der Quantität stehen.
Für 62 Prozent der Befragten ist die Förderung des gegenseitigen Verständnisses zwischen Einheimischen und Urlaubsgästen sehr wichtig, 60 Prozent stimmen der Forderung nach attraktiveren Arbeitszeitmodellen für Einheimische zu. Für ebenso 60 Prozent der Befragten ist die bessere Erreichbarkeit Südtirols durch öffentliche Verkehrsmittel wichtig. 54 Prozent votierten für eine bessere Kommunikation zwischen Bevölkerung und Gast und eine Verbesserung der Verkehrsströme in Südtirol.
Ein weniger klares Bild ergibt die Frage nach der Einführung von Zugangsbeschränkungen von zu stark besuchten Ausflugszielen, wie etwa Pragser Wildsee, oder Drei Zinnen. 36 Prozent der Befragten stimmen dieser Forderung zu, 24 Prozent eher zu, 20 Prozent stimmen weniger zu und 18 Prozent sprechen sich dagegen aus.
Ein Blick in die Subgruppe jener Befragten, die selbst im Tourismus beruflich tätig sind, lohnt: Die Stärkung einer sanften Entwicklung im Tourismus (77 Prozent aller Befragten sprechen sich dafür aus) wird von Personen, welche selbst im Tourismus tätig sind, zu 69 Prozent mit „stimme zu“ unterstützt. Zusammen mit der Antwortkategorie „stimme eher zu“ sind es 91 Prozent der Befragten, die dem zustimmen. Noch ausgeprägter ist die Ansicht bei jenen Befragten, welche keine Verbindung zum Tourismus haben. 79 Prozent stimmen einer sanften Entwicklung zu, 15 Prozent stimmen eher zu.
Schließlich wurde die Frage ganz generell gestellt, welchen Einfluss das Hotel- und Gastgewerbe auf die Wirtschaft in Südtirol hat. Für 95 Prozent der Befragten überwiegen die Vorteile des Tourismus in Südtirol, für fünf Prozent die Nachteile.
Die Ergebnisse der Umfrage „Einstellungen zum Tourismus in Südtirol“ sind für den HGV sehr hilfreich in der zukünftigen Ausgestaltung der Entwicklung der touristischen Betriebe.
„Die Vorteile des Tourismus überwiegen für die Bevölkerung deutlich. Für den HGV ist das die Bestätigung unserer Arbeit und Auftrag zugleich. Wir nehmen die Herausforderungen und Sorgen der Bevölkerung Südtirols ernst und werden uns für weitere Verbesserungen einsetzen. Ein hohes Vertrauen bedeutet eine große Verantwortung – und diese wollen wir als HGV auf der Basis dieser Ergebnisse verstärkt wahrnehmen“, sagten HGV-Präsident Manfred Pinzger und die Vizepräsidenten Helmut Tauber und Gottfried Schgaguler.