Von: mk
Bozen – Die Positionen der italienischen Verkehrsministerin und der europäischen Verkehrskommissarin in Bezug auf die prekäre Transitsituation am Brenner sind für den Dachverband für Natur- und Umweltschutz ernüchternd.
„Trotz heftigen Gegenwindes hält Nordtirol aber an den Maßnahmen fest und wird auch von der österreichischen Bundesregierung in seiner Haltung bestärkt. Ganz anders der Euregio-Partner Südtirol: Die Politiker hierzulande verstecken sich hinter den angeblich fehlenden Daten, um endlich auch Maßnahmen auf der Brennerautobahn durchsetzen zu können. Nordtirol braucht diese Ausreden nicht“, erklären die Umweltschützer.
Die während des Südtirol-Besuchs von Verkehrsministerin De Micheli und Verkehrskommissarin Vălean bekräftigten Positionen zur Verkehrsbelastung in Südtirol seien mehr als ernüchternd. Der freie Warenverkehr dominiere sowohl die nationale als auch die europäische Politik, das Grundrecht auf Gesundheit werde offensichtlich mit Füßen getreten. „Unsere Lokalpolitiker machen auch noch gute Miene zum bösen Spiel. Was ist denn in den letzten Legislaturen zum Thema Verkehr und Transit in Rom passiert?“, fragt der Dachverband.
Laut den Umweltschützern sollten sich Südtirols politische Vertreter an ihren Nordtiroler Kollegen ein Beispiel nehmen. „Dort verteidigt Landeshauptmann Platter robust und solide die bis dato getroffenen Maßnahmen zur Transitreduzierung und bekommt auch von der Bundesregierung in Wien offen und klar Unterstützung. Die Positionen der Landeshauptleute in der Euregio könnten also unterschiedlicher nicht sein. Um die weiterhin fehlenden konkreten Handlungen und Maßnahmen zu verteidigen, verweist man auf Südtiroler Seite auf eine scheinbar nicht ausreichende Datengrundlage. Man wolle die Verkehrsdaten besser erheben. Eigenartig nur, dass auf Nordtiroler Seite die Datengrundlage für weitgehende verkehrsreduzierende Maßnahmen offensichtlich ausreicht. So divergierend können die Verkehrsdaten zwischen dem Nordtiroler Gries am Brenner und der Südtiroler Gemeinde Brenner gar nicht sein, als das man sich hier außer Stande sieht, endlich ins Handeln zu kommen. Zudem herrscht im Gegensatz zu Österreich in Italien eine streckenabhängige Maut. Jede Ein- und Ausfahrt von verschiedenen Fahrzeugkategorien ist individuell nachverfolgbar, da ja auch entsprechend bemautet wird. Aber auch diese zusätzlichen Daten scheinen immer noch nicht auszureichen“, so der Dachverband.
Äußerst problematisch sei diese einseitige politische Haltung gleich auf mehreren Ebenen. „Lokal geht es um das Recht auf Gesundheit und Lebensqualität von zehntausenden Menschen, die in den Stickoxid-Überschreitungsgebieten leben und arbeiten müssen. Daneben verursachen Staus und Unfälle durch das ungehemmte Verkehrswachstum enorme volkswirtschaftliche Kosten. Und nicht zu vergessen die klimaschädliche Dimension eines Umwegverkehrs dieser Größenordnung. Hunderte Millionen von LKW-Kilometern pro Jahr, die nur gefahren werden, weil die Fahrt über den Brenner die betriebswirtschaftlich günstigste ist. Allein dieser zusätzliche CO2-Ausstoß ist gigantisch“, betont der Dachverband.
Die neue EU-Kommission feiere sich für den „European Green Deal“ – deren Transportkommissarin verteidige aber weiterhin ein in höchstem Maße klimafeindliches System. Diese Ambivalenz wird der Dachverband für Natur- und Umweltschutz über seine Netzwerke bis nach Brüssel tragen. „Die Südtiroler Politik hat dies bisher leider versäumt“, heißt es abschließend in einer Pressemitteilung.