Von: APA/Reuters
Der neueste Stellenabbau bei Tesla könnte Auswirkungen weit über den Autobauer hinaus haben. Die Entscheidung von Firmenchef Elon Musk, die Leiterin des Supercharger-Programms und einen großen Teil ihres Teams zu entlassen, dürfte den Ausbau des Schnellladenetzes an den US-Highways erschweren.
Tesla galt als wichtiger Geschäftspartner für das Ziel der Regierung von Joe Biden, an US-Schnellstraßen 500.000 neue Ladesäulen zu bauen, und hat bereits den Zuschlag für einige neue Ladeparks erhalten. Wenn der Elektroautopionier hier zurückstecken würde, dürfte es für Biden schwieriger werden, dieses Ziel zu erreichen.
Schon jetzt berichten die Chefs von anderen Ladesäulen-Anbietern, dass sie Anrufe von Grundeigentümern erhalten, die eigentlich mit Tesla zusammenarbeiten wollten, jetzt aber eine Alternative suchen. Falls nun auch noch öffentliche Grundstückseigentümer neue Partner suchen müssten, könnte es eng werden. Aatish Patel, Mitgründer des Ladesäulen-Anbieters XCharge North America geht fest davon aus, dass sich das Ausbauprogramm verzögern wird. “Das ist keine Frage.”
Die US-Regierung hat im vergangenen Jahr ein fünf-Milliarden-Dollar-Programm mit der Abkürzung NEVI (National Electric Vehicle Infrastructure) aufgelegt, mit dem binnen fünf Jahren 500.000 Ladesäulen gebaut werden sollen. Tesla hat sich das größte Stück an diesem Kuchen gesichert, seine Supercharger galten als entscheidendes Puzzleteil in Bidens Ladesäulen-Plan. Wenn das Unternehmen jetzt den Rückzug antritt, müssen wohl einige Parks neu ausgeschrieben werden. “Viele dieser Ladeparks werden nicht in diesem Jahr oder im vereinbarten Zeitraum errichtet werden können”, sagte der Ladesäulen-Unternehmer Patel.
Nach Angaben des Analysehauses EVAdoption aus San Francisco hat Tesla den Zuschlag bei 69 der 501 Ladeparks erhalten, die bisher im Rahmen des Nevi-Programms öffentlich angekündigt wurden. Er habe mit Vertretern dieser Ladeparks gesprochen, sagte Brendan Jones, Chef des Ladesäulenanbieters Blink Charging. Dort sei Stillstand. Er habe inzwischen mehrere Anfragen von privaten Grundeigentümern erhalten, die nach dem Rückzug von Tesla einen neuen Partner suchen.
Wie die Bundesstaaten reagieren, die im Rahmen von NEVI für die Ladeparks zuständig sind, ist noch offen. Colorado werde sein Programm falls nötig anpassen, sagte Kay Kelly, bei der Verkehrsbehörde des Bundesstaats zuständig für die Ladeparks. Texas, das besonders von den NEVI-Mitteln profitiert, erklärte dagegen, dass die Tesla-Entlassungen keine Auswirkungen hätten. Tesla-Chef Musk betonte auf seinem Kurznachrichtendienst X, dass Tesla weiterhin das Supercharger-Netz ausbauen wolle, “nur mit einer geringeren Geschwindigkeit, was neue Standorte angeht, und mit dem Fokus einer besseren Verlässlichkeit und dem Ausbau bestehender Ladeparks.” Auf Reuters-Fragen nach den genauen Auswirkungen seiner Entscheidung antwortete er nicht. Schon jetzt kommt das staatliche Ladenetz-Programm nur langsam voran. Bisher ist nur eine Handvoll der staatlich geförderten Stationen in Betrieb.
Entsprechend sehen die Tesla-Rivalen nun gute Geschäftschancen für sich. “Es werden eine Menge neuer NEVI-Parks auf den Markt kommen, wenn sich Tesla zurückzieht”, sagte Rick Wilmer, Chef des Ladesäulenanbieters ChargePoint. “Das bietet anderen die Möglichkeit, die Lücke zu füllen.” Dabei setzen einige dieser Firmen durchaus auch auf das Tesla-Know-How. “Wenn du von den jüngsten Entlassungen bei Tesla betroffen bist, laden wir dich ein, dir das Angebot offener Stellen bei EVgo anzusehen”, schrieb ein Personaler des Ladesäulenbauers EVgo auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn.