Von: ka
Pfatten – Am Montag hat der EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Vytenis Andriukaitis das Versuchszentrum Laimburg besucht und sich dort über die Forschung des Zentrums in den Bereichen Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung informiert.
Am Vormittag war EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Vytenis Andriukaitis mit Landeshauptmann Arno Kompatscher zusammengetroffen, um das Konzept des Landeshauptmanns „Auf dem Weg zu einer nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik“, dass dieser im März dem Europäischen Ausschuss der Regionen (AdR) präsentiert hatte, weiter zu vertiefen. Am Nachmittag besuchte Andriukaitis in Begleitung von Landeshauptmann Arno Kompatscher, Agrarlandesrat Arnold Schuler, dem Direktor der Abteilung Präsidium und Außenbeziehungen Klaus Luther und dem Direktor der Abteilung Innovation, Forschung und Universität Vito Zingerle das Versuchszentrum Laimburg. Themen des Austausches waren agrarpolitische Fragestellungen aber auch lokale Erfordernisse an Pflanzenschutz, Resistenzzüchtung, neue Entwicklungen in der ökologischen Landwirtschaft, Biodiversität, die Bedeutung regionaler Lebensmittel und Innovationen im Food-Bereich.
Neue Weichenstellungen für die Landwirtschaft
Landesrat Schuler illustrierte die Besonderheiten der Südtiroler Landwirtschaft, die aufgrund ihrer Kleinstrukturiertheit und schwieriger Bedingungen in der Berglandwirtschaft im Vergleich zu anderen Produktionsgebieten vor vielen Herausforderungen stehe. Südtirol habe aber aus der Not eine Tugend gemacht und besondere Stärken herausgebildet wie ein gut funktionierendes Genossenschaftssystem sowie eine enge Vernetzung zwischen landwirtschaftlicher Forschung und Versuchstätigkeit, Beratung und Ausbildung. Dies habe beispielsweise dazu geführt, dass 2015/2016 Rekordauszahlungspreise für Milch erzielt werden konnten, während in anderen Ländern Europas der Milchpreis im Keller war. Im Weinbau habe sich die Ausrichtung auf Qualität statt Quantität bezahlt gemacht und der Weinbauregion zu großem Renommee verholfen. Umsatzmäßig stärkster Faktor sei die Südtiroler Obstwirtschaft, die 50 % der italienischen und 10 % der europäischen Produktion ausmache. Nun stehe aber die Landwirtschaft vor neuen Weichenstellungen. Die Nachhaltigkeit werde immer wichtiger, gerade für die in Südtirol typischen kleinen Familienbetriebe, deren größtes Kapital der Grund und Boden sei, der von Generation an Generation weitervererbt wird. Darüber hinaus rücke auch die Umwelt als Ökosystem in der gesellschaftlichen Wahrnehmung immer mehr in den Vordergrund, was einerseits eine Herausforderung darstelle, aber auch eine Gelegenheit, vieles besser zu machen. Darum, schloss der Landesrat, brauche es mehr als je zuvor die wissenschaftliche Forschung und Versuchstätigkeit, die Entwicklungen aufzeigt, Ziele vorgibt, und Innovation in die Landwirtschaft bringe.
Wissenschaftliche Unterstützung entlang der gesamten Wertschöpfungskette
Laimburg-Direktor Michael Oberhuber stellte der Delegation die Forschungs- und Kompetenzbereiche des Versuchszentrums Laimburg vor und ging dabei auch auf die besondere Vernetzung des Versuchszentrums mit seinen lokalen Stakeholdern, etwa bei der Erstellung des jährlichen Tätigkeitsprogramms, ein. Das Versuchszentrum Laimburg betreibt angewandte Forschung in allen Bereichen der Südtiroler Landwirtschaft, vom Obst- und Weinbau, über die Berglandwirtschaft und Sonderkulturen bis hin zur Lebensmittelverarbeitung und begleitet damit den gesamten Weg eines Agrarprodukts vom Anbau bis hin auf den Tisch des Konsumenten. Dabei stelle das Versuchszentrum Forschungskompetenz und Dienstleistungsangebote sowohl für lebensmittelverarbeitende Unternehmen als auch für bäuerliche Produzenten zur Verfügung, um die Südtiroler Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu machen und die Qualität der Agrarerzeugnisse zu sichern, erläuterte Oberhuber. Infolge der 2013 von der Südtiroler Landesregierung beschlossenen Leistungsvereinbarungen zur Förderung der technologie- und innovationsbasierten Forschung hat das Versuchszentrum Laimburg in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen den Aufbau von Kompetenzen im Bereich Lebensmittelwissenschaften (Capacity Building 2013–2021) koordiniert. Das Versuchszentrum Laimburg kann mit seinen neuen bzw. ausgebauten Bereichen Lebensmittelverarbeitung, Lebensmittelsicherheit sowie Lebensmittelchemie und Herkunftsnachweis nun wissenschaftliche Unterstützung entlang der gesamten Wertschöpfungskette anbieten. Ab Winter 2018/2019 wird das Versuchszentrum zusammen mit der Universität am NOI Techpark auch das NMR-Labor betreiben, in dem mittels Kernspinresonanzspektroskopie (Nuclear Magnetic Resonance – NMR) die Herkunft von Südtiroler Agrarprodukten geprüft und authentifiziert werden kann.
Die Gesundheit der Bevölkerung fördern – das Euregio-Projekt „Environment-Food-Health”
Thema des Austausches war auch das im Dezember 2017 angelaufene dreijährige Euregio-Projekt „Environment-Food-Health“, an dem das Versuchszentrum Laimburg beteiligt ist. Unter der Koordination der Fondazione Edmund Mach in San Michele all’Adige (TN) arbeiten in diesem Euregio-Projekt insgesamt neun Forschungseinrichtungen aus der Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino zusammen. Ziel des Projekts ist es die Grundlagen für einen gesunden Lebensstil und ein möglichst gesundes Altern in der Europaregion zu schaffen. Dazu verfolgt das Projekt einen interdisziplinären Ansatz, der auf Umwelt, Ernährung und Nachhaltigkeit beruht. Unter Berücksichtigung lokaler Kreisläufe und der lokalen Lebensmittelerzeugung sollen Ernährungsvorschläge und Diäten erarbeitet werden, welche die Gesundheit fördern und Krankheiten vorbeugen. Daneben soll auch die lokale Wertschöpfungskette dieser Agrarprodukte gefördert werden. Aufgabe des Versuchszentrums Laimburg im Projekt ist es die Qualität von Nahrungsmitteln wie Äpfeln, Getreide und Milchprodukten aus der Euregio zu analysieren, um gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe und nützliche Produkte für den Kampf gegen Fettleibigkeit zu identifizieren. Dazu untersuchen die Forscher jene Mechanismen, über die bestimmte Nahrungsmittel oder Nahrungsmittelbestandteile die menschliche Gesundheit und das Krankheitsrisiko beeinflussen können. Am Projekt beteiligt sind neben dem Versuchszentrum Laimburg die Freie Universität Bozen, der Südtiroler Sanitätsbetrieb mit dem Dienst für Diätik und klinische Ernährung, Eurac Research (BZ); die Fondazione Edmund Mach, die Universität Trient und der Trentiner Sanitätsbetrieb Azienda Provinciale per i Servizi Sanitari mit dem Krankenhaus Santa Chiara Trient (TN) sowie die Universität Innsbruck und die Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik in Hall in Tirol (A). Partner sind zudem die beiden Provinzen Südtirol und Trentino sowie das österreichische Bundesland Tirol in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit EVTZ-Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. Im Projekt werden insgesamt 12 PhD-Studenten in Tirol, Südtirol und im Trentino ausgebildet, allein fünf davon in Südtiroler Forschungseinrichtungen. Insgesamt wird das Projekt mit 1,2 Millionen Euro gefördert, die zu gleichen Teilen auf die drei beteiligten Gebiete aufgeteilt sind.