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Bozen – Internationale Energieagentur startet groß angelegtes Forschungsvorhaben und überträgt Leitung dem Südtiroler Forschungszentrum. Im Fokus stehen Sanierungslösungen mit Sonnenenergie
Historische Gebäude machen ein Viertel aller Gebäude in Europa aus. Sie sind das Aushängeschild vieler Städte. Doch verbrauchen sie viel Energie, das Sanieren ist aufwendig, und viele dieser Bauten sind deshalb dem Verfall preisgegeben. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat nun den Erhalt dieses Kulturerbes mit einem Großprojekt zu einem globalen Ziel gemacht. In ihrem Auftrag haben sich elf Länder, darunter Neuseeland und die USA, zu einer Arbeitsgruppe zusammengeschlossen, um vor allem das Potential von Solarenergie zum Heizen und Kühlen historischer Gebäude zu ermitteln und Sanierungslösungen zu entwickeln, die den historischen Charakter des Gebäudes respektieren. Die Leitung dieses Großvorhabens übertrug die IEA Italien und dafür stellvertretend dem Südtiroler Forschungszentrum Eurac Research.
Der Energieverbrauch von historischen Gebäuden kann mit ausgeklügelten Sanierungsmaßnahmen um bis zu 75 Prozent reduziert werden. Dies weiß man aus der Forschungsarbeit von Eurac Research, unter anderem auch aus der Fallstudie des historischen Waaghauses in Bozen. Das Forschungszentrum koordiniert nun ein großes internationales Programm zur energetischen Sanierung historischer Gebäude. Eine Aufgabe, die nicht nur enorme fachliche Kompetenzen fordert, wie Alexandra Troi, die frischernannte Leiterin des Großvorhabens, erklärt: „Wir vermitteln zum einen zwischen dem Auftraggeber-Komitee der Internationalen Energieagentur und der Forschergruppe, die sich aus Experten der elf Länder zusammensetzt. Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe, die verschiedenen Disziplinen der Experten zu überblicken – darunter Architekten, Denkmalpfleger, Baufirmen, Ingenieure, Anlagetechniker – und ihre Arbeit zusammenzuführen und zu koordinieren.“ Aus ihrer eigenen Forschungsarbeit steuern die Energieexperten von Eurac Research vor allem Lösungen zur Innendämmung und Prototypen für energieeffiziente Fenster bei. Zudem werden sie eine Datenbank aufbauen, die beispielhafte Sanierungen von historischen Gebäuden weltweit enthält. Neben dem Schwerpunkt der Solarenergie müssen die Sanierungslösungen verschiedenen Kriterien entsprechen: Photovoltaikmodule oder solarthermische Anlagen müssen in Farbe und Design zum Gebäude passen, in die Architektur integriert sein, möglichst unaufdringlich oder gar unsichtbar angebracht sein; sie müssen zudem reversibel sein, also jederzeit rückgängig gemacht werden können, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Darüber hinaus geht es jedoch auch darum die Sonne passiv zu nutzen, also etwa durch geschicktes Ausnützen von Tageslicht, und allgemein darum, den Energiebedarf historischer Gebäude zu senken – durch innovative Dämm- und Lüftungsmöglichkeiten – und den Restbedarf mit erneuerbaren Energien abzudecken.
Das Programm, mit vollem Namen „Task 59 Deep Retrofit of Historic Buildings towards lowest possible energy demand and CO2 emissions” dauert vier Jahre. Nicht zum ersten Mal ist Eurac Research der italienische Ansprechpartner für die Internationalen Energieagentur, wie der Leiter des Instituts für Erneuerbare Energie Wolfram Sparber unterstreicht: „Gerade in Italien sind historische Gebäude ein wichtiges Kulturgut. Es ist daher begrüßenswert, dass Italien dieses Großprojekt leiten darf. In den vergangenen 30 Jahren hat die IEA Italien zweimal mit der Leitung eines internationalen Programms beauftragt – beide Male waren wir von Eurac Research der ausführende Forschungspartner.“