Von: Ivd
Bozen – Die Liberalisierung des Energiemarktes in Italien, die einst mit großen Hoffnungen auf geringere Preise eingeführt wurde, sorgt aktuell für erhebliche Enttäuschung. Die kalte Jahreszeit treibt die Strompreise in die Höhe, und viele Haushalte, die auf den freien Markt vertrauten, sehen sich nun mit drastisch steigenden Rechnungen konfrontiert. Besonders variabel gestaltete Tarife belasten die Geldbeutel. Im Vergleich dazu profitieren Verbraucher, die im Grundversorgungsmarkt oder im sogenannten Übergangsregime (Tutele Graduali) verbleiben, von deutlich günstigeren Konditionen.
Günstige Tarife im Übergangsregime
Die Zahlen sprechen für sich: Während der Grundversorgungstarif aktuell bei 0,2411 Euro pro Kilowattstunde liegt – trotz einer Steigerung von acht Prozent seit dem 01. Oktober – bleiben die Preise für Kunden im Übergangsregime noch günstiger. Im freien Markt hingegen führen die an den PUN (Prezzo Unico Nazionale) gekoppelten variablen Tarife zu erheblichen Mehrkosten. Seit April 2024 ist der PUN um satte 67,8 Prozent (von 0,087 €/kWh auf 0,146 €/kWh) gestiegen und treibt damit die Kosten für viele Verbraucher massiv in die Höhe.
Kritik an der Preisbildung in Südtirol
Walther Andreaus, ehrenamtlicher Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, äußerte scharfe Kritik an der aktuellen Preisgestaltung. „Südtirol produziert mehr Strom, als es verbraucht, doch die Verbraucher profitieren nicht davon,“ so Andreaus. Er forderte eine grundlegende Reform des Systems: „Das Land sollte Stromanbieter verpflichten, Haushalte und Unternehmen zu ihren Durchschnittskosten zu beliefern, ähnlich wie in der Schweiz.“
Andreaus beklagte zudem, dass geplante Maßnahmen wie der Gratisstrom für Südtiroler Familien letztlich nicht umgesetzt wurden. „Strom sollte als öffentliches Gut betrachtet werden, das allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung steht. Die Privatisierung der Energieversorgung drängt viele an den gesellschaftlichen Rand und verletzt grundlegende Bedürfnisse sowie Rechte.“
Vorbild Deutschland: Energiespeicherung als Lösung
Ein Blick ins benachbarte Deutschland zeigt, wie moderne Technologien Verbraucher entlasten können. Die Kapazität privater Stromspeicher hat sich in den letzten vier Jahren von 1,4 auf 14 Gigawattstunden verzehnfacht. Gleichzeitig sinken die Kosten für Speicher- und Photovoltaiksysteme. Balkonkraftwerke sind bereits für unter 200 Euro erhältlich, was Verbrauchern insbesondere in den Sonnenmonaten hilft, ihre Energiekosten signifikant zu reduzieren.
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