Von: mk
Bozen – Jüngst meldeten sich in der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) mehrere Verbraucherinnen und Verbraucher, denen eine Einladung per Post zugestellt wurde. In dieser Einladung war die Rede von Treffen, bei denen eine Sammelklage („class action“) der Aktionäre gegen eine örtliche Bank vorgestellt werden soll. Das Besondere: Die Personen waren in der Tat – fast alle – Aktionäre besagter Bank und fühlten sich zu Recht vom Schreiben angesprochen.
„Das Schreiben stammt von einer Firma (und keiner Non-Profit oder Verbrauchervereinigung, wie von einigen Aktionären vermutet). In der Praxis klagt hier jemand also, um auch für sich selbst einen wie auch immer gearteten Profit zu erzielen“, erklärt die VZS. Zwar ist auf der Webseite, die im Schreiben genannt ist, und welche das gleiche Logo trägt wie das Schreiben, die Rede von einer „Associazione“, im Brieffuß zeichnen sich die Autoren aber als „einfache Gesellschaft mit beschränkter Haftung“. Über diese Zweideutigkeiten wird die Aufsichtsbehörde für Wettbewerb und Markt befinden.
In der VZS beäugt man das Ganze mit einiger Skepsis. Südtirols Verbraucherschützer wundern sich über das Geschäftsmodell: Eine Sammelklage zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass der Einzelne weder Risiko noch Kosten trägt – woher soll also der Profit für die Firma stammen?
Die in der italienische Rechtsordnung eingeführten Sammelklagen fußen eigentlich auf dem Prinzip, dass repräsentative Non-Profit-Organisationen als Kläger auftreten, und es gibt in der Tat ein Verzeichnis solcher Organisationen, dem in Südtirol aktuell nur die VZS angehört. Denn sobald eine Sammelklage vom zuständigen Gericht angenommen wird, wird ein dementsprechende öffentliches Register eröffnet und die Betroffenen können sich ohne Hilfe eines Rechtsbeistandes und kostenlos eintragen.
„Wir sehen mit Sorge, dass Anwälte, Bewegungen oder Firmen, die sich als Vereine ausgeben, mit der Aussicht auf eine Sammelklage versuchen, Betroffene zu involvieren: es ist nicht das erste Mal, dass wir von ähnlichen Informationsveranstaltungen hören“, erklären die Konsumentenschützer.
„Mein Rat: Prüfen Sie ganz genau, was Ihnen eventuell zur Unterschrift vorgelegt wird!“, meint VZS-Geschäftsführerin Gunde Bauhofer, „und seien Sie sehr zurückhaltend mit der Unterschrift selbst. Gerade bei Sammelklagen nach dem neuen Prozessmodell gibt es lange Fristen für einen Beitritt, sogar nach der Urteilsfindung noch. Daher besteht absolut keine Eile, irgendwas zu verschriftlichen.“ Es wäre denkbar, dass eine Beteiligung am erzielten wirtschaftlichen Ergebnis vorgesehen werden soll, wenn nicht gar vorab Kosten zu tragen sind. Auch wäre es möglich, dass gar keine „echte“ Sammelklage, sondern eine Klage im Namen einer Klagegemeinschaft eingereicht wird: Die Vorteile der echten class action – kein Risiko, keine Kosten – sind in einem solchen Fall nicht gegeben, und die Kläger müssen dementsprechend das Kosten- und Prozessrisiko tragen.
Am Rande stellt sich auch die Frage, wie diese Firma an die Daten kam. Die Adressen der Betroffenen sind nicht öffentlich zugänglich. In der VZS ist man dabei, nachzuforschen, wie dies vor sich ging: Das Register der Aktionäre an sich ist öffentlich zugänglich, weil dies gesetzlich vorgeschrieben ist – aber dort finden sich nur Namen und Steuernummer sowie die Anzahl der gehaltenen Aktien. „Man hat sich also die Mühe gemacht, diese Daten mit solchen aus anderen Quellen abzugleichen, wie z.B. käuflichen Adresslisten, um so diese gezielte Werbeaktion in die Wege zu leiten – fraglich, ob dieses Vorgehen den Bestimmungen für Werbesendungen gerecht wird“, so die VZS.
Falls Betroffene wissen möchten, wie die Firma an ihre Daten gekommen ist, kann man hierfür den offiziellen Vordruck des Garanten für den Datenschutz verwenden: https://www.garanteprivacy.it/garante/document?ID=9038275.
Der Beratungsservice steht für alle Betroffenen zur Verfügung, auch um eventuelle Ansprüche gegenüber den örtlichen Playern zu prüfen.