Von: APA/dpa/AFP
Aus Protest gegen Bürokratie, sinkende Einnahmen und europäische Umweltauflagen haben französische Bauern am Montag wichtige Zufahrtsstraßen nach Paris blockiert. Auch außerhalb der Hauptstadt kam es zu teils massiven Protesten. An den Aktionen nahmen nach Angaben aus Polizeikreisen “knapp 10.000 Landwirte in ganz Frankreich” teil, sie waren mit rund 5000 Fahrzeugen wie Traktoren und Lastwagen unterwegs.
An der Blockade von Zufahrtstraßen nach Paris beteiligten sich den Angaben zufolge “rund tausend Bauern auf etwas mehr als 500 Fahrzeugen”. Die Blockaden in 30 bis 40 Kilometer vor Paris wurden auf unbestimmte Zeit eingerichtet und teils mit mobilen Toiletten und Generatoren ausgestattet. Die Bauern wollen nach eigenen Angaben mindestens bis Freitag bleiben.
Präsident Emmanuel Macron hielt am Nachmittag eine Krisensitzung im Elysée-Palast ab. Er kündigte zudem an, mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über mögliche Maßnahmen zugunsten der Bauern in Europa zu sprechen. Diese waren in den vergangenen Wochen in mehreren Ländern auf die Straßen gegangen, darunter in Deutschland und eine kleine Kundgebung gab es auch auf dem Ballhausplatz in Wien.
Macrons Gespräch mit von der Leyen soll nach Angaben des Elysée-Palastes am Donnerstag am Rande eines EU-Sondergipfels zum Budget der Gemeinschaft und zu weiteren Hilfszahlungen an die Ukraine stattfinden. Dabei wolle Macron unter anderem den von vielen Landwirten in Europa abgelehnten Mercosur-Handelsvertrag mit südamerikanischen Ländern ansprechen.
Landesweit waren nach Angaben der Gendarmerie mindestens 16 Autobahnen in knapp einem Drittel aller Départements betroffen. Die Regierung mobilisierte 15.000 zusätzliche Mitglieder der Sicherheitskräfte und stationierte Panzerfahrzeuge der Gendarmerie am Großmarkt Rungis im Süden von Paris.
Macron wolle vermeiden, dass die Traktoren die Innenstädte von Paris und anderen Großstädten erreichen, sagte Innenminister Gérald Darmanin. Der Betrieb des Großmarktes von Rungis und der Flughäfen dürften nicht gestört werden. Er rief die protestierenden Landwirte zur “Mäßigung” auf.
“Wir bleiben in gewisser Entfernung, wir wollen keine Gewalt”, sagte der Vorsitzende des größten Bauernverbands FNSEA, Arnaud Rousseau, dem Sender RTL.
Premierminister Gabriel Attal hatte am Freitag bereits den Verzicht auf eine geplante Steuererhöhung für Agrardiesel und höhere Entschädigungen bei bestimmten Rinderkrankheiten zugesagt. Er beriet am Montagabend erneut mit Vertretern der Bauernverbände. “Der Premierminister hat uns bisher nur Häppchen serviert”, erklärte zuvor Arnaud Lepoil vom Bauernverband FNSEA.
Der Rechtspopulist Jordan Bardella gab Deutschland eine Mitschuld an der Lage der französischen Bauern. “Während Deutschland bei Verhandlungen zu Freihandelsabkommen alles tut, um deutsche Autos auf Kosten der französischen Landwirtschaft zu exportieren, bleibt Macron stumm”, sagte der Parteichef des Rassemblement National dem Sender BFM.
Mehrere Umweltorganisationen solidarisierten sich mit den Bauernprotesten. Sie kritisierten in einem Beitrag in der Zeitung “Libération” “den vorherrschenden Diskurs, der uns zu Feinden machen will”. “Es ist sehr gut möglich, sich zugleich für die Umwelt und eine zukunftsfähige Landwirtschaft einzusetzen”, heißt es in dem Aufruf, der unter anderem von Greenpeace und Extinction Rebellion unterzeichnet wurde.
Unter den Protestierenden gibt es erhebliche Unterschiede. Der größte Bauernverband hatte eine Liste mit 140 Forderungen vorgelegt. Er enthält unter anderem den Verzicht auf gewisse Umweltauflagen. Biobauern hingegen fordern mehr staatliche Hilfen, um sich gegen ausländische Billigkonkurrenz zu wehren.
Zusätzlich zu den protestierenden Landwirten behinderten Taxis in mehreren Städten massiv den Verkehr. Die Taxifahrer wollten damit ihren Forderungen nach einer besseren Entlohnung von Krankentransporten Nachdruck verleihen.
Auch in Belgien beteiligen sich viele Bauern an Protestaktionen. Mehrere Dutzend Traktoren hatten am Sonntag eine Autobahn im Süden des Landes blockiert. “Wir kommen nicht mehr auf ein akzeptables Einkommen”, sagte Pierre D’Hulst vom belgischen Verband der Jungbauern.