Von: luk
Bozen – Der Weltwassertag wurde von den Vereinten Nationen im Jahr 1993 ins Leben gerufen, um die Grundlage allen Lebens zumindest einmal im Jahr ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stellen. Heuer steht dieser besondere Tag unter dem spannenden Motto “Wert des Wassers” – Anlass für den Fischereiverband Südtirol, sich einige Gedanken dazu zu machen, mit Fokus auf die Situation in Südtirol. Dabei merken die Fischer auch an, dass die Frostberegnung der Bauern das Wasser aus den Bächen in der Nähe der Apfelkulturen verwendet. Wenn die Frostberegnung läuft, dann braucht sie in kürzester Zeit große Wassermengen, die dann wiederum in den Bächen fehlen. Die Folge davon: Die Fische verenden.
Wir Südtiroler sind privilegiert: sauberes Trinkwasser fließt praktisch überall aus dem Wasserhahn, fast kostenlos; unsere Fließgewässer verfügen dank Kläranlagen großteils über eine sehr gute Wasserqualität; bedrohliche Trockenzeiten sind (noch) die Ausnahme und Regentage erhalten (noch immer) das wenig schmeichelhafte Prädikat schlecht (Schlechtwetter) verpasst, vor allem von Radiomoderatoren oder Tourismustreibenden.
Wobei wir beim “Wert” wären, dem heurigen Motto des Weltwassertages, und uns eines passenden “Gesetzes” aus der Volkswirtschaft bedienen, dem “abnehmenden Grenznutzen”. Auf den Wasserkonsum vereinfachend heruntergebrochen besagt es, dass ein Glas Trinkwasser in der Wüste einen vergleichsweise höheren Nutzen stiftet, als auf einem Küchentisch einer Südtiroler Familie, wo beliebig viel Frischwasser aus den Hahn nachrinnt. Je mehr man Wasser trinkt, umso geringer wird der Bedarf an weiterem Wasser, der zusätzliche Nutzen jedes weiteren Glases sinkt. Der natürliche Wasserreichtum in unserem Land oder die Übersättigung, um beim “abnehmenden Grenznutzen” zu bleiben, hat dazu geführt, dass in unserer Wohlstandsgesellschaft der Wert des Wassers anders wahrgenommen wird. Man könnte auch sagen, dass die Wertschätzung dafür auf der Strecke geblieben ist. Wasser gilt eben nicht mehr als das Lebenselixier schlechthin, zum Leben und Überleben notwendig, sondern als selbstverständliche und im Überfluss vorhandene Ressource, die es ökonomisch so gut als möglich abzugreifen gilt. Ein “Ressourcenfluch light”, um bei der Terminologie aus der Volkswirtschaft zu bleiben.
Wir Südtiroler (und beileibe nicht nur wir) haben dem Wasserüberfluss leider nach und nach eine dunkle Kehrseite beschert. In noch zu vielen Führungszirkeln von Politik und Wirtschaft wird jedes menschlich “ungenutzt” abfließende Wasser, mag es auch noch wenig sein, als wirtschaftliche Vergeudung wahrgenommen. In Folge sind in Südtirol allein für die Wasserkraftnutzung über 1000 Ableitungen genehmigt worden, darunter rund 850 für kleine Kraftwerke, die ledig rund drei Prozent zur Stromproduktion im Lande beitragen. Wasser als Energiequelle versiegt zwar nicht, zumindest derzeit noch nicht, und ist in diesem Sinne regenerativ – die Stromproduktion aus Wasserkraft ist aber allzu oft alles andere als “grün”. Die fatalen ökologischen Folgen, für welche an dieser Stelle der Platz leider fehlt, sind Insidern bekannt, der Allgemeinheit vermutlich nicht: unseren Gewässern geht es nicht im Entferntesten so gut wie dem darin fließenden Wasser!
Gewässerökosysteme sind äußerst sensibel und komplex und haben die für sie nachteilhafte Eigenschaft, sich dem Blick der breiten Öffentlichkeit zu entziehen. Was unter der Wasseroberfläche wirklich passiert, erschließt sich nur jenen, die sich intensiv mit den Gewässern beschäftigen. Werden Bäume entlang von Flussufern gefällt, erreichen die Behörden Anrufe aufmerksamer Bürger, die (berechtigterweise) Auskunft über die Ursache einfordern – meistens Hochwasserschutz. Verenden hingegen Fische, weil für die Frostberegnung der Apfelkulturen die Restwassermenge in einem Bach unterschritten wurde (was illegal ist), bleiben die Anrufe aus – nicht aus Böswilligkeit, sondern schlicht weil es niemand bemerkt – bis auf die Fischer.
Am heutigen Weltwassertag ruft der Fischereiverband Südtirol die Entscheidungsträger in Politik, Verwaltung und Wirtschaft dazu auf, “sich Gedanken über den wahren Wert des Wassers zu machen – der freilich weit über den ökonomischen Aspekt hinaus reicht. Es geht vor allem um den ökologischen Wert von Wasser, um dessen Wertschätzung als Grundlage der aquatischen Ökosysteme und deren biologische Vielfalt, und schlussendlich um den Erhalt einer lebenswerten Umwelt für uns Menschen!”