Von: mk
Vahrn – Am Freitag fand an der Fachschule Salern die fünfte Ausgabe des Expertenforums Berglandwirtschaft statt. Die von Versuchszentrum Laimburg, Fachschule Salern und Beratungsring Berglandwirtschaft BRING organisierte Tagung dient traditionell dem Austausch zwischen Wissenschaft, Beratung, Ausbildung und Praxis.
Etwa 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren zum diesjährigen Expertenforum Berglandwirtschaft gekommen. Darunter Agronomen, Multiplikatoren wie Berater, Fachlehrer, Sachbearbeiter der Landesverwaltung sowie interessierte Landwirte. Das Expertenforum sei eine wichtige Gelegenheit des Austausches zwischen Fachexperten des Versuchszentrums Laimburg, der Freien Universität Bozen, der Abteilung Landwirtschaft, der Beratung, der landwirtschaftlichen Ausbildung und der Praxis, sagte Juliane Gasser Pellegrini, Direktorin der Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern und damit Gastgeberin der Veranstaltung zur Begrüßung. Allen diesen Akteuren sollten Ehrlichkeit, Transparenz und eine nachhaltige Landwirtschaft als Leitlinie dienen, regte Gasser Pellegrini an.
Dieses Jahr fand das Expertenforum Berglandwirtschaft bereits zum fünften Mal statt. Ermöglicht wird die Veranstaltung durch die Zusammenarbeit zwischen Versuchszentrum Laimburg, Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern und dem Beratungsring Berglandwirtschaft BRING. Ziel der Tagung sei es, wissenschaftliche Erkenntnisse zu aktuell relevanten Themen der Berglandwirtschaft zu präsentieren, sowie sie sachlich und fundiert mit den relevanten Multiplikatoren zu diskutieren, unterstrich Giovanni Peratoner, Grünlandexperte und Leiter des Fachbereichs Berglandwirtschaft am Versuchszentrum Laimburg, zur Eröffnung der Veranstaltung.
Vielfältiges Programm mit vier Schwerpunktthemen
Auf der Agenda stand ein vielfältiges Programm mit vier Schwerpunktthemen, durch das Christian Plitzner, Geschäftsführer des Beratungsrings Berglandwirtschaft führte: die Wirtschaftlichkeit der Heumilchproduktion in Südtirol, die Einsatzmöglichkeiten von Rohrschwingel in Saatgutmischungen für Dauerwiesen, die organische Düngung von Backweizen sowie Methoden zur Analyse von Innovation in der Grünlandwirtschaft.
Das Potenzial der Heumilchproduktion in Südtirol
Beim Begriff „Heumilch“ handelt es sich um einen EU-rechtlich geschützten Begriff. In Österreich hat die ARGE Heumilch für die Herstellung dieses Produkts verschiedene Kriterien aufgestellt, wie etwa eine naturnahe Fütterung im Jahresverlauf, ein Anteil von mindestens 75 Prozent Raufutter oder den Verzicht auf silierte Futtermittel. In Südtirol erzielt die Heumilch aktuell einen um zwei Cent pro kg Milch höheren Auszahlungspreis als herkömmliche Milch. Im Vortrag von Sarah Kühl von der Freien Universität Bozen ging es um die Frage, wie rentabel die Heumilch-Produktion in Südtirol sein kann. Um diese Frage zu beantworten, wurde an der Freien Universität Bozen eine Wirtschaftlichkeitsberechnung unter Berücksichtigug verschiedenere Szenarien angestellt: konventionell, Heumilch (Verzicht auf Silage), Heumilch nach Regulativ (Verzicht auf Silage und mind. 75 Prozent TS aus Heu). Eine gute Heuqualität sei die größte Herausforderung für die Heumilchproduktion, betonte Kühl. Fraglich sei es jedoch, ob ein um zwei Cent höherer Auszahlungspreis ausreichend sei, um die Mehrkosten der Heumilchproduktion zu decken. Auch seien die Auswirkungen auf Tiergesundheit und Nutzungsdauer vertieft zu untersuchen.
Organische Düngung von Backweizen
Im Rahmen von „Regiokorn“ gibt es Bedarf an Backweizenmehl. Der Anbau von Winterweizen bietet mehrere Vorteile: So erzielt er u. a. höhere Erträge als Sommerweizen und weist andere Einsatzmöglichkeiten (z. B. Malz, Kekse) auf. Das Erreichen der von den Bäckern erwünschten Proteingehalten wird im konventionellen Anbau durch eine gezielte Mineraldüngung gesichert, welche in „Regiokorn“ nicht erlaubt ist. Dadurch entsteht das Risiko, dass der erforderliche Standardproteingehalt nicht immer erreicht wird. Die Lösung dieses Problems könnte laut Manuel Pramsohler und Lorenzo Vitalone vom Versuchszentrum Laimburg in einer gezielten organischen Düngung liegen. Am Versuchszentrum Laimburg wurde ein mehrjähriger Versuch durchgeführt, um zu überprüfen, ob durch eine Frühjahrsdüngung des Winterweizens mit Biogasgülle die Qualitätsparameter von „Regiokorn“ erreicht werden können. Das Versuchsergebnis: Durch die Kombination einer gezielten Düngung mit Biogasgülle im Frühjahr, die Wahl einer qualitätsbetonten Sorte und der günstigsten Vorfrucht (Kartoffel) wurden angemessene Backqualitäten in jedem Jahr erreicht. In einem der drei Jahren waren die Proteingehalte allerdings grenzwertig, was auf ein gewisses Restrisiko des Anbaus hinweist. Für definitive Aussagen zu den Mehlqualitäten seien jedoch auch Backversuche notwendig, resümierte Manuel Pramsohler, der am Versuchszentrum die Arbeitsgruppe Acker- und Kräuteranbau leitet.
Einsatzmöglichkeiten von Rohrschwingel in Saatgutmischungen für Dauerwiesen
Das Empfehlungssystem für Saatgutmischungen in Südtirol berücksichtigt v. a. die Meereshöhe und die Bewirtschaftungsintensität als Kriterien für die Auswahl einer passenden Saatgutmischung. An tief gelegenen Standorten, die von wiederkehrender Trockenheit geprägt sind und intensiv bewirtschaftet werden, seien die üblichen intensiv nutzbaren Gräserarten wenig beständig und es bestehe ein erhöhtes Risiko, dass infolge von Trockenheitsperioden Lücken in der Grasnarbe entstehen, erklärte Grünlandexperte Giovanni Peratoner vom Versuchszentrum Laimburg. Rohrschwingel (Festuca arundinacea) ist ausgesprochen trockenheitstolerant und weist ein gutes Ertragspotenzial auf. Aus diesem Grund hat das Versuchszentrum Laimburg die Eignung einer Saatgutmischung mit Rohrschwingel für trockene Lagen mit intensiver Bewirtschaftung überprüft. In einem vierjährigen Versuch wurden zwei Saatgutmischungen mit einem Rohrschwingel- Gewichtsanteil von 40 und 60 Prozent und zwei bereits empfohlene Saatgutmischungen für niedrige Lagen geprüft. Alle vier Mischungen wurden an zwei trockenheitsgefährdeten Standorten (Jenesien, 835 m und Pfalzen, 1205 m) untersucht. Unter intensiver Bewirtschaftung erreichte Rohrschwingel gegen Ende des Versuchs Ertragsanteile von etwa 25 Prozent. Bei nicht intensiver Bewirtschaftung wurde im Gegenteil Glatthafer dominant. Der Ertrag und die meisten Parameter der Futterqualität unterschieden sich zwischen den Saatgutmischungen kaum, für die Rohrschwingel enthaltenden Mischungen waren lediglich eine leicht verminderte Verdaulichkeit und ein höherer Magnesium- und ein etwas niedriger Mangan-Gehalt zu beobachten, fasste Peratoner die Versuchsergebnisse zusammen.
Inno4Grass – Analyse und Verbreitung von Innovation in der Grünlandwirtschaft
Was ist Innovation in der Landwirtschaft und wie können solche Innovationen analysiert werden? Claudia Florian vom Versuchszentrum Laimburg und Anna Pfeifer vom Südtiroler Bauernbund stellten vor, welchen Ansatz das Projekt Inno4Grass zur Analyse von Innovation in der Landwirtschaft verfolgt. Das EU-Projekt zielt darauf ab, Wissenschaft und Praxis zusammenzuführen, um die Umsetzung von Innovationen im produktiven Grünland zu gewährleisten. Das gewonnene Wissen soll allen möglichen Nutzern zur Verfügung gestellt werden, indem alle Landwirte über die Stärken, Voraussetzungen und mögliche Schwierigkeiten der Innovation informiert werden, erklärte Claudia Florian. Anna Pfeifer präsentierte dann den partizipativen Multi-Stakeholder-Ansatz zur Durchführung der Innovationsanalysen in Südtirol. Diese Methode ist in Zusammenarbeit zwischen dem Versuchszentrum Laimburg, dem Innovationsschalter des Südtiroler Bauernbunds und dem BRING entwickelt und mittlerweile vom ganzen Inno4Grass-Konsortium für die eigenen Diskussionsgruppen übernommen worden.
Das Projekt sieht insgesamt 144 Diskussionsgruppen in ganz Europa vor, von denen praktische Beispiele für angewandte Innovation in eine Plattform zum gegenseitigen Austausch eingespeist werden. Die Diskussionsgruppen in Südtirol werden von der Arbeitsgruppe Grünlandwirtschaft des Versuchszentrums Laimburg in enger Zusammenarbeit mit dem Innovationsschalter des Südtiroler Bauernbunds und dem Beratungsring Berglandwirtschaft BRING organisiert und koordiniert. Bis Ende 2019 sind insgesamt acht Diskussionsgruppen in Südtirol vorgesehen.
Im Anschluss an das Expertenforum fand am Nachmittag die zweite Diskussionsgruppe des Projekts Inno4Grass am Lehrbauernhof der Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern statt, der zu den vom Projekt identifizierten Innovationsbetrieben gehört. Die Innovationen des zu der Schule gehörenden Betriebs liegen in den Bereichen Weidemanagement mit Milchkühen und -schafen sowie Kraftfutterreduktion.
Das Projekt Inno4Grass
Inno4Grass ist die Abkürzung für das europäische Projekt „Gemeinsamer Innovationsraum für nachhaltige Produktivität von Grasland in Europa”, das im Januar 2017 begonnen wurde und auf drei Jahre ausgelegt ist. Ziel des Projekts Inno4Grass ist es mithilfe eines multidisziplinären Ansatzes Beispiele für Innovation in der Praxis und in den von den Landwirten entwickelten Systemen bezüglich Bewirtschaftungsweise, Instrumente, Maschinen und Ausstattung zu identifizieren und zu analysieren.
Am Projekt beteiligt sind bedeutende Bauernorganisationen, landwirtschaftliche Beratungsorgane, Bildungs- und Forschungseinrichtungen aus acht europäischen Ländern – Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Niederlande, Polen und Schweden. Das Projekt Inno4Grass wird vom Grünlandzentrum Niedersachsen koordiniert und mit Mitteln aus dem EU-Rahmenprogramm Horizon 2020 finanziert. Italien ist mit dem Italienischen Nationalen Forschungsrat (CNR), dem Italienischen Züchterverband Associazione Italiana Allevatori und dem Versuchszentrum Laimburg im Projekt vertreten. Auf lokaler Ebene arbeitet das Versuchszentrum Laimburg in einem Netzwerk eng mit dem Innovationsschalter des Südtiroler Bauernbundes, mit dem Beratungsring Berglandwirtschaft (BRING) und den Fachschulen für Landwirtschaft zusammen. Das Projekt verfügt über eine eigene Webseite (www.inno4grass.eu/de), außerdem werden verschiedene Informationsmaterialien (Kompaktinformationen über die Innovationen, Videoclips etc.) sowie Weiterbildungskurse und Austauschprogramme zwischen den beteiligten Staaten angeboten.
Das Versuchszentrum Laimburg
Das Versuchszentrum Laimburg ist die führende Forschungsinstitution für die Landwirtschaft und Lebensmittelqualität in Südtirol. Das Versuchszentrum Laimburg betreibt vor allem angewandte Forschung mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Südtiroler Landwirtschaft zu steigern und die Qualität landwirtschaftlicher Produkte zu sichern. Über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten jährlich an rund 300 Forschungs- und Versuchsprojekten aus allen Bereichen der Südtiroler Landwirtschaft, vom Obst- und Weinbau bis hin zu Berglandwirtschaft und Lebensmitteltechnologie. Das Versuchszentrum Laimburg wurde 1975 gegründet.