Von: mk
Bozen – Im Februar 2023 wandte sich ein Rentner an die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS), um Klarheit über die hohen Verluste bei seinen Geldanlagen zu erhalten. Die Verluste waren im Zusammenhang mit Finanzprodukten entstanden, die zwischen 2020 und 2022 gekauft wurden. Konkret handelte es sich um vier Unit-Linked-Versicherungen und ein Zertifikat. Die insgesamt investierte Summe belief sich auf etwa 260.000 Euro, wovon rund 200.000 Euro in die Unit-Linked-Versicherungen geflossen waren.
Besonders besorgniserregend war, dass der betroffene Anleger zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der ersten Versicherung bereits 89 Jahre alt war. Auch wurden, um die weiteren neuen Investitionen zu tätigen, zuvor andere Wertpapiere verkauft. Für die Vermittlung der neuen Wertpapiere erhielt die Bank eine Provision auf die Anfangskosten sowie eine Provision auf die Verwaltungskosten der Geldanlagen.
Über ein langes Beschwerdeverfahren konnte die VZS die erforderliche Dokumentation sichern; aus dieser konkretisierte sich der Vorwurf an die Bank, sie sei zum einen ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen, und zum anderen würden die erworbenen Finanzprodukte nicht den Bedürfnissen des betagten Anlegers entsprechen. Da die Beschwerde ohne Erfolg blieb, reichte die VZS Rekurs beim Anlegerschiedsgericht der CONSOB (italienische Börsenaufsicht), dem Arbitro per le Controversie Finanziarie (ACF), ein.
Entscheidung des ACF
Der ACF stellte fest, dass die Bank nicht nachweisen konnte, die wesentlichen Informationsdokumente ordnungsgemäß übergeben zu haben. Die ausschließlich elektronische Bereitstellung der Dokumente sei für einen älteren Kunden unzureichend. Zudem kritisierte der ACF den verwendeten MiFID-Fragebogen als zu oberflächlich. Dieser war nicht dazu geeignet, die tatsächlichen Bedürfnisse sowie die Risikobereitschaft des Kunden realistisch zu erfassen. Eine eingehende Prüfung der Kenntnisse des Kunden in Bezug auf komplexe Finanzprodukte, wie Unit-Linked-Versicherungen oder Zertifikate, wurde nicht vorgenommen. Zwar wurde in einem ersten Schritt der Kunde über die Unangemessenheit der Investitionen informiert, dann wurde jedoch die Transaktion nicht korrekt weiter abgewickelt. Ein ausdrückliches Ansuchen des Kunden für den Erwerb der Anlageprodukte hätte vorliegen müssen.
Der ACF stimmte in wesentlichen Punkten der Argumentation der VZS zu. Die Bank wurde zur Rückerstattung der Verluste in Höhe von rund 41.000 Euro plus Aufwertung von ca. 7.000 Euro verurteilt. Die Bank respektierte die Entscheidung und zahlte dem Kunden den Betrag. Die Angelegenheit konnte von der Einreichung der Beschwerde bis zur Entscheidung und Auszahlung innerhalb von eineinhalb Jahren abgeschlossen werden. Auch wenn eine Entscheidung des ACF rechtlich nicht bindend ist, zeigt die Erfahrung, dass in allen Fällen, in denen die VZS eine positive Entscheidung erwirkt hat – selbst wenn diese vom Finanzdienstleister nicht akzeptiert wurde – im Rahmen von Vergleichsverhandlungen eine Lösung gefunden werden konnte. Dies unterstreicht erneut, dass das Verfahren bei der Streitbelegungsstelle ACF der CONSOB einen wertvollen Beitrag zum Schutz von Kleinanlegern leistet. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass das Verfahren kostenlos ist und keinen Rechtsbeistand erfordert.
Was sind Unit-Linked Versicherungen?
Eine Unit-Linked Versicherung ist eine (Er-)Lebensversicherung, die mit Investmentfonds verknüpft ist. Die Einzahlungen werden in Fonds investiert, deren Wertentwicklung die Höhe der späteren Auszahlung bestimmt, was ein gewisses Anlagerisiko mit sich bringt. Die Wahl der Fonds und die Kostenstruktur der Versicherung sind entscheidend, da diese Produkte oft mit hohen Verwaltungskosten verbunden sind.
Zertifikate
Ein Zertifikat ist ein strukturiertes Finanzprodukt, das die Wertentwicklung eines Basiswerts wie Aktien, Indizes oder Rohstoffen nachbildet. Es wird meistens von Banken emittiert und bietet Anlegern eine Möglichkeit, an Marktbewegungen zu partizipieren. Zertifikate können verschiedene Formen haben, z.B. Garantie-, Bonus- oder Hebelzertifikate. Anleger sollten die Struktur und Kosten genau prüfen, bevor sie investieren.
Aktuell sind 7 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen