Von: mk
Bozen – Südtirol liegt obenauf. In wenigen Jahrzehnten gelang dem Land ein Aufstieg zu einer der Modellregionen in Europa. Nur, was kommt jetzt? Sind die erfolgreichen Systeme und Rezepte von früher Garantien für dauerhaften Wohlstand? Wie sehen die Weichenstellungen für ein smartes Südtirol aus? Droht Südtirol in Sachen Digitalisierung, einem der zentralen Megatrends der Zukunft, den Anschluss zur verlieren? Internationale Experten gehen unter anderem diesen Fragen auf den Grund – beim zehnten Global Forum Südtirol (GFS) zum Thema „Smart Südtirol – digitales Chaos oder mehr Lebensqualität?“ am 14. September in der Eurac Research in Bozen.
Die Digitalisierung als Motor des Fortschritts ist in aller Munde. Sie bietet neue Möglichkeiten, um sowohl die Lebensqualität als auch die Partizipation und Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft zu fördern. Der Schulterschluss zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zur gemeinsamen und proaktiven Gestaltung der digitalen Herausforderungen wird wichtiger denn je. Hinter der Umsetzung steht jedoch ein grosses Fragezeichen. Auch in Südtirol.
Estland, mit seinen 1,3 Millionen Einwohnern, zeigt was in Sachen moderner und effizienter Verwaltung, Gesundheit und Bildung möglich ist. Alles lässt sich digital und einfach erledigen – mit drei Ausnahmen: Heirat, Scheidung und Hauskauf. Estland hat ein Grundrecht auf Internetzugang eingeführt, 88 Prozent der Esten nutzen Breitband-Internet, 98 Prozent besitzen eine e-Identity Card, 99 Prozent der Banktransaktionen und 98 Prozent der ärztlichen Verschreibungen erfolgen online, 96 Prozent geben die Steuererklärung online ab, 30 Prozent wählen online, zwei Prozent des BIP werden dank Digitalisierung eingespart, Grundschulkinder haben das Schulfach Programmieren (erster Platz bei Pisa-Studie), 2020 wird das Unterrichtsmaterial komplett digital sein, die Regierung (e-Cabinet) arbeitet papierlos.
“Dass ausgerechnet Estland zum Vorreiter in Sachen e-Government wurde, liegt nicht nur an mutigen und experimentierfreudigen Politikern und Bürgern, die ihrer Regierung und wandlungsfähigen Institutionen vertrauen, sondern auch an der überschaubaren Größe des Landes, wo die Wege zwischen Wirtschaft, Politik und Verwaltung kürzer sind”, unterstreicht Christian Girardi, GFS-Gründer und Organisator.
Eine Parallele zu Südtirol? Wie können wir durch eine einfache, moderne und effiziente Verwaltung die BürgerInnen wieder in den Mittelpunkt rücken und mehr Lebensqualität schaffen?
Taavi Kotka, ehemaliger Digitalminister Estlands und Sonderberater des Vizepräsidenten der europäischen Kommission, wird in seinem Referat mit dem Titel “Winter is coming” auf die Erfolgsgeschichte des digitalen Wunderlandes Estland eingehen und aufzeigen welche strategischen Weichenstellungen auf dem Weg zu einer digitalen Gesellschaft entscheidend sind, in der Vertrauen in digitale Technologien anstatt Angst und Unsicherheit herrscht. Im Anschluss folgen die Ausführungen von Francesca Bria zum Thema “Smart City Barcelona – die digitale Stadt nach dem Bottom-Up-Prinzip”. Die Römerin Bria ist Regierungsmitglied und Chief Technology & Innovation Officer der Smart City Barcelona. Abschliessend wird der Auslandssüdtiroler Elmar Grasser mit seinen Ausführungen zum Thema “5G und Gesellschaft 4.0 – verpasst der ländliche Raum den Anschluss?” auf die Herausforderungen in Bezug auf die Erreichbarkeit der Zukunft eingehen. Grasser, mit Laaser Wurzeln, ist Technikvorstand bei Sunrise Communications AG, dem zweitgrössten Telekommunikationsunternehmen der Schweiz. Moderiert wird das zebnte GFS von der gebürtigen Völserin Esther Mitterstieler, Chefredakteurin News, Wien. Die rund 300 erwarteten Forumteilnehmer werden die Möglichkeit haben sich an einer spannenden Debatte zu beteiligen.
Das Global Forum Südtirol (GFS) – 2009 von Christian Girardi gegründet – wird von einem Netzwerk von Südtirolern im In- und Ausland und rund 40 Partnern und Sponsoren getragen und weiterentwickelt. Als “unabhängiger aber nicht neutraler” Think Tank, liefert das GFS Impulse zu globalen Trends und Zukunftsthemen, mit dem Ziel einen Beitrag zur Diskussion und Mitgestaltung einer langfristigen Vision für Südtirol zu leisten. Über unterschiedliche Initiativen schafft das GFS den Rahmen für einen freien, sachlichen und kreativen Dialog. Das GFS setzt dabei auf Eigenverantwortung und das Bottom-Up-Prinzip, wonach jeder Einzelne über das Weitertragen und Weiterentwickeln zukunftsfähiger Impulse und Projekte in seinem persönlichen Wirkungskreis Grosses bewegen kann.