Von: luk
Bozen – Nein zu immer mehr Kontrollen, ja zu sinnvollen Regeln und mehr Freiraum für Betriebe – so lautet der Tenor beim diesjährigen Tag des Handwerks. Absolut erforderlich sei, das Rad der Kontrollen unter Kontrolle zu bringen.
Über 13.000 Handwerksbetriebe, über 44.000 Beschäftigte, Innovationsmotor und starker Ausbildungs- und Arbeitgeber: Dadurch zeichnet sich das Südtiroler Handwerk aus. „Nichtsdestotrotz sind die Kleinbetriebe mittlerweile zu einem System geworden, das funktionieren muss. Wir haben eigentlich keine Zeit und keinen Freiraum mehr das zu tun, was wir gut können und wollen. Weil wir den ganzen Tag damit beschäftigt sind, Kontrollen nachzukommen und unzählige Dokumente zu hinterlegen, um zu beweisen, dass wir korrekt arbeiten“, erklärte lvh-Präsident Gert Lanz beim heutigen Tag des Handwerks.
Dadurch werde den Betrieben im Grunde das Wertvollste genommen: die Ressource Zeit, welche es den Betrieben ermöglicht sich weiterzuentwickeln, mit Kunden und Lieferanten zu diskutieren oder Innovation zu betreiben. „Unternehmen haben ein ureigenes Interesse, Trends zu erfassen und sich nach vorne zu bewegen. Dieses natürliche Verhalten geht aber verloren, wenn wir einem System unterworfen sind, das uns gar keine Freiräume mehr bietet. Insofern sind gerade in der Politik differenzierte Sichtweisen erforderlich, damit wir unsere Glaubwürdigkeit und Orientierung nicht verlieren“, so der Appell von Lanz.
“Die Bereitschaft, solche Freiräume zu schaffen sicherte Landeshauptmann Arno Kompatscher zu. Einige wichtige Meilensteine sind bereits gemeinsam gelungen. Weitere gilt es noch umzusetzen wie zum Beispiel im Bereich der Bürokratie, der Ausbildung oder der Arbeitssicherheit. Das Südtiroler Handwerk verdient hohe Anerkennung und Wertschätzung. Politik und Wirtschaft werden sich auch weiterhin dafür starkmachen, dass die notwendigen Rahmenbedingungen für ein wirtschaftsfreundliches Arbeiten möglich sind.“
Zustimmung für Lanz‘ Forderung für mehr Vertrauen und Eigenverantwortung für die Unternehmen erhielt er vom Präsidenten der Handwerkskammer für München und Oberbayern Franz Xaver Peteranderl: „Das Thema Vorfahrt für KMU ist hochaktuell. Gute Rahmenbedingungen wirken positiv auf die Stimmung der Unternehmen und fördern die Qualitätsleistungen im Handwerk.“ Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe Axel Schäfer plädierte für ein noch stärkeres Miteinander. „Schlussendlich sind es praktische Werte und gemeinsame Erfahrungen, die die Menschen verbinden und voranbringen.“
Mehr Gehör für die Kleinen
Eine Vielzahl von Vorfahrtsrechten ist bereits im sogenannten Small Business Act hinterlegt. Dieser hat die zentrale Rolle, die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Europäischen Union zu unterstützen und durch konkrete Leitlinien zu fördern. Wirklich gelebt wird der Grundsatz „Think Small First“ aber nicht. In einer Gesprächsrunde diskutierten Gert Lanz, Axel Schäfer, Cesare Fumagalli (Generalsekretär des Confartigianato) und Renate Scheichelbauer-Schuster (Spartenobfrau der Wirtschaftskammer Österreich) über eine effiziente KMU-Politik. Es gelte vor allem ein gemeinsames Sprachrohr zu nutzen, um die Ziele der KMU umzusetzen, auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene. Hierfür müsse verstärkt der Ideentransfer von der Praxis in die Politik erfolgen. Nur dann könnten Gesetze auf die Notwendigkeiten und Möglichkeiten der vielzähligen Kleinst- und Kleinbetrieben angepasst werden und nicht umgekehrt.