Positionspapier

hds formuliert zehn Wünsche an die Landtagskandidaten

Montag, 02. Oktober 2023 | 13:10 Uhr

Von: luk

Bozen – Die Landtagswahlen in Südtirol stehen vor der Tür: Der Handels- und Dienstleistungsverband hds hat daher seine Wünsche an alle über 500 Kandidaten zukommen lassen.

„Wir haben dieses Positionspapier allen kandidierenden Parteien und Bewegungen zukommen lassen. Und um unseren Mitgliedern und darüber hinaus einen Überblick über die Positionen der einzelnen Parteien zu geben, haben wir nun diese eingeladen, uns eine Vertreterin oder einen Vertreter namhaft zu machen“, erklärt hds-Präsident Philipp Moser.

„Bei den Landtagswahlen werden wichtige Weichen für die Wirtschaftspolitik der kommenden fünf Jahre gestellt. Es wird entschieden, wer regiert, wer mitbestimmt, wer mitgestaltet. Wir möchten keine Wahlempfehlungen abgeben, aber laden alle Unternehmerinnen und Unternehmer in Südtirol ein, wählen zu gehen und sich für Kandidatinnen und Kandidaten zu entscheiden, die wirtschaftsfreundlich gesinnt sind und die Werte, Themen und Anliegen unseres Wirtschaftsverbandes teilen“, bringt es Moser auf den Punkt.

  1. “Orts- und Stadtentwicklung
    Der hds hat mit der Vision – „Die Qualität des Lebensraumes Südtirol durch eine gezielte Wirtschaftsentwicklung der Orte und Städte steigern” – seine Strategie klar definiert.Mit dieser Vision hat sich der hds zum Ziel gesetzt, Kompetenzzentrum für die Entwicklung von Südtirols Städten, Innenstädten, Ortszentren und Stadtteilen sowie Dörfern zu sein.Dabei spielen über den Einzelhandel hinaus auch ortsrelevante Tätigkeiten in den Bereichen Dienstleistungen und Gastronomie eine wesentliche Rolle.
  2. Nachhaltigkeit
    Ausgehend von seiner Vision als Orts- und Stadtentwickler beschäftigt sich der hds mit zwei Säulen der Nachhaltigkeit: die ökologische und die wirtschaftliche.Zum einen geht es um die innerörtliche Mobilität: Diese wirkt sich auf verschiedenste Bereiche aus, die im Rahmen der Orts- und Stadtentwicklung Niederschlag finden.Zum anderen geht es um die Stärkung der lokalen Kreisläufe: Nachhaltiges Wirtschaften, Vertrauen, lokale Produkte, Transparenz, Rückverfolgbarkeit, lebendige Orte, garantierte Qualität, soziale Verantwortung, persönlicher Kontakt und Nähe am Kunden sowie kurze Transportwege spielen dabei eine große Rolle– kurzum: Vertrauen gegenüber Produkt, Händler/Gastronom/Dienstleister und Produzent werden immer wichtiger, auch in Südtirol.
  3. Mobilität und Erreichbarkeit der Orte
    Südtirols Orte müssen zugänglich und erreichbar sein – mit allen Formen der Mobilität (vor allem umweltverträglich und öffentlich).Dazu braucht es entsprechende Rahmenbedingungen wie genügend Angebot an Parkraum (auch für Fahrräder) und eine konsumenten- und besucherfreundliche Parkplatzbewirtschaftung.Die gute Erreichbarkeit ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor zwischen den Gemeinden und beeinflussen die Attraktivität und Anziehungskraft eines Ortes.Es sollen Anreize geschaffen werden, um die Frequenz in den Orten zu steigern und nicht die Menschen von den Orten fernzuhalten.Innovative und sanfte, innerörtliche Mobilitätskonzepte sind zu fördern und umzusetzen – sowohl für Personen als auch für Waren (Smart City Lösungen).
  4. Nahversorgung und lokale Kreisläufe
    Im Vergleich zu den umliegenden Regionen verfügt Südtirol heute noch über eine noch großteils intakte Nahversorgung.Diese ermöglicht den Einkauf vor allem von Grundnahrungsmitteln in Dörfern und Stadtvierteln, schafft Arbeitsplätze und sorgt für Lebensqualität in unseren lebendigen Orten.Es gilt diese Struktur mit verschiedensten Maßnahmen weiterhin zu erhalten und zu stärken. Die Aufrechterhaltung des einzigen bzw. Eröffnung des ersten Nahversorgers soll weiterhin gefördert und die Kriterien dafür ausgeweitet werden.Es gilt, die lokale Bevölkerung für das Einkaufen vor Ort zu sensibilisieren.Regionalität und lokale Kreisläufe sorgen für einen starken Wirtschaftsstandort, für Wohlstand, Lebensqualität und gesicherte Arbeitsplätze vor Ort – mit dem Ziel, Kaufkraft und Wertschöpfung in der Region zu halten.
  5. Digitalisierung und Online-Instrumente
    Gerade die Branche Handel befindet sich in einem Wandel. Verändertes Kundenverhalten erzwingt auch angepasste Geschäftsmodelle und erfordert neue, innovative Ideen, ohne das Bewährte und jene Besonderheiten auf Seite zu schieben, die unseren Wirtschaftsraum ausmachen.In diesem Sinne sind Digitalisierungsmaßnahmen für die Betriebe zu unterstützen und zu fördern, damit die Betriebe bei dieser Entwicklung nicht auf der Strecke bleiben und effizient ihre Online-Potentiale nutzen können – von der digitalen Sichtbarkeit und Präsenz bis zur Erstellung eines Onlineshops.
  6. Handel und Tourismus
    Handel und Tourismus sind gemeinsam zu vermarkten. Es besteht ein enges Verhältnis zwischen Einzelhandel und Tourismus.Jährlich besuchen Tausende von in- und ausländischen Gästen unsere Orte wegen des bestehenden Einkaufsangebotes und wegen unserer lebendigen, attraktiven Städte und Dörfer mit ihrem historisch gewachsenen Handels- und Gastronomieangebot.Dies ist ein Beweis mehr, dass das Südtirols Orte mit ihrem vorhandenen, modernen und breiten Angebot durchaus konkurrenzfähig sind.Das Thema Shopping und Einkaufen soll verstärkt im Tätigkeitsprogramm des Wirtschaftsdienstleister IDM Südtirol eingebaut und in der Vermarktung Südtirols hervorgehoben werden.Es braucht eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Handel und Tourismus und dazu Konzepte und Investitionen in die Ortsentwicklung von Seiten der zuständigen Tourismusvereine.
  7. Unternehmertum und Generationswechsel
    Es braucht in Südtirol mehr Unternehmertum sowie unternehmerisches Denken und Handeln.Oft findet die Rolle der Unternehmerinnen und Unternehmer in der öffentlichen Diskussion wenig bis kaum Beachtung.Es sind also die Weichen zu stellen, damit in Zukunft das „Unternehmer sein und werden“ weiterhin attraktiv bleibt.Leistung und Initiative sind zu belohnen und Innovation sowie Unternehmergeist gehören gefördert.Aus der jungen Generation kommen nicht nur die zukünftigen Fach- und Führungskräfte, sondern auch die Unternehmerinnen und Unternehmer von morgen. Diese gründen neue Betriebe, übernehmen aber auch bestehende Tätigkeiten, halten Arbeitsplätze und schaffen neue Arbeitsplätze.Es muss alles dafür getan werden, damit die Wirtschaft bei der Planung für die Zukunft nicht vergessen wird!
  8. Arbeitskräftemangel
    Die Ursachen für den Arbeitskräftemangel sind die vielfältigsten. Es gibt nicht eine Lösung, sondern ein Bündel an Maßnahmen und Instrumenten, um die Situation zu lindern.Unsere Sektoren bieten vielfältige, attraktive Jobs mit vielen Vorteilen und Benefits, wie alle Leistungen, die vom Kollektivvertrag vorgesehen sind, Vereinbarkeit/Work-Life-Balance mit Teilzeit- und Flexibilität, Vorteile der Bilateralen Körperschaft EBK und Welfare-Leistungen, zusätzliche Lohnelemente, die den Mitarbeitern zugutekommen mit geringen Nebenkosten für die Betriebe.Gerade Handel und Gastronomie bieten sehr gute Möglichkeiten für Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zeitliche Flexibilität im beruflichen Alltag. Es werden sehr viele Teilzeitjobs angeboten: Im Handel arbeitet fast ein Drittel aller Beschäftigten in Teilzeit (83 Prozent davon sind Frauen).Zudem bieten diese Sektoren berufliche Wiedereinstiegsmöglichkeiten und Möglichkeiten für Quereinsteiger.Jugendliche sollten bereits ab dem 14. Lebensjahr Sommerjobs verrichten können. Bisher ist das in Italien nur ab einem Alter von 16 Jahren (mit Ausnahme der Lehre) möglich.Es sollten die arbeitsrechtlichen Möglichkeiten und Voraussetzungen geschaffen werden, dass arbeitswillige und motivierte Rentner auch nach ihrer Pensionierung einer Arbeit nachgehen können, ohne Nachteile daraus ziehen zu müssen.Da aufgrund der demografischen Entwicklung klar ist, dass in Zukunft in allen Sektoren immer mehr Mitarbeiter fehlen werden und Arbeitsplätze nicht besetzt werden können, müssen wir uns auch eingehend mit der Digitalisierung und Automatisierung von Arbeitsabläufen – dort, wo möglich – beschäftigen. Hier liegt noch viel Potential.
  9. Gesetzgebung: Raumordnung und Handelsordnung
    Der hds setzt sich für die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des bestehenden Handelsnetzes mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen kleinen und mittleren Fach- und familiengeführten Geschäften sowie Großverteilern in Ortszentren und Wohngebieten ein.Südtirol hat italienweit die höchste Anzahl an Handelsfläche pro Einwohner: 1,93 Quadratmeter Verkaufsfläche/Einwohner im Vergleich zum restlichen Italien mit 1,03 m²/Einwohner. Südtirol liegt auch vor Österreich (1,65 m²/Einwohner) und Deutschland (1,44 m²/Einwohner).Oberste Zielsetzung war und soll es auch in Zukunft bleiben, den Einzelhandel in den Ortskernen zu stärken und weiterzuentwickeln, um weiterhin die Attraktivität und Lebendigkeit der Dörfer, Innenstädte und Stadtviertel zu garantieren.Zudem setzt sich der hds dahingehend ein, dass sich den Betrieben in den Orten neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen, wie mit der Mischnutzung einer Fläche (Concept stores): In einem Betrieb können verschiedene Tätigkeiten wie Einzelhandel, Speis- und Schanktätigkeit, Dienstleistung und emissionsarmes Handwerk (z.B. Schuster, Friseur, Schönheitspflege) gleichzeitig ausgeübt werden.Rechtssicherheit garantieren: Es braucht klare Normen und Gesetze, die für alle Akteure aller Wirtschaftssparten und Größenordnungen gleich gelten müssen, konsequent umgesetzt und kontrolliert werden.Grundsätzlich gilt das Ziel, bei Kompetenzen und Gesetzgebung die Autonomie in vielen Bereichen auszubauen.
  10. Fairer Wettbewerb
    Viele Konsumausgaben sind – auch aufgrund der Pandemie – in Richtung Onlinehandel, vor allem hin zu den Online-Giganten, abgewandert. Ein Strukturwandel ist im Gange. Zum Einzelhandel gehört mittlerweile beides: stationär und online. Aber: Es fehlt ein fairer Wettbewerb. Dazu gehört die Steuergerechtigkeit.Große Online-Konzerne und Online-Plattformen zahlen für ihre Umsätze dank Steueroptimierungen und -verschiebungen in Steueroasen lächerliche Steuern. Die lokalen Betriebe sind benachteiligt.Es braucht gleiche Regeln für alle Akteure – ob stationär oder online oder Kleinbetriebe und Konzerne. Die Steuern müssen dort gezahlt werden, wo die Umsätze und Gewinne erwirtschaftet werden.Es braucht gleiche Wettbewerbsbedingungen und somit eine Änderung der Besteuerungssystematik auf europäischer und internationaler Ebene und somit eine Gleichstellung der Auflagen bei der Besteuerung des Onlinehandels – damit alle Akteure mit gleichen Bedingungen arbeiten können!”

Bezirk: Bozen