Von: luk
Sekundenschlaf und Übermüdung am Steuer sollten nicht unterschätzt werden. Das mahnt der ÖAMTC an. “Jeder Mensch wird irgendwann müde – doch oft ignoriert man körperliche Vorzeichen beim Lenken und will es nicht wahrhaben, um noch ein geplantes Ziel ohne Zeitverlust zu erreichen oder sich allfällige Übernachtungskosten zu sparen. Die Gefahr von Sekundenschlaf wird dabei unterschätzt – im schlimmsten Fall kommt man dann nicht zu spät, sondern gar nicht an”, warnt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger drastisch vor den Folgen von Übermüdung am Steuer.
Im Jahr 2022 gab es allein in Österreich 428 Übermüdungsunfälle mit Personenschaden (Quelle: Statistik Austria). “Damit haben wir bezüglich der Unfallzahlen leider wieder nahezu das Niveau vor der Pandemie erreicht”, berichtet die Expertin.
Der laut Statistik am häufigsten von Übermüdungsunfällen betroffene Altersbereich liegt zwischen 20 und 29 Jahren, gefolgt von der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen und den 50- bis 59-Jährigen an dritter Stelle. Betrachtet man das Geschlecht, sind es bis zu 80 Prozent Männer, die aufgrund von Übermüdung verunfallen. “Ein Grund dafür könnte sein, dass verhältnismäßig mehr Männer als Berufsfahrer, etwa im Transportwesen, beschäftigt sind – und dabei auch zu ungünstigen Zeiten unterwegs sein müssen. Die meisten Übermüdungsunfälle sind einerseits in den frühen Morgenstunden zwischen 5.00 und 6.00 Uhr, andererseits auch in der Zeit nach dem Mittagessen zwischen 13.00 und 15.00 Uhr zu verzeichnen”, erklärt Seidenberger.
Tipps der Expertin gegen Übermüdung am Steuer
* Leistungseinbußen: Müdigkeit beeinträchtigt den Körper – sie verlangsamt die Reaktionsfähigkeit und reduziert die kognitive Verarbeitung, komplexe Situationen im Straßenverkehr rasch zu erfassen, einzuordnen und richtig zu entscheiden.
* Warnsignale beachten: Auf Müdigkeitsvorboten des Körpers achten und sofort reagieren. Bei der nächsten Raststätte abfahren und zumindest 20 bis 30 Minuten “Powernap” einlegen oder das Steuer an fitte Mitfahrende übergeben. Oft fällt es Beifahrern früher auf, wenn der Lenker müde wird. Wenn möglich, auf langen Etappen öfters einen Fahrerwechsel durchführen.
* Essen und Getränke: Tee, Wasser oder verdünnte Fruchtsäfte trinken, weil Flüssigkeitsmangel die Konzentrationsfähigkeit negativ beeinträchtigt. Ungeeignet ist der Dauerkonsum von koffeinhaltigen oder aufputschenden Produkte wie Kaffee, Energy-Drinks oder Schokolade. Die Leistungskurve steigt zwar kurzfristig an, fällt dann aber rapide ab und man wird noch müder. Auf schwere kalorienreiche Mahlzeiten in den Fahrpausen verzichten.
* Nicht auf Fahrassistenzsysteme verlassen: Müdigkeitswarner, Spurhalteassistent oder Auffahrwarnsysteme können auf ein verändertes Fahrverhalten hinweisen und unterstützen, einen Einschlafunfall aber nicht immer verhindern. Die letztendliche Verantwortung trägt der Fahrer.
* Vermeintliche Gegenmittel: Auch Fenster öffnen, Radio lauter stellen, Telefonate führen oder Kaugummi kauen sind als “Anti-Schlafmittel” eher zwecklos.
* Vorerkrankungen: Besonders kritisch sind Schlafstörungen oder Therapien mit Arzneimitteln, die ermüden oder zu Leistungsbeeinträchtigung führen. Bei Menschen mit Schlafstörung besteht ein erhöhtes Risiko von Sekundenschlaf beim Autofahren.
* Als Mitfahrer aktiv einbringen: Vorab gemeinsam mit dem Lenker versuchen, einzuschätzen, wie fit oder müde man sich fühlt. Sobald Zweifel an der Leistungsfähigkeit bestehen, einen Fahrerwechsel durchführen oder einen Alternativ-Plan erstellen: Beispielsweise um eine andere Mitfahrgelegenheit kümmern oder dem Fahrer eine (Schlaf-)Pause gönnen.