Von: bba
Bozen – Die Vereinten Nationen haben schon im Mai davor gewarnt: Bis zum Ende dieses Jahres könnte die Zahl der 690 Millionen Hungernden sprunghaft um weitere 132 Millionen ansteigen. Für unzählige Tagelöhner, Fabrikarbeiter, Handwerker, Marktfrauen, Kleinbusfahrer und andere Dienstleister waren die Monate des Lockdowns ein Schock: Ohne das kleine, aber tägliche Einkommen bricht ihre Lebensgrundlage zusammen. 305 Millionen Arbeitsplätze wurden als Folge der Pandemie aufgelöst, ohne jeglichen Rückhalt. Gerade in wirtschaftlich schwächeren Ländern bedeutet das eine Unzahl von Schicksalen, ganze Familien, die nun mit leeren Händen und Mägen dastehen – so wie Aicha, eine junge Mutter in Afrika.
Der eigene Marktstand war für Aicha der Quantensprung ihres Lebens. Die Überdachung, drei Sitzbänke, zwei Backöfen und die ersten Mieten übernahm die Caritas mit Spenden aus Südtirol. Seitdem konnte Aicha Tag für Tag ihren selbst gemachten Saft und warme Krapfen verkaufen. Bald schon hatte sie einen Kreis von Stammkunden aufgebaut. Mit den Einnahmen hatte sie genug, um die ganze Familie satt zu machen. Aicha war dem Hunger entkommen. Bis zum Lockdown. Plötzlich waren Märkte geschlossen, Versammlungen verboten, Besuche untersagt. Ihre zwei Backöfen zu Hause blieben über Monate kalt.
„Was dieser Lockdown für Familien bedeutet, die von der Hand in den Mund leben, ist für uns schier unbegreiflich“, schildert der Caritas-Direktor Paolo Valente die Tragik. „Millionen Familien, die sich sicher glaubten, weil sie eine Strategie für ein minimales Einkommen entwickelt hatten, stehen heute vor dem Nichts. Mithilfe der vielen Spenderinnen und Spender aus Südtirol, konnten wir Tausende vor dem Schlimmsten bewahren. Das zeigt, dass wir gemeinsam viel bewegen können.“
Diese Verbundenheit betont auch Papst Franziskus immer wieder. „Es gilt, die gesamte Menschheitsfamilie in der Suche nach einer nachhaltigen und ganzheitlichen Entwicklung zu vereinen“, schreibt er in seiner Enzyklika „Laudato Si“, die heuer ihr fünfjähriges Bestehen feiert. „Während die Nachrichten sich ändern, ändern sich nicht der Schmerz, der Hunger und der Durst, sondern sie bleiben bestehen“, sagte er auch zum Exekutivkomitee des Welternährungsprogramms.
Dank der zahlreichen Spenden im Rahmen der Kampagne „Hunger macht keine Ferien“ und für den Katastrophenfond konnte die Südtiroler Caritas in der Corona-Zeit beherzte Nothilfe leisten. Mit Schulbauprojekten, dem Ausbau von Wasserstellen, der Nahrungshilfe in Familien wurden Arbeitsplätze gesichert und die Gesundheit der Menschen gestärkt. Hinzu kamen Nothilfeprogramme in insgesamt zwölf Ländern. Auch im letzten Jahr wurden 622.000 Euro gezielt für die Eindämmung des Hungers verwendet. „Erst wer dem Hunger entkommt, hat die Kraft, sein Leben zu gestalten. Zu dieser Kraft tragen über 8.000 Menschen in Südtirol bei“, bedankt Paolo Valente sich am Welternährungstag bei den Spenderinnen und Spendern.