Forschungskooperation

Innere Schäden bei Äpfeln: Neue Früherkennungstechnologie aus Südtirol

Freitag, 02. Februar 2024 | 10:42 Uhr

Von: mk

Bozen – Innere Schäden an Früchten sind für die gesamte Lieferkette der Apfelindustrie eine große Herausforderung. Lösungen verspricht ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, an dem die Freie Universität Bozen, das Versuchszentrum Laimburg und Eurac Research gemeinsam mit dem Brixner Unternehmen MiCROTEC forschen, dem weltweiten Marktführer für Scannersysteme in der Holzindustrie, der mit der Marke BIOMETiC auch in der Obst- und Gemüseindustrie tätig ist. Das dreijährige Projekt wird im Rahmen des Programms des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE 2021-2027) der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol gefördert.

Innere Qualitätsmängel von Früchten sind für die Apfelindustrie wie für den Handel ein wichtiges Thema.  Lassen sich Früchte mit äußeren Defekten leicht aussortieren, stellt die Erkennung von inneren Qualitätsmängeln bis heute eine große Herausforderung dar. Während der Lagerung von Äpfeln können solche Nachernteverluste zu großen wirtschaftlichen Schäden führen und es ist absolut notwendig, solch beschädigte Früchte aus der Verkaufskette zu nehmen. Doch bis dato gibt es nur wenige Messverfahren zur Bestimmung von inneren Qualitätsmängeln. Um diesen vorzubeugen und entsprechende Maßnahmen bei der Ernte oder in der Nachernte bzw. während der Lagerung treffen zu können, müssen die Ursachen präzise und in einer frühen Entwicklungsphase erkannt werden. Dafür bedarf es einer zuverlässigen und schnellen Technologie, die in der Lage ist, Bilder vom Innenleben der Früchte zu erfassen und diese mit einer verlässlichen Software in Echtzeit analysieren zu können, um für den Anwender nützliche Informationen zu generieren.

An einer solchen Innovation arbeiten Teams der drei größten Südtiroler Forschungseinrichtungen in den kommenden drei Jahren gemeinsam mit dem Brixner High-Tech Unternehmen MiCROTEC im Forschungsprojekt „Hyperspektrale Bildgebung zur Erkennung von physiologisch und parasitär bedingten Schadbildern an Apfelfrüchten bei der Ernte und in der Nachernte“ (HIPPA). Die Projektidee ging aus einer Zusammenarbeit zwischen Prof. Markus Zanker (Fakultät für Ingenieurwesen) und Prof. Sanja Baric (Fakultät für Agrar-, Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften) von der Freien Universität Bozen hervor. „Zu diesen Themen wird aktuell viel geforscht, um aber einen Durchbruch für angewandte und praktische Lösungen zu erzielen, braucht es einen interdisziplinären Ansatz in dem agronomisches, informationstechnisches und technologisches Wissen zusammenfließen“, sagte Prof. Sanja Baric, die Leiterin des Projektes im Rahmen des Kick-off Treffens, das kürzlich in Bozen stattfand. „Wir sind sehr erfreut darüber, ein interdisziplinäres Team aus Forschenden und Expert:innen verschiedenster wissenschaftlicher Disziplinen wie Nacherntephysiologie und -technologie, Phytopathologie, Datenerhebung durch Sensoren, Bildverarbeitung und maschinelles Sehen, künstliche Intelligenz oder Entscheidungshilfesysteme zusammengestellt zu haben.“

Das mit EFRE-Geldern geförderte Konsortium kann dabei auch auf das Know-how des Unternehmens  MiCROTEC setzen, dem die Identifizierung von inneren Merkmalen bereits vor Jahrzehnten im Bereich der holzverarbeitende Industrie gelungen ist. Eine Technologie, die nun von der MiCROTEC-Tochterfirma BIOMETiC in Zusammenarbeit mit den interdisziplinären Forschungsteams der unibz, des Versuchszentrums Laimburg und von Eurac Research auf Äpfel übertragen werden soll. Das gemeinsame Ziel? Eine innovative und zuverlässige Lösung für die digitale, und zerstörungsfreie Bestimmung von inneren Schäden beim Apfel, das Monitoring und die Vorhersage von Nacherntekrankheiten, physiologischen Störungen und Qualitätsmerkmalen von Apfelfrüchten. Das Projekt wird außerdem die Grundlagen für die Entwicklung spezifischer Sensoren und Hardware erarbeiten, die in Zukunft in Ernterobotern oder Sortiermaschinen von BIOMETiC eingesetzt werden könnten.

Eine vielversprechende Technologie, auf die das Forschungskonsortium setzen will, ist die hyperspektrale Infrarot-Bildgebung. Sie ermöglicht es, Daten zu sammeln, die auf andere Weise nicht sichtbar wären. Dabei wird auf Sensorsysteme gesetzt, die elektromagnetische Signale vieler angrenzender Wellenlängen aufnehmen können. Diese können in einem Wellenlängenbereich zwischen 350 und 2500 nm liegen, während das menschliche Auge Wellenlängen nur in einem Bereich von 350 nm bis 730 nm wahrnimmt. Somit können mit der hyperspektralen Bildgebung mehr Informationen von einem Objekt erfasst werden als mit einer üblichen Kamera mit drei Farbkanälen. Die zusätzliche spektrale Information führt allerdings zu einem höheren Grad an Komplexität, der fortschrittliche Lösungen bei der Extraktion der Daten erfordert, die von den üblichen Bildanalysetechniken abweichen. Hierbei kann der Einsatz von Deep Learning-Methoden von großem Nutzen sein. Die Ergebnisse sollen schließlich Empfehlungen über Maßnahmen zur Verringerung von Nachernteverlusten und -abfällen entlang der Produktions- und Lieferketten geben und nachhaltige Produktionswege fördern.

Bezirk: Bozen