Ist Bozen so noch lebenswert?

Kassenbon-Vergleich löst Empörung aus

Donnerstag, 17. Oktober 2024 | 11:25 Uhr

Von: luk

Bozen – Können ein Cappuccino und zwei kleine Süßspeisen den Tag verhageln? In diesem Fall schon: Ein Facebook-Post des ehemaligen Bozner Gemeinderats Enrico Lillo löste nämlich eine Welle der Empörung und hitzige Diskussionen aus. Er legt damit den Finger in eine Wunde, die immer größer zu werden scheint und wirft zeitgleich viele Fragen auf.

Im Zentrum steht die Gegenüberstellung zweier Kassabons mit dem ungefähr gleichen Warenwert – einer stammt aus Apulien, der andere aus Bozen. Der große Unterschied fällt “unterm Strich” auf: Während im Salento 6,80 Euro fällig wurden, musste Lillo im Bozner Stadtzentrum 14,40 Euro dafür bezahlen.

Der Facebook-Eintrag zog in kürzester Zeit hunderte Kommentare nach sich und entfachte eine breite Diskussion über die stark gestiegenen Preise in Bozen. „Es geht nicht nur um den Unterschied zwischen Bozen und anderen Städten, sondern um die Kluft zwischen dem Zentrum und den Randbezirken“, kommentierte ein Nutzer. Tatsächlich sind die Preise im Stadtzentrum weitaus höher: Während ein Kaffee in der Innenstadt bis zu zwei Euro kostet, zahlt man in den anderen Vierteln maximal 1,30 Euro.

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Lokale Gastronomen wie Claudio Marchesini sehen die hohen Preise als unvermeidlich an: „Die Mieten im Zentrum sind exorbitant und die Betriebskosten kaum vergleichbar mit denen jenseits der Talfer.“ Bozen habe mittlerweile ein Preisniveau erreicht, das an Metropolen wie Mailand erinnere, während die Löhne stagnieren.

Die steigenden Lebenshaltungskosten sind jedoch nicht nur in den Cafés und Restaurants spürbar. Das Preisniveau schlägt sich mittlerweile auch in Studien zur Lebensqualität durch. Rangierte Bozen lange vorbildhaft an vorderster Stelle im Vergleich mit italienischen Städten, rutschte die Südtiroler Landeshauptstadt auch aufgrund der hohen Preise zuletzt ab. Cristina Masera von der Gewerkschaft CGIL sieht Handlungsbedarf: „Die Preise in Bozen belasten immer mehr soziale Schichten, und das Lohnniveau bleibt viel zu niedrig.“ Sie fordert rasche Maßnahmen, um das Ungleichgewicht zwischen den Lebenshaltungskosten und den Einkommen zu beheben.

Während Gastronomen wie Franco Collesei auf die hohen Rohstoffpreise und den Fachkräftemangel hinweisen, argumentieren andere, dass der zunehmende Tourismus die Preise zusätzlich in die Höhe treibt. Roland Buratti, Präsident des Verkehrsamts der Stadt, sieht jedoch keine direkte Korrelation zwischen dem Tourismusboom und den steigenden Preisen. „Bozen wird immer mehr selbst zur Touristenstadt, aber die Ursache der Preissteigerungen liegt tiefer.“

Unabhängig von den Ursachen scheint klar: Die Bürger spüren zunehmend den Druck der steigenden Lebenshaltungskosten, und die Diskussion um die Preise in Bozen ist aktueller denn je.

Enrico Lillo bemerkt in seinem Facebook-Post noch etwas: Nicht nur der Preis sei in Apulien günstiger gewesen, auch die Freundlichkeit des Personals habe im Gegensatz zu der im Bozner Lokal hervorgestochen.

Bezirk: Bozen

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