Kika/Leiner befindet sich bereits seit mehreren Jahren in der Krise

Kika/Leiner erneut insolvent – Sanierungsverfahren eröffnet

Donnerstag, 14. November 2024 | 14:20 Uhr

Von: apa

Die Möbelkette Kika/Leiner ist erneut insolvent und startet einen zweiten Sanierungsversuch. Nach der Pleite im Juni 2023 wurde über das Unternehmen am Donnerstag ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht St. Pölten eröffnet. Von der Insolvenz sind rund 1.350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen. Bis spätestens Mitte Jänner soll feststehen, ob eine weitere Sanierung Aussicht auf Erfolg hat.

Die unbesicherten Verbindlichkeiten (Passiva) des Möbelhändlers belaufen sich auf 113 Mio. Euro und im Liquidationsfall auf 139 Mio. Euro, teilten die Gläubigerschützer AKV, Creditreform und KSV mit. Zum Insolvenzverwalter wurde der St. Pöltener Rechtsanwalt Volker Leitner bestellt. Gläubiger können ihre Forderungen bis 10. Jänner 2025 anmelden. Die erste Tagsatzung findet am 17. Jänner statt. Über den beantragten Sanierungsplan wird am 21. Februar abgestimmt. Die Finanzierung der 20-Prozent-Quote für die Gläubiger soll “durch den Einstieg eines Investors erfolgen”, heißt es im Insolvenzantrag, welcher der APA vorliegt.

Kika/Leiner befindet sich bereits seit mehreren Jahren in der Krise, zwischen 2013 und 2023 gab es drei Eigentümerwechsel und zahlreiche Filialschließungen. Im Jahr 2023 verkaufte Rene Benkos Signa die Kika/Leiner-Immobilien an die Grazer Supernova und das operative Möbelgeschäft an den Handelsmanager Hermann Wieser. Kurz darauf meldete das Unternehmen Insolvenz an, 23 von 40 Filialen wurden im Zuge des ersten Sanierungsverfahrens geschlossen und rund 1.500 Mitarbeiter gekündigt. Mit der erneuten Insolvenz ist der erste Sanierungsplan gescheitert. “Forderungen aus dem alten Insolvenzverfahren werden nicht automatisch berücksichtigt, sondern müssen wieder angemeldet werden”, sagte Stephan Mazal von Creditreform.

Der Insolvenzverwalter wird nun prüfen, ob eine positive Fortbestandsprognose für das Unternehmen möglich ist. “Diese Erhebungen werden eine Zeit in Anspruch nehmen und sollen spätestens bis zur ersten Gläubigerversammlung am 17. Jänner 2025 abgeschlossen sein”, so Leitner in einer Aussendung. “Eine Sanierung ist jedenfalls nur dann möglich, wenn das schuldnerische Unternehmen zumindest kostendeckend fortgeführt werden kann”, erklärte die Leiterin Unternehmensinsolvenzen Wien/NÖ/Bgld beim KSV1870, Brigitte Dostal.

Die Möbelkette hat nach eigenen Angaben noch versucht, einen Investor zu finden. Rund um Kika/Leiner-Eigentümer Wieser “konnten keine weiteren Mittel zur Verfügung gestellt werden”, schreibt das Unternehmen im Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens. Als Ursachen für das Scheitern des ersten Sanierungsplans führte der Möbelhändler Kostensteigerungen, die Rezession und eine Kaufzurückhaltung der Kunden an.

Kika/Leiner hat derzeit laut Kreditschützern 924 Gläubiger mit offenen Forderungen, darunter Lieferanten, Dienstnehmer und das Finanzamt. Weiters betroffen sind zusätzlich zahlreiche Kunden, welche bereits eine Anzahlung geleistet haben, etwa für Küchen oder größere Wohnanschaffungen. Die Anzahl der betroffenen Anzahlungsgläubiger können die Kreditschützer derzeit nicht abschätzen. “Ob es eine Lösung für die Gutscheingläubiger geben wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt, sodass hier abgewartet werden muss”, hieß es vom AKV.

Gutscheine/Bonuspunkte und Anzahlungen seien “aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen als Insolvenzforderungen zu werten”, erklärte der Insolvenzverwalter. Leitner will nun abklären, ob eine Erfüllung der Aufträge unter Anrechnung der Anzahlungen möglich ist. Der Masseverwalter plant möglichst bald – voraussichtlich in zwei bis drei Wochen – darüber zu informieren, wie mit den offenen Kundenaufträgen weiter vorgegangen werden kann.

In Kürze beginnt auch die Arbeit für den Insolvenzentgeltfonds (IEF) in der Causa Kika/Leiner. Schlittert ein Unternehmen in die Insolvenz, springt in Österreich der öffentliche IEF ein und bezahlt für eine gewisse Zeit offene Löhne, Gehälter, Beendigungsansprüche und Abfertigungen. “Wir sind gut vorbereitet”, sagte IEF-Chef Wolfgang Pfabigan zur APA. Dem IEF würden Mittel in Höhe von 410 Mio. Euro zur Verfügung stehen. “Man muss sich keine Sorgen machen”, betonte Pfabigan. Im Rahmen der ersten Kika/Leiner-Insolvenz zahlte der Insolvenzentgeltfonds rund 36 Mio. Euro aus.

Mitbewerber XXXLutz will betroffenen Mitarbeitern und Kunden der insolventen Möbelkette unter die Arme greifen. Der Welser Möbelriese hat derzeit 400 offene Jobs in Verkauf, Verwaltung und Logistik. “Unsere Türen stehen offen”, sagte XXXLutz-Manager Thomas Saliger zur APA in Richtung der Kika/Leiner-Mitarbeiter. Auch die Österreichische Post bietet Betroffenen neue Jobs an. Offene Kika/Leiner-Kundenaufträge will XXXLutz “möglichst kostenneutral für die Kunden übernehmen”. Da werde es ein Angebot geben, kündigte Saliger an. Zum kürzlich bekannt gewordenen Kauf von elf bereits im Sommer 2023 geschlossenen Kika/Leiner-Standorten durch XXXLutz vom Immobilieneigentümer Supernova ließ sich der Manager nicht in die Karten blicken. “Die Nachnutzung wird jetzt diskutiert. Standorte um des Wachstums Willens machen wir nicht”, erklärte Saliger. XXXLutz-Rechtsanwälte würden prüfen, ob eine Anmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) notwendig sei.

Die erneute Insolvenz der Möbelkette bezeichnete die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, Barbara Teiber, als “trauriges Musterbeispiel für den Bedarf an mehr Budgetmitteln für die aktive Arbeitsmarktpolitik des AMS”.

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