Von: apa
Der Flughafen Wien sieht mit dem neuen Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS einen “Kurswechsel in Bezug auf die Luftfahrt” ein. Das sagten die Flughafen Wien AG-Vorstände Günther Ofner und Julian Jäger bei der Bilanzpressekonferenz am Montag in Wien. Kritik übten die Beiden an neuen EU-Regeln zu nachhaltigen Kraftstoffen, die europäische Flughäfen benachteiligten. Der Passagierrekord 2024 hat der Flughafen-Gruppe erstmals einen Umsatz von über 1 Mrd. Euro beschert.
Die bisherige Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) habe “immer sehr gefremdelt”, wenn es um die Luftfahrt geht, meinte Ofner. Sein Vorstandskollege Jäger macht in der jetzigen Regierung eine “spürbar veränderte Tonalität” aus. Der neue Infrastrukturminister Peter Hanke (SPÖ) wisse als ehemaliger Eigentümervertreter der Stadt Wien die “Bedeutung der Luftfahrt für den Wirtschaftsstandort Wien, aber auch für den Tourismusstandort Wien” zu schätzen. Der Flughafen gehört zu jeweils 20 Prozent der Stadt Wien und dem dem Land Niederösterreich. Hanke war bis vor kurzem Finanzstadtrat in Wien.
Änderung bei EU-Biospritregeln gefordert
Der Flughafen Wien hofft, dass die neue Regierung sich in Brüssel für eine Veränderung der EU-Regeln einsetze. Konkret geht es dabei um eine EU-Verordnung, die ab 2025 einen zweiprozentigen Anteil an nachhaltigem Kerosin (Sustainable Aviation Fuel, SAF) in Flugzeugsprit vorschreibt. “Das alternative Kerosin ist derzeit beschränkt auf die Produktion in Europa”, bemängelt Ofner. Das verhindere, dass dort investiert wird, wo dieses billig produziert werden könnte. Ofner nennt hier die Wüste in Nordafrika als Beispiel.
Zudem benachteilige die Regelung europäische Flughäfen. Ofner nennt als Beispiel einen Flug von Wien nach Tokio. Bei einem Direktflug würden die SAF-Regeln für die gesamte Strecke gelten – bei einem Umstieg in Istanbul nur für den ersten Teil der Strecke. Auch eine “Ausweitung des Emissionszertifikatehandel ab 2027” solle nochmal überdacht werden.
Höhere Strafen bei Klimaprotesten gefordert
Mit Blick auf den Protest von Klimaaktivistinnen und -aktivisten sprach sich Ofner für eine Nachschärfung im Strafrecht bei “Maßnahmen, die den Luftverkehr stören” aus. Jüngst hatte der Flughafenbetreiber mit Aktivisten der “Letzten Generation” rund um eine Störaktion im Juli des Vorjahres einen Vergleich geschlossen. Dieser umfasste die Zahlung von 15.000 Euro durch die Aktivisten.
Nichts Neues verkündet wurde mit Bezug auf eine mögliche dritte Piste in Schwechat. Hier warte man noch immer auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) und hoffe im Lauf des Jahres 2026 eine Entscheidung zu treffen. Der VwGH prüft derzeit im Rahmen einer Beschwerde des Flughafens Wien, ob der vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) verkürzte Aufschub für die Baugenehmigung von 2033 auf das Jahr 2030 rechtlich hält.
Kräftiger Zuwachs bei Umsatz und Gewinn
Ein neuer Höchststand bei Passagieren hat den Umsatz und Gewinn der Flughafen Wien AG im Jahr 2024 nach oben schnellen lassen. Die Erlöse stiegen im Vergleich zum Jahr davor um 13 Prozent auf 1,05 Mrd. Euro und der Nettogewinn kletterte um 27 Prozent auf 239,5 Mio. Euro. Angesichts des gestiegenen Gewinns schlägt der Vorstand eine Dividendenerhöhung von 1,32 Euro (2023) auf 1,65 Euro (2024) je Aktie vor. Für 2025 rechnet die Flughafen Wien-Gruppe mit einem positiven Ausblick.
Zur Gruppe gehören auch der Malta Airport und der Flughafen Kosice in der Slowakei. 2024 stieg das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um 12,4 Prozent auf 442,3 Mio. Euro und das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) erhöhte sich um 16,9 Prozent auf 306,1 Mio. Euro.
Malta (+14,8 Prozent) und Kosice (+18,2 Prozent) verzeichneten im vergangenen Jahr ein deutlich stärkeres Passagierwachstum als der Standort in Wien (+7,4 Prozent). Allein Malta habe 2024 mit 23 Prozent zum EBIT beigetragen, beim Umsatz waren es 14 Prozent.
Buchungslage für Sommer “sehr gut”
“Für 2025 sind wir vorsichtig optimistisch und erwarten rund 32 Mio. Passagiere in Wien und rund 42 Mio. Reisende in der Gruppe”, so Jäger. Die Buchungslage für den Sommer sei “gut” und man rechne “mit einer starken Hauptreisezeit”. Die Vorhaben der neuen Regierung bewertet der Airport positiv.
Trotz schwacher Konjunkturlage will der Flughafen Wien “kräftig” in die Standortentwicklung investieren und erhöht die Investitionen heuer auf rund 300 Mio. Euro. Das größte Investitionsprojekt ist die Terminal-Süderweiterung, weitere Investitionen fließen in die Erweiterung des Office Park 4 sowie in Modernisierungen, wie etwa die Terminal 1A-Sanierung. Bei der Süderweiterung soll der Rohbau im Sommer fertig werden.
Seitwärtsbewegung 2025 bei Umsatz und Gewinn erwartet
Für 2025 rechnet die Flughafen-Wien-Gruppe mit einer Seitwärtsbewegung bei den Erlösen und beim Gewinn. Der Umsatz soll sich heuer laut Prognose auf 1,08 Mrd. Euro belaufen, das EBITDA auf 440 Mio. Euro und das Periodenergebnis vor Minderheiten auf 230 Mio. Euro. “Wenn die Dinge sich weiter so entwickeln, wie es derzeit ausschaut, dann glaube ich, ist unser Ausblick im Moment eher auf der konservativen Seite”, so Ofner. Es könne auch gut sein, dass der Ausblick übertroffen werde.
Der Flughafen gehört zu jeweils 20 Prozent der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich, zehn Prozent hält eine Mitarbeiter-Beteiligungsstiftung, 44 Prozent die Airports Group Europe rund um den australischen Fonds IFM und der Streubesitz liegt bei 6 Prozent. Die Aktie der Flughafen Wien AG legte am Montag an der Wiener Börse um 0,8 Prozent auf 53,0 Euro je Titel zu.
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