Von: luk
Laimburg – Über 70 Teilnehmende haben sich am Samstag über Anbau und Trocknung von Kräutern sowie über die Extraktion von Wirkstoffen informiert.
Sechs namhafte Experten aus dem In- und Ausland referierten bei der vom Sachbereich Kräuteranbau des Versuchszentrums Laimburg organisierten Tagung im Meraner Kurhaus über verschiedene Aspekte rund um den Anbau und die Weiterverarbeitung von Kräutern. Dabei wurden verschiedene Anbaumethoden und deren Einfluss auf Ertrag und Produktqualität besprochen. Ein zweiter Schwerpunkt lag auf der Trocknung von Heil- und Gewürzpflanzen, da sich dieser Verarbeitungsschritt bedeutend auf die Qualität auswirken kann. Weitere Themen waren die Extraktion von Wirkstoffen aus Heilpflanzen sowie das Vorkommen von Pyrrolizidinalkaloiden in Arzneipflanzen. Mit dieser Fachtagung, betonte der Direktor der Gutsverwaltung Laimburg Günther Pertoll, habe man namhafte Experten zum Thema Kräuteranbau und ‑verarbeitung zusammengeführt, um das Fachwissen allen Interessierten zugänglich zu machen und damit Innovationen im Bereich Kräuter in Südtirol voranzutreiben.
Das Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea) gehört zu der Familie der Enziangewächse und ist in ganz Europa in Höhenlagen bis 1500 Metern Meereshöhe verbreitet. Es zeichnet sich durch einen hohen Bitterstoff-Gehalt aus und wird gegen Appetitlosigkeit und Magen-Darm-Beschwerden angewandt. Das oberirdische, getrocknete Pflanzenmaterial findet in der Pharmaindustrie und in der Getränkeherstellung, in Tees oder als Tinktur, Verwendung. In ihrem Vortrag verglich Lisa Pataczek von der Universität Hohenheim (Deutschland) mögliche Anbaumethoden des Tausengüldenkrauts und diskutierte deren Einfluss auf den Ertrag und die Drogen- bzw. Produktqualität. Grundlage der Untersuchungen waren verschiedene Anbauversuche am Gachhof bei Meran, die Pataczek im Rahmen ihrer Master-Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Versuchszentrum Laimburg und der Universität Innsbruck durchgeführt hatte.
Pietro Fusani vom Consiglio per la ricerca in agricoltura e l’analisi dell’economia agraria stellte die Forschungsarbeiten seines Instituts zu Gewürz- und Heilpflanzen vor. Ziel der Untersuchungen war es, (alpine) Pflanzenarten, die als Gewürz- oder Heilpflanze von Interesse sind, aufzufinden, zu charakterisieren, zu erhalten, anzubauen und damit aufzuwerten. Dabei wurden auch die Anbaumöglichkeiten von Akzessionen zumeist alpiner Heilpflanzenarten bewertet, die in der Natur aufgefunden wurden (Spontanpopulationen), u. a. Gelber Enzian (Gentiana lutea), Echte Arnika (Arnica montana), Rosenwurz (Rhodiola rosea) und einer lokal vorkommenden Population der Petersilie (Petroselinum crispum).
Auch zu den drei alpinen Nutzpflanzen Alpen-Milchlattich (Cicerbita alpina), Wald-Geissbart (Aruncus dioicus) und Bärlauch (Allium ursinum) hat der Consiglio per la ricerca in agricoltura e l’analisi dell’economia agraria umfassende Untersuchungen angestellt. Fabrizio Scartezzini erläuterte, was vom Übergang von der Wildsammlung zum Anbau dieser Arten zu beachten ist und welche Anbautechniken eingesetzt werden sollten, um eine gute Produktion zu erzielen. Pflanzen dieser Art haben ein großes Potenzial, betonte Scartezzini; sie ermöglichen es, alte Geschmacksrichtungen und die damit verbundenen Traditionen wiederzuentdecken und tragen damit zur Aufwertung ländlicher Gegenden bei. Die Züchtung solcher wildwachsender Pflanzen zu Kulturpflanzen leistet darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität.
Als Heilpflanzen gelten Pflanzen, die eine bewiesene therapeutische Wirkung haben. Pflanzliche Drogen sind rohe oder zubereitete Pflanzenteile, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten. Zur Herstellung pflanzlicher Drogen werden verschiedene mechanische Verfahren und Extraktionsverfahren angewandt. Zu den mechanischen Verfahren zählen u. a. die Zerstückelung, Zerkleinerung, Pulverisierung und die Pressung; bei den Extraktionsverfahren reicht die Bandbreite von der Infusion und der Abkochung über Enfleurage und Mazeration bis hin zur Extraktion mit Lösungsmitteln und zur Extraktion mit überkritischen Lösungsmitteln. Deborha Decorti, die am Land- und Forstwirtschaftlichen Versuchszentrum Laimburg den Sachbereich Destillation leitet, gab einen detaillierten Überblick über die verschiedenen traditionellen und modernen Techniken, die angewandt werden, um ätherische Öle aus Heilpflanzen zu gewinnen und erläuterte jeweils deren Vor- und Nachteile.
Bei der Trocknung, der ältesten Methode der Haltbarmachung (Konservierung), wird Feuchte aus einem Gut entfernt, indem sie in Dampf verwandelt und abgeführt wird. Die Trocknung ermöglicht es, biochemische Abbaureaktionen zu verlangsamen, das Erntegut zu stabilisieren und bestimmte Eigenschaften und Inhaltsstoffe über einen längeren Zeitraum hinweg zu erhalten. Isabel Barfuss von der Universität Hohenheim (Deutschland) stellte verschiedene Methoden der Trocknung vor, illustrierte, was bei den einzelnen Abschnitten der Trocknung im Gut geschieht, und erklärte das Trocknungsverhalten von Salbei und Melisse.
Bei Pyrrolizidinalkaloiden handelt es sich um hochgiftige Pflanzeninhaltsstoffe, die sowohl für den Menschen als auch für Nutztiere lebertoxisch und krebserregend sein können. Da sie auch in einigen häufig vorkommenden Unkrautarten vorkommen, kann die Mitbeerntung insbesondere bei krautigen Produkten zu Kontaminationen und zu Überschreitungen der neuerdings festgelegten Grenzwerte führen. Landwirtschaft und Verarbeitungsindustrie seien gleichermaßen aufgefordert, die Kontaminationsrisiken zu senken, betonte Andreas Plescher von der Pharmaplant Arznei- und Gewürzpflanzen Forschungs- und Saatzucht GmbH Artern (Deutschland) in seinem Vortrag. Mehrere Aktionen in diese Richtung wurden bereits eingeleitet: So erfasst beispielsweise die unternehmensübergreifende Datenbank zu Kontaminanten neben Pestizidrückständen, Schwermetallen und Mykotoxinen nun auch Pyrrolizidinalkaloide.