Von: mk
Bozen – Wer glaubt, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesverwaltung liege nur die aktuelle Situation am Herzen, täuscht sich. In ihrer diesjährigen Vollversammlung haben die ASGB-Landesbediensteten einen Blick in die Zukunft der Arbeit „beim Land“ geworfen und Forderungen diskutiert, damit der öffentliche Dienst auch weiterhin funktionieren kann.
Wir werden älter, wir werden weniger: So lautete lapidar das Motto der heurigen Vollversammlung der ASGB-Landesbediensteten, der mit rund 1530 Mitgliedern stärksten Gewerkschaft unter den Bediensteten des Landes, so weitreichend die Folgen des demografischen Wandels und der Digitalisierung. Für letztere zeigte Kurt Matzler, Professor für Betriebswissenschaft, die radikale Veränderung durch digitale Technologien auf, die viele Jobs verschwinden lasse, aber auch viele neue schaffe. „Wir müssen uns“, so Matzler, „vom Gedanken verabschieden, dass wir mit dem ersten Job auch in Pension gehen, wir müssen stattdessen lernen und uns weiterentwickeln“. Zugleich müsse darauf geachtet werden, dass die Schere zwischen Produktivitäts- und Lohnsteigerungen nicht noch weiter auseinanderklaffe: „Derzeit lässt die Digitalisierung die Ungleichheit wachsen und das birgt Risiken“, so Matzler.
Den demografischen Wandel zerpflückte der Direktor des Arbeitsförderungsinstitutes (AFI), Stefan Perini, für den öffentlichen Dienst. Schon heute liege das Durchschnittsalter dort mit 48 Jahren rund fünf Jahre über jenem in der Privatwirtschaft. Dieser Trend werde durch den Aufnahmestopp noch gesteigert. „Der Stopp verhindert den Zufluss von jungem Personal, deshalb kann er keine Zukunftspolitik sein“, so Perini. Er wies aber auch darauf hin, dass das höhere Alter nicht nur Nachteile habe. So stiegen Urteilsfähigkeit, Erfahrungswissen und Verantwortungsbewusstsein mit den Lebensjahren. „Die Jungen sind die Sprinter“, so der AFI-Direktor, „aber die Alten kennen die Abkürzungen.“ Bei neuen Rekrutierungen müsse man daher zielgenau auswählen, während das Stammpersonal entwickelt und Abgänge geplant werden müssten.
Perini führte aus, dass der De-facto-Lohnstopp in der Landesverwaltung die Rekrutierung erschwere, ein Punkt, der auch vom Landesvorsitzenden des ASGB, Tony Tschenett, aufgegriffen wurde. Er richtete einen eindringlichen Appell an die Politik, endlich die neuen, längst fälligen Kollektivverträge für das Landespersonal abzuschließen und bei diesen Abschlüssen auch die gesunkene Kaufkraft zu berücksichtigen.
Ein solches finanzielles Aufschließen gilt als notwendige Voraussetzung dafür, dass das Land auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig bleibe – oder erst wieder werde, wie Hanspeter Staffler, Generaldirektor des Landes, betonte. Das Land sehe sich einer enormen Pensionierungswelle entgegen. So gingen rund 50 Prozent aller Bediensteten bis 2030 in Pension, sie zu ersetzen sei schwierig: „Die Jugend biegt heute ab, bevor sie in die Landesverwaltung kommt“, so Staffler. Damit die Verwaltung wieder mit den Privaten mithalten könne, müsse das Land auf Arbeitgebermarketing, strategische Personalpolitik und ein altersphasengerechtes Führen setzen.
Mit diesen Themen beschäftigen sich auch drei Resolutionen, die die Vollversammlung der ASGB-Landesbediensteten verabschiedet hat. Die erste ist der Forderung gewidmet, Arbeit alters- und alternsgerecht zu organisieren, etwa durch eine flexiblere Anpassung der Arbeitsbedingungen an die jeweilige Lebensphase der Mitarbeiter oder die Einführung eines Langzeitarbeitskontos, auf das in jungen Jahren Mehr-Arbeitsstunden „eingezahlt“ werden können, von denen man später (oder bei Bedarf) profitieren kann.
Resolution Nummer zwei hat das Personalmanagement im Blick, mit dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als größtes Kapital der Landesverwaltung gezielt aufgewertet werden soll. Konkret geht es um eine Stärkung durch die Politik, um gezielte Weiterbildung und eine stetige Anpassung der Kollektivverträge. Die dritte Resolution listet schließlich Forderungen auf, damit das Land im Wettlauf um junge Talente nicht abgehängt wird. Die Palette reicht von einer Anpassung der Entlohnung über ein stärker meritorisches Karrieresystem bis hin zum Aufbrechen eines allzu starren Systems zugunsten einer flexibleren Anpassung an neue Wünsche von Bürgern und Mitarbeitern.