Von: mk
Graun im Vinschgau – Die Oberländer Gletscherbahn hat fristgerecht die vorgesehene Stellungnahme zum negativen Vorgutachten des Amtes für Landesplanung zur geplanten Skiverbindung zwischen Langtaufers in Südtirol und dem Kaunertal im Bundesland Tirol eingebracht. In 16 Punkten auf zwölf Seiten werden darin von der Behörde „negativ bewertete Punkte widerlegt, Widersprüche aufgezeigt und Informationen ergänzt“. Zwei neue Gutachten untermauern die Stellungnahme der Oberländer Gletscherbahn.
Im Wesentlichen sind es drei große Bereiche, die in der Stellungnahme der Oberländer Gletscherbahn AG zum Vorgutachten des Amtes für Landesplanung für die geplante Verbindung Langtaufers-Kaunertal behandelt werden: Umwelt, Wertschöpfung für die Gemeinde Graun und den Obervinschgau sowie die Auswirkungen des Projektes auf andere Skigebiete in der Region. Dem Bereich Umwelt wird dabei besonders viel Raum gegeben, baut doch das im Februar 2017 ausgestellte Gutachten des Umweltbeirates auf der Pistenvariante „Karlesjoch“ auf. Diese wurde jedoch von der Oberländer Gletscherbahn AG im Dezember 2016 zurückgezogen und ist somit nicht Teil des Projektes.
Die zur Genehmigung vorgelegte Variante „Weißseejoch“ sei im Gutachten des Umweltbeirates nur am Rande enthalten, wobei festgehalten werde, dass „dieser Eingriff mit geringeren Erdbewegungen verbunden wäre und weniger Konflikte mit naturkundlich relevanten Lebensräumen zu erwarten wären“.
Im Vorgutachten des Amtes für Landesplanung, das als Entscheidungshilfe für die Südtiroler Landesregierung über die Skiverbindung dienen soll, wurden die Erkenntnisse des Umweltgutachtens weitgehend übernommen. Die zu genehmigende Variante „Weißseejoch“ kommt auch darin nur am Rande vor. Die Biologin Kathrin Kofler von ARGE Natura hat diese Variante vor kurzem erneut im Zuge eines Lokalaugenscheins eingehend untersucht und kommt in einem neuen Gutachten zum Schluss, dass dabei „keine relevanten Problematiken im Zusammenhang mit den Lebensräumen bestehen“.
Empfehlung für Projekt von Seilbahnexperten Roland Zegg
Der in Südtirol bekannte und geschätzte Seilbahnexperte Dr. Roland Zegg von Grischconsulta in der Schweiz empfiehlt in einem neuen Gutachten klar, sich für das Verbindungsprojekt entscheiden. „Mit dem Anschluss an den Kaunertaler Gletscher erhielte die ganze Region die Glaubwürdigkeit, dass sicher Ski gefahren werden kann. Ein Faktor der immer wesentlicher wird“, so Zegg im Gutachten. Zudem verweist Zegg darauf, dass das Langtauferer Tal touristisch nicht voll erschlossen, jedoch aber auch nicht völlig unberührt ist. „Es existieren rund 33 Betriebe und 424 Betten, welche nicht zuletzt wegen den Skigebieten Maseben und Melag-Langtaufers, welche über Jahrzehnte Bestand hatten, entstanden sind.“ Beide Skigebiete gibt es heute nicht mehr.
“Positive Impulse für den gesamten Obervinschgau”
Negative Auswirkungen auf andere Skigebiete wie Haideralm-Schöneben kann Zegg nicht ausmachen. Ganz im Gegenteil ortet er wie schon in einem früheren Gutachten des Jahres 1999 eine Bereicherung für die ganze Skiregion Obervinschgau. „Es handelt sich vielmehr um ein ergänzendes als ein konkurrenzierendes Angebot. Der Anschluss an das Gletschergebiet wird dazu führen, dass die Skiregion als Ganzes attraktiver wird. Das heißt, dass sich neue zusätzliche Gäste für die Region entscheiden werden. Es ist mit Sicherheit damit zu rechnen, dass von diesen zusätzlichen Gästen, welche ohne die Verbindung nicht gekommen wären, auch die anderen Skigebiete profitieren werden.“
Roland Zeggs Gutachten aus dem Jahr 1999 wird im negativen Gutachten des Umweltbeirates explizit zitiert, Zeggs Schlussfolgerung aus diesem Gutachten wurde aber ausgespart: „Die Skiverbindung Langtaufers-Kaunertal bietet die beste Chance, die Region aus dem wirtschaftlichen „Koma“ heraus zu führen.“
Alle Fakten auf den Tisch
„In 16 Punkten auf zwölf Seiten konnten alle kritisch bewerteten Punkte seitens der Oberländer Gletscherbahn AG widerlegt werden“, heißt vonseiten der Gesellschaft. Ein beantragter Gesprächstermin mit der Südtiroler Landesregierung steht noch aus. „Hier geht es um ein wegweisendes Projekt für den Obervinschgau, das von der lokalen Bevölkerung mitgetragen wird“, erklärt Paul Jakomet, Geschäftsführer der Oberländer Gletscherbahn AG. Letztes Jahr sprach sich der Grauner Gemeinderat mit einer Zweidrittelmehrheit für das Projekt aus. 80 Prozent der Einwohner der Gemeindefraktion Langtaufers sind Aktionäre der Oberländer Gletscherbahn AG.
„Uns ist wichtig, dass die Entscheidung nach möglichst objektiven Kriterien unter Berücksichtigung aller relevanten Fakten fällt. Dies ist bisher aus unserer Sicht noch nicht gegeben, da zu viele Punkte geklärt werden müssen. Insofern hoffen wir auf ein baldiges Gespräch mit den Entscheidungsträgern“, so Jakomet. „Wir sind aber zuversichtlich, dass unsere Einwände zu den vorliegenden Gutachten Gehör finden werden.“
Zum Projekt
Realisiert werden soll der Zusammenschluss der Skizonen Langtaufers und Kaunertal mit zwei Kabinenbahnen, die von der Talsohle in Langtaufers über eine Länge von 4.500 Metern und einer Höhe von 1.200 Metern hinauf zum Karlesjoch am Kaunertaler Gletscher führen. Die Bergstation ist auf italienischer Seite in unmittelbarer Nähe zur Karlesjoch-Bergstation des Kaunertaler Gletschers geplant. Zudem ist eine Abfahrt vom Weißseejoch nach Langtaufers vorgesehen. Die geplanten Investitionen in einer der strukturschwächsten Regionen Südtirols belaufen sich auf 26,38 Mio Euro.