Von: mk
Klausen – Ein effizientes Flächenmanagement, das einerseits wertvollen Kulturgrund schützt und andererseits eine notwendige Entwicklung des Wohnbaus und der Wirtschaft zulässt, wird zunehmend wichtiger. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Leerstandsmanagement. Wie Leerstände besser genutzt werden können und wieso ein Leerstandsmanagement zu einer größeren Attraktivität des ländlichen Raumes führt, war Thema der Jahrestagung der Plattform Land heute in Klausen.
Südtirol hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr gut entwickelt. Ein Grund dafür waren Investitionen in Infrastrukturen, Wohngebiete und Gewerbezonen. Nun müsse der Akzent mehr auf den Schutz des wertvollen Kulturgrundes gelegt werden – unter anderem durch ein Leerstandsmanagement, sagte Landeshauptmann Arno Kompatscher auf der Jahrestagung der Plattform Land. Die Landesregierung habe bereits wichtige Schritte gesetzt: „Die BLS erhebt die Leerstände bei Gewerbeimmobilien und führt eine Datenbank. Derzeit sind etwa 500 Immobilien erfasst, die leer stehen. Jedes Jahr werden ca. 100 bis 120 Immobilien vermittelt.“ Mit jeder Immobilie, die wieder genutzt wird, wird wertvolle Kulturfläche eingespart.
Einen neuen Ansatz in der Innenentwicklung verfolgt das Land auch bei den Förderungen. „In der Vergangenheit wurde der Neubau gut gefördert, was zur Folge hatte, dass es interessanter war, neu zu bauen. Seit einigen Jahren wird verstärkt die Nutzung von Bestandsgebäuden gefördert – und zwar landesweit gleich, was für den ländliche Raum aufgrund etwas niedrigerer Preise von Vorteil ist.“ Mit dem neuen Wohnbauförderungsgesetz will das Land die Unterstützung weiter erhöhen, was Bestandsimmobilien noch interessanter macht. Zudem sollen Nutzungsänderungen einfacher werden. Für eine bessere Unterstützung für Bestandsobjekte sprach sich auch der Vizepräsident der Plattform Land, Leo Tiefenthaler, aus. Der Spagat zwischen dem Schutz der Kulturlandschaft und der notwendigen wirtschaftlichen Entwicklung sei zwar nicht ganz einfach, aber machbar.
Das neue Landesgesetz für Raum und Landschaft sieht die Einführung von Siedlungsgrenzen vor. Auch das ist eine Maßnahme, um Flächen, die außerhalb des Siedlungsgebietes liegen, zu schützen. Im Siedlungsgebiet werden die Gemeinden die Hauptverantwortung für die Siedlungspolitik tragen, berichtete Frank Weber, der Direktor der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung. „Ein Kulturwandel ist auch die neue Gemeindekommission für Raum und Landschaft, die nur mehr mit Fachleuten besetzt ist.“
Auf Förderungen für jene, die Bestandskubaturen nutzen, setzt das Land Baden-Württemberg. „Besonders Sanierungen werden großzügig unterstützt, aber auch der Abbruch und Wiederaufbau“, sagte der Minister für den ländlichen Raum Peter Hauk. Die Gemeinden haben die Aufgabe, Anreize für die Innenentwicklungen zu setzen. Das Geld komme vom Land, so Hauk.
Auch in der Schweiz ist der Bodenverbrauch ein großes Thema, besonders seit der Volksabstimmung im Jahr 2013. „Die Bevölkerung hatte sich damals für einen besseren Schutz des Kulturgrundes ausgesprochen. Daraufhin wurde die Ausweisung von Bauzonen erschwert. Nur wenn so gut wie keine umgewidmeten Flächen mehr frei sind, wird neues Bauland ausgewiesen“, berichtete Lukas Bühlmann, der Direktor der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung. Gleichzeitig wird Bauland, das trotz Umwidmung nicht verbaut wird, „mobilisiert“, d.h. höher besteuert oder sogar enteignet. Weitere Maßnahmen zum Schutz der Kulturflächen sind vermehrte Rückwidmungen sowie das Auffüllen von Baulücken, sprich die Innenverdichtung.
Doch ein effizientes Leerstandsmanagement schützt nicht nur wertvollen Kulturgrund, sondern erhöht auch die Attraktivität einer Ortschaft. „In Schweizer Gemeinden werden aufgelassene Geschäfte neu belebt, indem z. B. ein Friseur im Geschäftslokal gleichzeitig auch eine Bar betreibt oder das Geschäft von Bauern aus der Umgebung als Verkaufsfläche für regionale Produkte genutzt wird.“ Andernorts werden Teile der Einnahmen aus den Mietwohnungen in den oberen Stockwerken dazu genutzt, um die Miete für das Geschäftslokal im Erdgeschoss möglichst gering zu halten. „Dadurch konnten wir gar einige leere Geschäfte wieder füllen, was der gesamten Ortschaft zugutegekommen ist.“ Eine weitere Maßnahme ist „Der Gasthof gehört dir“, wo Interessierte Strukturen auch nur für einen Monat pachten können. Weiters sind auch Zwischennutzungen sehr gefragt.
Für ein erfolgreiches Leerstandsmanagement wesentlich ist, die Leerstände in den Gemeinden zu kennen und zu erfassen. Die Plattform Land hat deshalb im letzten Jahr das Pilotprojekt „Leerstandsmanagement“ ins Leben gerufen. In fünf Gemeinden werden die Leerstände erhoben. Ziel ist es, das Projekt flächendeckend auf ganz Südtirol auszuweiten. Eine der fünf Gemeinden ist Tramin. „Wir haben freie Wohnungen und Gewerbeimmobilien erhoben. In Tramin sind 37 Wohnungen und 26 Gebäude leer, was dem Wohnraum von ungefähr 340 Personen entspricht. Müssten hier neue Wohnbauzonen ausgewiesen werden, bräuchte es in etwa 3,5 Hektar Kulturgrund“, rechnete Bürgermeister Wolfgang Oberhofer vor. Auch St. Leonhard ist eine Gemeinde, die die Leerstände erhoben hat. Dort stehen ebenfalls einige Wohnimmobilien leer, auch wenn es immer schon das Ziel der Gemeinde war, Leerstände zu vermeiden, sagte der Vize-Bürgermeister Josef Pichler.
In der abschließenden Gesprächsrunde diskutierten Lukas Bühlmann, Leo Tiefenthaler, Landesrat Richard Theiner und der Vize-Bürgermeister von Klausen Stefan Deporta über Maßnahmen zum Leerstandsmanagement und das neue Landesgesetz für Raum und Landschaft.
Für den Präsidenten der Plattform Land, Andreas Schatzer, trage die Plattform Land dazu bei, den von der Politik eingeschlagenen Weg, die Bestände besser zu nutzen, zu unterstützen. Dazu würden auch Initiativen, wie das Pilotprojekt „Leerstandsmanagement“ und die heutige Tagung, beitragen.